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[00:00:01.540] – Jacob Rohm, PHINEO gAG
Angenommen, ihr habt euch jetzt einen Überblick über das Akteursystem verschafft und mögliche Partnerinnen und Partner identifiziert und priorisiert. Wie spricht man die jetzt an?
[00:00:11.790] – Nina Hirsens, PHINEO gAG
Wichtig bei der ersten Ansprache ist, dass man gut auf das Gegenüber vorbereitet ist. Um zu überzeugen, sollte man es schaffen, eine Win-Win-Situation zu skizzieren. Sprich, das gemeinsame Wirken muss sowohl für dich bzw. den Verbund als auch für dein Gegenüber nützlich und sinnvoll sein. Aber wie finde ich jetzt heraus, was für mein Gegenüber von Nutzen ist? Es gibt einige Reflexionsfragen, die dabei helfen können.
[00:00:42.120] – Nina Hirsens, PHINEO gAG
Welche Werte und Ziele vertretet ihr oder euer Verbund, die zu eurem Gegenüber passen? Verfolgt ihr gemeinsame gesellschaftliche Ziele, dann solltet ihr die hervorheben. Das können z.B. inhaltliche Ziele sein, ihr wollt beide die Jugendarbeitslosigkeit reduzieren oder ihr wollt beide die Verkehrswende vorantreiben. Das können gemeinsame methodische Ziele sein, z.B. wollt ihr eure gemeinsamen Zielgruppen stärker an Entscheidungsprozessen beteiligen. Oder ihr wollt beide eine langfristige regionale Wirkung erzielen, anstatt kurzfristig Einzelschicksale zu verbessern.
[00:01:11.610] – Nina Hirsens, PHINEO gAG
Was kann dein Gegenüber einbringen? Warum ist er oder sie wertvoll für deine Sache? Hier geht es insbesondere um Wertschätzung, Wertschätzung für die unterschiedlichen Arten von Einfluss, die deine Partnerinnen und Partner mitbringen. Beispiele sind ein großes und intensives Netzwerk in der Region. Denn wenn du es selbst nicht hast, brauchst du Partnerinnen und Partner, die es einbringen, oder der Zugriff auf Ressourcen bzw. Entscheidungsmacht. Denn Entscheidungsmacht ist tatsächlich einer der größten Einflüsse auf Gesellschafts- bzw. Systemebene.
[00:01:40.890] – Jacob Rohm, PHINEO gAG
Welche Risiken trägt euer Gegenüber? Gemeinsam Wirken ist gerade am Anfang nicht nur positiv für alle Beteiligten. Es könnte zum Beispiel dazu führen, dass Mittel umverteilt werden, dass sich Machtverhältnisse verschieben oder dass liebgewonnene, aber weniger wirksame Programme eingestellt werden. Ihr müsst also damit rechnen, dass sich euer Gegenüber verschiedene Szenarien überlegt, positive und negative, und dazwischen abwägt. Dabei hilft es, wenn auch negative Szenarien für euer Gegenüber akzeptabel wirken und positive Szenarien wahrscheinlich.
[00:02:15.520] – Nina Hirsens, PHINEO gAG
Welche Erwartungen hat dein Gegenüber? Vielleicht kennst du bereits Netzwerke oder Verbünde, in denen dein Gegenüber sich engagiert. Lässt sich daraus vielleicht ein Muster ableiten? Arbeiten diese Zusammenschlüsse z.B. besonders operativ oder dienen sie eher dem Informationsaustausch? Versetze dich in dein Gegenüber hinein. Was für Erwartungen hättest du an die gemeinsame Arbeit?
[00:02:36.470] – Jacob Rohm, PHINEO gAG
Gibt es Verbindungen zwischen deinem Gegenüber und möglichen Partnerinnen und Partnern? Es kann immer sein, dass potenzielle Partner zu unterschiedlich sind oder umgekehrte Konflikte miteinander haben oder widersprüchliche Interessen verfolgen. Andererseits hast du vielleicht Akteure an Board, zu denen sich dein Gegenüber schon lange einen Zugang wünscht und dein Gemeinsam-Wirken-Verbund kann diesen Zugang bieten. Wenn du diese Verbindungen und Interessen kennst, dann kannst du sie besser berücksichtigen, also umgehen oder aber zu eurem Vorteil nutzen.
[00:03:09.800] – Nina Hirsens, PHINEO gAG
Mit diesem Gedankenspiel kannst du zum einen bereits Antworten auf ein paar Fragen sammeln, die im Gespräch vielleicht aufkommen, und zum anderen dein Vorhaben als Win-Win-Situation vorstellen. Nun stellt sich die Frage, wie und wo du mit anderen Akteurinnen und Akteuren in Kontakt kommst. In den meisten Bereichen gibt es schon viel Vernetzung, die man nutzen und wirkungsvoll gestalten kann. Hier können z.B. Agenturen aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft, soziale Medien und kommunale Stellen wie Bürgerbüros und Rathäuser Orientierung bieten.
