[00:00:01.440] – Julia Kaesemann, PHINEO gAG
Die Finanzierung von Projekten mit mehreren Akteuren ist oft ziemlich herausfordernd. Davon abgesehen gibt es einige Gründe, die Gemeinsam Wirken aufwendig machen. Was sind das für Aufwände, mit denen man typischerweise zu rechnen hat?
[00:00:17.470] – Jacob Rohm, PHINEO gAG
Anders als wenn ich ein erprobtes Angebot wiederholt durchführe, brauche ich beim Gemeinsamen Wirken oft eine relativ ausführliche Vorbereitungsphase. Zum Beispiel brauche ich eine Bedarfsanalyse, eine Analyse der Akteure im Feld, und ich muss die Partnerinnen und Partner auch erst einmal ansprechen und für das Gemeinsame Wirken gewinnen. Damit diese Organisationen und Personen dann auch Gemeinsam Wirken, brauchen sie eine Koordinierung, also ganz konkret jemanden, der Termine einstellt, vorbereitet, nachbereitet und auch nachholt. Und viele Dinge kann man auch als Verbund gemeinsam besser tun statt einzeln. Z.B. nach außen zu kommunizieren, z.B. auf einer Website oder in sozialen Medien oder wenn man gemeinsam politisch auftreten möchte. Oder auch die Ergebnisse in einem gemeinsamen Monitoring und Evolutionssystem nachzuverfolgen. Auch das braucht Koordinierung und das sind Aufwände, die man einplanen sollte.
[00:01:14.830] – Julia Kaesemann, PHINEO gAG
Auf den ersten Blick scheinen diese Aufgaben nicht direkt auf die Wirkung oder auf die Angebote für die Zielgruppen einzuzahlen. Das ist auch der Grund, warum es oft nicht so einfach ist, Fördernde davon zu überzeugen, dass es trotzdem sehr wichtig ist, sich hier zu engagieren.
[00:01:30.610] – Jacob Rohm, PHINEO gAG
Es gibt immer noch häufig die Wahrnehmung, dass Gemeinsam Wirken ein Overhead oder Prozess sei. Und viele Fördernde unterstützen lieber Projektarbeit, also z.B. Angebote direkt für die Zielgruppen. Da den Mehrwert von Gemeinsam Wirken zu erklären, ist nicht immer leicht. Eine andere Herausforderung ist, dass viele Fördernde oft kurze Förderhorizonte haben, von ein bis maximal drei Jahren, und schnell Ergebnisse wollen. Das ist bei systemischen Wirkungszielen oft einfach nicht realistisch.
[00:01:59.830] – Julia Kaesemann, PHINEO gAG
Gemeinsam Wirken bringt oft viele Partner und Partnerinnen zusammen, die alle auf die Unterstützung von Geldgebenden angewiesen sind. Insbesondere dann, wenn sie alle in der gleichen Region oder im gleichen Thema tätig sind, kann das natürlich dazu führen, dass man um Ressourcen und Finanzierung konkurriert oder sich zumindest Gedanken darüber macht, wie das ist, wenn so etwas passiert. Wenn am Anfang das Vertrauen vielleicht noch nicht unbedingt da ist und das Gemeinsam-Wirken-Konzept noch keine Selbstverständlichkeit ist, dann kann es natürlich sein, dass ich mir als Organisation schon Sorgen mache.
[00:02:37.140] – Julia Kaesemann, PHINEO gAG
Wie ist das hier bei einer gegebenenfalls Umverteilung von Geldern? Wird da mein Projekt oder meine Organisation zu kurz kommen?
[00:02:44.340] – Jacob Rohm, PHINEO gAG
Folgende Tipps können euch helfen, auch Aufwände, die auf den ersten Blick eher schwer förderfähig erscheinen, trotzdem finanziert zu bekommen. Betont gegenüber den Fördernden die Wirkung für die Zielgruppen. Den Gemeinsam-Wirken-Ansatz stellt ihr gar nicht in den Mittelpunkt, sondern packt ihn als einen Bonus, einen innovativen Ansatz, den ihr wählt, obendrauf. Mit welchen Argumenten kann ich jetzt Fördernde überzeugen? Plädiert nicht nur für die Finanzierung der Koordination, sondern macht auch den Mehrwert des kollektiven Wirkens insgesamt deutlich, also den Mehrwert der verschiedenen Angebote, die Wirkungen, die die für die Zielgruppen erzielen, als auch den Mehrwert, der dadurch entsteht, dass diese Angebote besser aufeinander abgestimmt sind.
[00:03:27.330] – Jacob Rohm, PHINEO gAG
Oder den Mehrwert, der dadurch entsteht, dass die Akteure sich jetzt gemeinsam, z.B. für eine Gesetzesänderung, einsetzen, die dann wieder für ganz viele Akteure und Zielgruppen bessere Bedingungen bietet. Wie immer beim Fundraising sprecht auch bei den Koordinierungsaufgaben über ihre Wirkung und erzählt einzelne Geschichten, um zu überzeugen, zum Beispiel, wie der Abteilungsleiter von einem freien Träger erzählt hat, die Jugendlichen, die wir eigentlich erreichen wollten, sind nie zu unserem Hausaufgabenangebot gekommen. Aber im Angebot vom Sportverein, da sind die dabei.
[00:04:02.570] – Jacob Rohm, PHINEO gAG
Und seit wir gemeinsam mit dem Sportverein die Jugendlichen ansprechen, erreichen wir auch diese Gruppe, um die es uns eigentlich geht.
