Von gesellschaftlicher oder sozialer Wirkung spricht man, wenn ein wünschenswerter, positiver gesellschaftlicher Zustand erreicht, erhalten oder wiederhergestellt ist. Aber wie lässt sich das feststellen?
Gesellschaftliche Wirkung: Was das ist und wie man sich dem Impact annähert
Ein paar Leitplanken für den Anfang:
Gesellschaftliche oder soziale Wirkungen sind
Veränderungen bei Zielgruppen, die infolge einer Intervention erreicht werden.
Zielgruppen meint Einzelpersonen,
Personengruppen, Organisationen oder ganze Systeme.
Intervention meint ein bestimmtes Angebot, ein
Programm, eine Maßnahme, eine Dienstleistung. Ein Workshop zum Thema “barrierefreie
Kommunikation”, ein Schulungshandbuch zum Thema “Erste Hilfe”, ein
Besuchsdienst für Senior*innen, das Berufseinstiegsmentoring: all das sind Interventionen.
Die soziale bzw. gesellschaftliche Wirkung ergibt
sich nicht durch bloße Durchführung einer Intervention. Nur, weil ein Workshop
stattfindet, heißt das nicht, dass auch eine Wirkung bei den Zielgruppen
erreicht wird. Selbst wenn die Zielgruppe teilnimmt und begeistert vom Workshop
ist, ist das noch keine Wirkung. Die Zufriedenheit der Zielgruppe sagt zwar
etwas über die Qualität eines Angebots aus – was eine wichtige Voraussetzung
für Wirkung ist –, die hohe Qualität ist aber noch keine Wirkung an sich.
Eine soziale bzw. gesellschaftliche Wirkung ergibt
sich erst, wenn …
- die Zielgruppe neues Wissen erwirbt oder neue Fähigkeiten erlangt (z.B. weiß, dass zur Jobsuche fachliches Know-how und SoftSkills gleichermaßen nötig sind)
- die Zielgruppe infolge des neu erworbenen Wissens oder neu erworbener Fähigkeiten ihr Handeln bzw. ihre Einstellung ändert (z.B. in Bewerbungen die fachlichen und sozialen Kompetenzen betont)
- die Zielgruppe sozial aufsteigt und ihren Lebensstandard hebt (z.B. infolge qualitativ besserer Bewerbungen einen Job findet).
Steigt die Zielgruppe sozial auf und führt das bspw. zu einer Verbesserung im unmittelbaren Umfeld, im Kiez oder in der Region, ist dies ein gesamtgesellschaftlicher Impact (z.B. viele zuvor erwerbslose Jugendliche finden auch infolge der Bewerbungsschulung einen Job, in der Region sinkt die Jugendarbeitslosigkeit, die Steuereinnahmen steigen, die Transferleistungen können anderweitig eingesetzt werden etc.).
Um Wirkungen erreichen zu können, ist es notwendig, dass man sich vor Beginn einer Maßnahme überlegt, was genau man bei wem konkret erreichen und verändern will. Möchte ich, dass die Zielgruppen neues Wissen erwirbt? Oder neue Fähigkeiten? Soll die Zielgruppe ihr Verhalten ändern? Neue Verhaltensweisen erlernen? Oder soll sich die Lebenslage der Zielgruppe verbessern?
Erst wenn diese Fragen hinreichend klar beantwortet sind, lassen sich Angebote und Interventionen gezielt darauf ausrichten, die intendierten Veränderungen auch zu erreichen. Umgekehrt gilt: Pi mal Daumen in der Angebotserstellung führt auch nur zu Ergebnissen, die Pi mal Daumen sind.
Übrigens: Hinweise darauf, wie zielorientiert du bereits arbeitest, gibt das Wirkometer. Das Wirkometer ermittelt anhand von 20 Fragen, ob beabsichtigte Wirkungen, Ziele, Zielgruppen und Maßnahmen eigentlich zusammenpassen und an welchen Stellen es noch Verbesserungspotenzial gibt.
Sich systematisch mit den Wirkungen
seiner Angebote, Interventionen, Projekte oder Programme zu beschäftigen hilft dabei:
- zielgruppengerechte und markttaugliche Angebote zu entwickeln, die einen tatsächlichen Bedarf erfüllen (und nicht nur einen gefühlten),
- Projektressourcen gezielter einzusetzen, eben weil Gelder nicht irgendwie, sondern bewusst und gesteuert investiert werden,
- die Motivation aller Beteiligten zu erhöhen, weil deutlich wird, was das Angebot bzw. die Intervention erreichen soll und auf welches Ziel letztlich alle hinarbeiten,
- regelmäßig abgleichen zu können, ob man noch auf dem richtigen Weg ist und, wenn nicht, wie sich das Angebot oder der Weg zum Ziel anpassen lassen,
- Fortschritte und Erfolge sichtbar zu machen und diese nach innen und außen kommunizieren zu können, um Unterstützer*innen zu finden, die Zielgruppen zu motivieren etc.
