[00:00:01.440] – Dr. Falk Wienhold PHINEO gAG
Bevor man seine Wirkung definiert, sollte man erst einmal überlegen Bei wem möchte ich eigentlich wirken? Dann ist es oft gar nicht so selbstverständlich oder man hat es nicht mehr so im Bewusstsein. Das heißt es stellt sich die Frage der Zielgruppe. Zielgruppen sind Einzelpersonen, Personengruppen, Organisationen oder manchmal sogar ganze Systeme, bei denen man durch eine gezielte Maßnahme, ein Projekt, ein Angebot oder eine Intervention etwas verändern möchte.
[00:00:33.550] – Dr. Franziska Pfitzner-Eden
Zum Beispiel wenn ich jetzt ein Projekt starte zur Gewaltprävention an Schulen, dann könnten als Einzelpersonen einzelne Schülerinnen und Schüler meine Zielgruppe sein oder Personengruppen. Ich könnte mir z.B. die gesamte Lehrerschaft als Zielgruppe vornehmen oder auf der Organisations Ebene könnte ich auch die Schule als Zielgruppe betrachten. Da können z.B. Prozesse eingeführt werden oder auf das System-Ebene könnte ich z.B. eine Veränderung des gesamten Bildungssystems eines Landes anstreben.
[00:01:16.190] – Dr. Falk Wienhold PHINEO gAG
Wenn ich meine Zielgruppe genauer bestimmen möchte, dann hilft es, sich zwei Fragen zu stellen. Die erste ist: Wie stehe ich eigentlich in Bezug zu meiner Zielgruppe? Wie unterscheid ich in direkte und indirekte Zielgruppe? Die direkte Zielgruppe ist diejenige, mit der ich direkt im Kontakt stehe, mit der ich unmittelbar zusammenarbeite. Die indirekte Zielgruppe wiederum ist eine, bei der ich auch Veränderung erreichen möchte, mit der ich aber im täglichen Arbeiten gar nicht unmittelbar in Kontakt stehe.
[00:01:47.220] – Dr. Franziska Pfitzner-Eden
In unserem Beispiel von einem Projekt zur Gewaltprävention an der Schule könnte ich z.B. direkt mit den Schülerinnen und Schülern zusammenarbeiten. Das wäre dann meine direkte Zielgruppe. Bei denen möchte ich etwas verändern, mit denen arbeite ich auch zusammen. Oder ich könnte mit den Lehrerinnen und Lehrern zusammenarbeiten an der Schule, um etwas bei den Schülern zu verändern. Dann wären also die Schüler meine indirekte Zielgruppe und ich würde direkt mit den Lehrern zusammenarbeiten. Die werden dann meine direkte Zielgruppe.
[00:02:19.710] – Dr. Falk Wienhold PHINEO gAG
Die zweite Frage, die man sich stellen sollte, ist Welche Zielgruppe hat eigentlich welche Priorität? Wir unterscheiden hier in primäre und sekundäre Zielgruppen. Die primäre Zielgruppe ist die, die uns am Herzen liegt, die uns besonders wichtig ist. Bleiben wir beim Beispiel der Gewaltprävention an Schulen. In diesem Fall sind es vor allem die Schülerinnen und Schüler, die uns am Herzen liegen, für die wir eine Verbesserung erreichen wollen und die deshalb unsere primäre Zielgruppe sind. Andere Zielgruppen, beispielsweise die Lehrerinnen und Lehrer, werden in diesem Fall eher die sekundäre Zielgruppe, weil sie nicht ganz so sehr im Fokus stehen.
[00:03:01.260] – Dr. Falk Wienhold PHINEO gAG
Worüber viele in der Praxis stolpern, ist, dass sie Zielgruppen und Stakeholder in einen Topf schmeißen.
[00:03:07.680] – Dr. Franziska Pfitzner-Eden
Stakeholder ist ein englischer Begriff. Man kann das übersetzen als Anspruchsgruppen. Also alle, die irgendwie ein Interesse an meinem Projekt haben könnten. Damit sind automatisch alle Zielgruppen auch Stakeholder. Aber ganz wichtig: Nicht alle Stakeholder sind auch Zielgruppen.
[00:03:27.150] – Dr. Falk Wienhold PHINEO gAG
Zielgruppen sind ein besonderer Teil von Stakeholdern, nämlich derjenige, bei dem wir eine Veränderung erreichen wollen und auf den wir einwirken wollen.
[00:03:35.730] – Dr. Franziska Pfitzner-Eden
Stakeholder sind ganz oft Kooperationspartner*innen, Geldgebende zum Beispiel. Oder vielleicht auch eine Teil-Öffentlichkeit, die an den Ergebnissen meines Projekts ein Interesse haben.