[00:03:39.500] – Jacob Rohm, PHINEO gAG
Vielleicht kennt ihr ja andere Akteure schon aus regionalen Gremien oder aus Netzwerken in eurem Themenbereich. Solche Kontakte sind oft aussichtsreicher und auch etwas angenehmer als sogenannte kalte Ansprachen. Mit anderen Akteuren ins Gespräch kommen könnt ihr z.B. bei Konferenzen, Netzwerkveranstaltungen, Workshops oder auch Weiterbildungen. Eine Anmerkung zwischendurch: Es braucht nicht unbedingt neue Strukturen für Gemeinsam Wirken. Viel besser ist es, bestehende Strukturen zu nutzen, auch wenn die vielleicht mal gut oder mal nicht so gut funktionieren.
[00:04:15.840] – Jacob Rohm, PHINEO gAG
Ihr könnt auf sie aufbauen und zu ihrer Weiterentwicklung beitragen. Nur wenn ihr das Gefühl habt, die Strukturen sind so eingefahren, dass ihr kaum eine Chance auf wirkungsorientierte Zusammenarbeit seht, dann solltet ihr euch vielleicht von ihnen lösen und neue positive Beispiele schaffen.
[00:04:30.660] – Nina Hirsens, PHINEO gAG
Die ersten bilateralen Gespräche haben insbesondere zwei Ziele. Zum einen potentielle Partnerinnen und Partner von Gemeinsam Wirken zu überzeugen und für die gemeinsame Sache zu motivieren und zum anderen aber auch potentielle Partnerinnen und Partner besser zu verstehen.
[00:04:44.580] – Jacob Rohm, PHINEO gAG
Obwohl ihr bestimmt ein tolles Vorhaben entwickelt habt, werden höchstwahrscheinlich nicht alle Gesprächspartnerinnen und -partner von Anfang an Feuer und Flamme sein. Es kann und wird kritische Rückfragen geben, wie gehe ich am besten damit um? Nehmt die Bedenken ernst, auch wenn ihr euch möglicherweise unangenehme Fragen stellen müsst, bei denen ihr euch selbst noch nicht ganz sicher seid. Ihr müsst nicht auf alles sofort eine Antwort haben. Indem ihr aufmerksam zuhört, könnt ihr wertvolle Informationen gewinnen, zum Beispiel, was blinde Flecken in eurem Konzept sind.
[00:05:18.400] – Jacob Rohm, PHINEO gAG
Auch solch kritisches Feedback könnt ihr erst einmal mitnehmen. Möglicherweise wird es später noch hilfreich. Denn Feedback hilft euch laufend, euren Ansatz zu verbessern. Kritik kann euch wertvolle Hinweise geben, denn hinter Kritik liegt immer ein Bedürfnis. Es hilft, die zugrunde liegenden Hoffnungen, Ängste und Erwartungen meines Gegenübers wahrzunehmen, sie ernst zu nehmen und individuell darauf einzugehen. Dort, wo ihr es für sinnvoll erachtet, könnt ihr sie dann berücksichtigen. So können sogar Kritiker zu Verbündeten werden.
[00:05:54.070] – Jacob Rohm, PHINEO gAG
Wenn sich mein Gegenüber mir öffnet und ich verstehe, was ihn beschäftigt, dann legt das einen wichtigen Grundstein für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.
[00:06:04.500] – Martin Herrndorf, AGORA Köln e.V., Tag des guten Lebens
Wir haben sehr unterschiedliche Akteure gewinnen können und gewinnen müssen. Ich glaube, was wichtig ist, ist die Logik der Gegenseite ernst zu nehmen. Jeder hat seine Handlungslogik, seine Zwänge, seine Anforderungen, denen er im Alltag Genüge tun muss. Wenn jemand bei der Stadt arbeitet und Sicherheitskonzepte für Veranstaltungen prüft, dann hat er bestimmte Auflagen und eine bestimmte Logik, nach der er Dinge entscheidet. Und es bringt nichts, das zu verneinen und sich dem zu entziehen, sondern man muss wirklich versuchen zu verstehen, welchen Zwängen unterliegt der, wie entscheidet der?
[00:06:39.720] – Martin Herrndorf, AGORA Köln e.V., Tag des guten Lebens
Wie denkt der? Was kann er nachvollziehen? Wie muss ich Argumente vorbringen, dass das auf der Gegenseite funktioniert und dass daraus irgendwann miteinander wird? Wir haben Projektförderung von der Stiftung. Da muss man verstehen, wie funktioniert so eine Stiftung? Warum ist so ein Projekt für die interessant? Okay, weil es eine breitenwirksam hat, die sie sonst in Projekten vielleicht nicht haben. Warum es so ein Projekt für die schwierig?