[00:04:09.080] – Julia Kaesemann, PHINEO gAG
Um Fördernde zu überzeugen, helfen folgende Schlüsselbotschaften. Gemeinsam Wirken kann Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen bringen, und zwar nachhaltig, und nicht nur, indem man einfach nur ein Pflaster auf eine Wunde klebt. Gemeinsam Wirken bringt außerdem Partnerinnen und Partner an einen Tisch und bringt sie dazu, ihre Kompetenzen und ihre Kräfte zu bündeln. Auf die Art und Weise können sie zusammen auch komplexen Bedarfen gerecht werden und tolle Aktivitäten auf die Beine stellen. Außerdem hat Gemeinsam Wirken die Kraft, an einem System zu rütteln und es nachhaltig zu verändern, zugunsten der Lebensrealität von vielen Menschen.
[00:04:48.140] – Jacob Rohm, PHINEO gAG
Gemeinsam Wirken ermöglicht uns, nachhaltiger zu wirken. Und dafür lohnt es sich auch immer wieder zu erklären, was das bringt. Und das ist doch, was wir im Fundraising sowieso immer tun, jetzt nur mit mehr Akteuren, mehr Ebenen und mehr Gestaltungsspielraum.
[00:05:06.070] – Martin Herrndorf, AGORA Köln e. V., Tag des guten Lebens
Organisationsentwicklung und solche Themen bezahlen wir aus dem Overhead. Also wir versuchen, das in dem Projekt irgendwie unterzubringen. Das prägt auch die Organisation, die man mitentwickelt. Also idealerweise steht nach einem Projekt die Organisation stabiler da als vorher. Zum anderen schauen wir das, wo es möglich ist, anhand der Förderlogik oder Auftragslogik auch mal Überschüsse bleiben, und dass man ein bisschen Spielraum bekommt, auch in solche Themen zu investieren.
[00:05:38.590] – Alina Sottmann, coach@school e. V., Hamburger Bücherkoffer
Es könnte sinnvoll sein, wenn es darum geht, eine Verantwortungsgemeinschaft aufzubauen und sie zu finanzieren, sich den Finanzierungsmix anzuschauen. Es kann natürlich sein, dass man Organisationen dabeihat, die sagen, wir machen das wie ein Club, wir finden das so wichtig, wir zahlen da selber rein. Es kann aber auch sein, dass es ein so wichtiges Thema ist, dass man auch mit der Kommune und der lokalen Wirtschaft Akteure findet, die sagen, superwichtiges Thema, wir sind total dafür, wir finanzieren da mit rein. Dann ist es wie so einen Topf, aus dem dann unterschiedliche Sachen zusammenkommen. So einen Mix an Finanzierung ist sehr empfehlenswert, weil dann fällt man auch nicht aus allen Wolken, wenn vielleicht ein Teil mal wegfällt.
Markiere in dem Text zusätzliche Aufwände, die (im Vergleich zu klassischer Projektarbeit) durch das Gemeinsame Wirken entstehen. Klicke zum Markieren auf die jeweilige Stelle im Text.
Wie kann man diese Aufwände trotzdem finanzieren?
Packe den innovativen Gemeinsam Wirken Ansatz als Bonus obendrauf. Du kannst auch in deinem Finanzierungsplan die Koordinierungsarbeit mit Projektarbeit direkt für die Zielgruppen kombinieren. Dafür kannst du bspw. Partnerorganisationen an Bord holen, die direkte Angebote für die Zielgruppen machen, die leichter zu finanzieren sind, als “reine” Koordinationsaufgaben. Dafür ist es oft auch möglich Mittel an solche Partnerorganisationen weiterzuleiten und so die Koordinierungsarbeit unter dem Dach der Angebote direkt für Zielgruppen mitfinanziert einzubauen.
Bindet eure Partner*innen im Verbund mit ein, wenn ihr euch bei Geldgebenden um Förderung bemüht, beispielsweise indem ihr gemeinsam Mittel beantragt oder euch abstimmt, wer für welche Aufwände Förderung beantragt.
Zum Beispiel kannst du verschiedene Geldgeber jeweils für die Unterstützung von Veranstaltungen, Workshops, Datenerfassung, Interessenvertretung oder Community Outreach gewinnen. Denn jeder Geldgeber*in hat seine eigenen Schwerpunkte. Schneide deinen Antrag auf die jeweiligen Interessen der Geldgeber*innen zu. Beispielsweise kann man ein Netzwerktreffen zum Kick-Off des Verbundes durchaus als Kommunikationsveranstaltung verbuchen. Diese sind oft leichter förderfähig als ein Koordinierungsarbeitstreffen.
Zum Beispiel werden die meisten Initiativen in der ersten Phase Ergebnisse in Bezug auf das Design und die Implementierung ihrer Arbeit zeigen, in der mittleren Phase Fortschritte in Richtung Systemveränderung sehen, die sich dann auch positiv auf die Zielgruppen auswirken. In der letzten Phase werden dann idealer Weise Veränderungen auf Ebene der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen möglich sein, z.B. Gesetzesänderungen oder veränderte Einstellungen.
Zwischendrin kleine Erfolge zu kommunizieren und zu feiern ist sowohl für Fördernde als auch für die Partner*innen wichtig, um die Freude an der Sache zu stärken.
Um die Erfolge festhalten und kommunizieren zu können, ist es sinnvoll in gutes Monitoring und in Evaluationen zu investieren. Eine solide Datengrundlage mit den relevanten Zahlen, gewürzt mit spannenden Erfolgsgeschichten ist eine wichtiges Werkzeug und bietet die Möglichkeit neue Fördernde zu gewinnen oder auch die bestehenden langfristig zu halten.