[00:03:50.070] – Dr. Falk Wienhold PHINEO gAG
Wichtig ist, dass wir Zielgruppen und Stakeholder für jedes Angebot unserer Organisation einzeln definieren. Nehmen wir das Beispiel der Erziehungsberatung für Eltern In diesem Fall sind die Eltern unsere Zielgruppe, denn bei ihnen möchten wir eine Veränderung erreichen. Die ganzen anderen Gruppen, mit denen wir zu tun haben, wie beispielsweise Kooperationspartner, Förder-Partner, Kommunalpolitiker*innen vielleicht, all diese Gruppen sind in diesem Fall Stakeholder. Stellen wir uns aber vor, innerhalb der gleichen Organisation, in der wir uns bewegen, wird eine Kommunikations-Kampagne durchgeführt, damit das Eltern Training besser durchgeführt werden kann und mehr Aufmerksamkeit für dieses Thema vorhanden ist. In diesem Fall wären z.B. die Kommunalpolitiker*innen, an die sich die Kommunikation-Kampagne richtet unsere Zielgruppe und all die anderen Gruppen einschließlich der Eltern wären für dieses Angebot lediglich Stakeholder.
[00:04:49.420] – Dr. Falk Wienhold PHINEO gAG
Wichtig ist, dass wir immer Angebot und Zielgruppe koppeln und uns ganz genau bewusst mache: Wer ist genau die Zielgruppe und wer sind lediglich Stakeholder für das entsprechende Angebot. Die Unterscheidung zwischen Zielgruppen und Stakeholdern kann also helfen, Ressourcen effektiv einzusetzen und gleichzeitig die Wirkung unseres Vorhabens zu vergrößern.
[00:05:11.920] – Thomas Knoll CARE Deutschland
Die Analyse der Zielgruppe ist für uns ein ganz, ganz wesentlicher Aspekt. Und es ist auch ein Aspekt, den man nicht nur am Anfang des Projektes berücksichtigen sollte, sondern eigentlich auch im Projektverlauf. Das gilt gerade für unseren Projekt-Ansatz, besonders weil er sich ja auch an Jugendliche mit Zuwanderungsgeschichte richtet. Und da verändert sich die Situation ständig. Gerade in den Schulen. Es gibt Bundesländer oder Schulen, die setzen sehr viel mehr auf internationale Klassen beispielsweise, andere setzen von Anfang an auf den Regelunterricht. Das heißt, die zugewanderten Jugendlichen sind von Anfang an in der Regelklasse. Und das ändert sich aber ständig. Und für uns macht es einen großen Unterschied, auf welche Klassen-Konstellation, auf welche Zusammensetzung wir in der Gruppe treffen wenn wir in die Schule kommen. Eine gemischte Klasse bietet Anlass für Begegnung. Wenn wir in einer internationalen Klasse arbeiten, dann haben wir dort einen geschützten Raum, in dem wir arbeiten können. Das bietet auch Vorteile. Aber so etwas wie Begegnung und Austausch mit anderen Schülerinnen und Schülern müssten wir dann erst herstellen.
[00:06:26.350] – Thomas Knoll CARE Deutschland
Uns ist klar, dass das so was wie Haltungs-Arbeit und Werte-Bildung – es dreht sich ja sehr viel bei uns um Werte-Bildung, dass das auch gestützt werden muss vom ganzen Umfeld, von Einzelnen. Indirekte Zielgruppe bei uns sind natürlich die Familien der Jugendlichen, aller Jugendlichen und auch sonst das schulische Umfeld, also auch anderes schulisches Personal, im Prinzip auch die Nachbarschaft der Schule.
Kernaussagen
- Zielgruppen sind Personen(gruppen), Organisationen oder Systeme, bei denen man wirken möchte.
- Zielgruppen lassen sich je nach Wunsch und Anforderung untergliedern, z.B. nach Bezug und Priorität.
- Stakeholder und Zielgruppen sind nicht zwingend dasselbe.
Fallbeispiel:
Die gemeinnützige Organisation “Demokratie geht uns alle an e.V.” führt jedes Jahr an ca. 50 verschiedenen Berliner Schulen Aktionstage zur Demokratiebildung durch. Das Projekt wird vom Berliner Senat finanziert. Um das Projekt durchführen zu können, bedarf es einer engen Zusammenarbeit mit den Lehrkräften und pädagogischem Personal der jeweiligen Schule. Durch das Projekt wird einerseits Aufklärungsarbeit im Hinblick auf demokratische Grundwerte und Prozesse geleistet. Andererseits geht es auch darum, dass sich die teilnehmenden Schüler*innen ihrer eigenen Verantwortung für das Zusammenleben in einer demokratischen Gesellschaft bewusst werden und diese Verantwortung im Alltag wahrnehmen.