Das Projekt ist risikobehaftet, also Mittel zu beantragen für eine Veranstaltung, von der man nur so fifty-fifty weiß, ob sie genehmigt wird, ist einfach schwierig. Denn wenn die Veranstaltung am Ende nicht funktioniert, kann ich die Mittel nicht abrechnen. Und da muss man einfach wissen, die Gegenseite ist nicht bösartig, wenn die bestimmte Fragen stellt. Wenn die sagt, und wenn es nicht genehmigt wird, was passiert dann mit dem Geld? Sondern die Gegenseite hat bestimmte Logiken, denen sie unterliegt und hat wiederum auch einen Rechnungshof und Prüfungsamt und solche Leute im Nacken.
[00:07:35.050] – Martin Herrndorf, AGORA Köln e.V., Tag des guten Lebens
Das Gleiche gilt auch in der Politik. Wenn ich versuche, den lokalen Bezirksbürgermeister zu überzeugen, muss ich wissen, dass bestimmte Menschen mit bestimmten Forderungen und Ideen auflaufen, wenn ich ihn dazu überreden. Das heißt, ich muss dann auch für diese Fragen eine Antwort haben.
Um mögliche Partner*innen (und auch Förder*innen) zu überzeugen, ist es wichtig, gut vorbereitet in das Gespräch zu gehen und bestenfalls eine Win-Win-Situation zu skizzieren. Dafür musst du dich gut in dein Gegenüber hineinversetzen und die mögliche Partnerschaft aus seinem / ihrem Blickwinkel betrachten.
In der folgenden Übung kannst du diese Gesprächsvorbereitung für einige deiner zuvor ermittelten potentiellen Partner*innen aufsetzen und später dieses Schema als Grundlage zur Vorbereitung deiner Gespräche wiederverwenden.
Umgang mit Kritik und Einwänden
Nicht jede*r Akteur*in wird direkt begeistert sein von eurem Vorhaben. Kritik und kritische Nachfragen helfen dir aber, die Sichtweise des Gegenübers zu verstehen und Schwachstellen zu identifizieren, die dir vielleicht noch gar nicht bewusst waren. Höre aufmerksam zu, versuche zu verstehen, was die zugrundeliegenden Ängste sind und geh dann individuell darauf ein. Hier gilt es insbesondere, nicht die Geduld zu verlieren und eine Chance im Gespräch zu sehen. Wenn sich dein Gegenüber öffnet und du verstehst, was ihn oder sie beschäftigt, legt das einen wichtigen Grundstein für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit im Nachgang.
Einige typische Einwände, insbesondere gegen den Gemeinsam Wirken Ansatz, werden dir aber gegebenenfalls häufiger begegnen. Hier ist es sinnvoll, bereits eine Argumentationsstrategie parat zu haben. Die folgende Vorlage gibt dir Tipps, wie du auf typische Kritikpunkte eingehen kannst und bietet Platz für zusätzliche Notizen. Denn wahrscheinlich hast du schon einige Akteur*innen im Kopf, die genau diese Bedenken haben. Durch die vorherige Übung bist du vielleicht schon auf weitere kritische Nachfragen und mögliche Sorgen gestoßen, die dein Gegenüber haben könnte. Vermerke auch diese in deiner Gesprächsvorbereitung.
Der Elevator Pitch
Häufig hast du nur wenig Zeit, um die Aufmerksamkeit deines Gegenübers zu gewinnen und ihn oder sie von deinem Vorhaben zu überzeugen. Im übertragenen Sinne solltest du also alle wichtigen Informationen im Zeitraum einer gemeinsamen Fahrstuhlfahrt unterbringen können.
Ein Elevator Pitch ist eine Kurzpräsentation über dich und dein Projekt. Ziel ist es, anderen mit wenigen Worten zu erklären, was ihr mit eurem Vorhaben bewirken wollt und was dein Gegenüber dazu beitragen kann – kurzum: sie oder ihn für eure Vision zu begeistern. Denn sie sollen ja nicht wie bei einem Aufzug zur Unterhaltung stoßen und gleich wieder aussteigen, sondern du willst, dass dein Gegenüber Fragen stellt, die Unterhaltung weiterführt und somit dein Pitch ein längeres Gespräch einleitet.
Nutze diese Vorlage, um deinen eigenen Elevator-Pitch auszuformulieren! Hier fasst du alle wichtigen Informationen innerhalb von 30-60 Sekunden zusammen. Formuliere deinen Pitch entweder allgemein oder auf eine spezielle Partner*in zugeschnitten, die oder den du überzeugen möchtest. Alle wichtigen Punkte hast du dir im Laufe dieses Kurses bereits erarbeitet. Nun fügst du alles zu deinem Pitch zusammen!
Tipp: Übe deinen Pitch vor Freunden und Familie so oft es geht, auch wenn es sich für dich am Anfang unbequem anfühlt. Je öfter du deinen Pitch vor andern ausprobierst und verfeinerst, desto einfacher hast du ihn parat, wenn es wirklich drauf ankommt!