- zu lernen, was funktioniert und was nicht – und somit bewusster und in einem gemeinsamem Verständnis zu steuern.
Stufe für Stufe zum Impact: die Wirkungstreppe
Setzt man die geplante
Intervention und die avisierte gesellschaftliche Wirkung in einen kausalen Zusammenhang,
ergibt sich daraus Wirkungslogik.
Die Wirkungslogik spiegelt die Ursache-Wirkungs-Beziehung
wider, im Sinne von: Wenn Intervention X realisiert wird, führt dies zu einem Output
Y, in dessen Folge sich Wirkung Z ergibt.
Die Wirkungslogik skizziert den Weg, der am meisten Erfolg
verspricht und der gleichzeitig auch realistisch gangbar ist.
Eines von vielen Modellen einer
solchen Wirkungslogik ist die Wirkungstreppe. Die Wirkungstreppe bildet ab, welche
konkreten Veränderungen auf welcher Stufe erreicht werden sollen und was es dazu
braucht.
Die Stufen 1-3 spiegeln wider, ob
die Zielgruppen überhaupt erreicht werden –
also welche Outputs eine Intervention hat. Die Stufen 1-3 sind
Ausgangspunkt dafür, dass auf Stufe 4 eine erste Wirkung erreicht werden kann.
Auf Stufe 4 geht es darum, dass die
Zielgruppe neues Wissen oder neue Fähigkeiten und Kompetenzen erlangt. Auch
beabsichtigte Veränderungen auf Ebene des Bewusstseins oder der Einstellung
zählen zu Stufe 4.
Stufe 5 wiederum zielt darauf,
dass die Teilnehmer*innen sich anders verhalten, z.B. erlerntes Wissen konkret
im Alltag anwenden.
Auf Stufe 6 verändert sich die Lebenslage.
Stufe 7 steht für die gesamtgesellschaftliche
Wirkung. Der “Impact” ergibt sich allerdings erst, wenn Wirkungen auf Ebene der
Zielgruppen feststellbar sind.
Kurz gesagt: Infolge von Outputs
(einer Intervention, eines Angebots, einer Maßnahme etc.) ergeben sich bei den
Zielgruppen Outcomes (Wirkungen auf Ebene der Zielgruppen), die im Idealfall
einen gesellschaftlichen Impact (Wirkung auf Ebene der Gesamtgesellschaft)
erzielen.
Weil das theoretisch klingt,
erklären wir es an einem Beispiel:
Wirkung, ganz praktisch
Eine Initiative hat durch eine kleine
Umfeld-Recherche festgestellt, dass ein großer Bedarf an
Qualifizierungsmaßnahmen für erwerbslose Jugendliche herrscht. Also bietet sie Schulungen
an, um den Jugendlichen zu einem Job zu verhelfen.
Die Leistung der Initiative (“Output”,
Stufen 1-3) besteht beispielsweise darin, dass sie eine bestimmte Anzahl an Schulungen
anbietet und eine bestimmte Anzahl an Teilnehmer*innen erreicht.
Legt man lediglich die
eingesetzten Ressourcen (“Input”) und die Outputs zugrunde, sagt das
aber nichts über die konkrete Wirkung der Qualifizierungsmaßnahme aus. Denn
eine hohe Teilnehmer*innenzahl oder auch die hohe Zufriedenheit der
Projektverantwortlichen sind keine Garantie dafür, dass die Jugendlichen jobrelevante
Kenntnisse und Fähigkeiten erlangen – und dass das Projekt so zum eigentlichen
Ziel beiträgt: einem guten Einstieg in den Beruf. Denn schlechterdings lernen
die Jugendlichen in der Schulung nichts Neues, und die Maßnahme verpufft ohne
jede Wirkung.
Die eigentliche Wirkung der
Maßnahme zeigt sich daher darin, dass die Jugendlichen Bewerbungskompetenzen aufbauen
und Selbstvertrauen gewinnen. Erst wenn diese Veränderungen tatsächlich feststellbar
sind (“Outcome”, Stufen 4-6), ist auch ein Job in Sichtweite. Der
wiederum eine Veränderung auf gesellschaftlicher Ebene nach sich zieht (“Impact”,
Stufe 7), bspw. indem die Jugendarbeitslosigkeit im Stadtteil sinkt.
Über die häufigsten Probleme und Fehler im Umgang mit dem Modell der Wirkungstreppe informieren wir hier: “Wirkungstreppe: Das sind die häufigsten Fehler“.