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Förderzusagen lassen manchmal auf sich warten – es kann sogar vorkommen, dass bereits zugesagte Fördergelder komplett ausfallen. Besonders für kleinere Non-Profits ist so eine Situation extrem schwierig. Denn ohne finanzielle Mittel steht schlimmstenfalls nicht nur das Projekt, sondern auch die Organisation vor dem Aus. Eine frühzeitige Szenarioplanung hilft dabei, vorab alle Möglichkeiten zur Weiterführung des Projektes auszuloten.

In längerfristigen Förderprojekten werden häufig Stellen besetzt, die direkt von der Weiterführung des Projektes abhängen. Die Besetzung ist üblicherweise befristet, da die Projektlaufzeit begrenzt ist. Wird ein solches Projekt vom Fördergebenden (beispielsweise der EU) nicht mehr verlängert oder nach Zusage doch nicht unterstützt, so können Mitarbeitende auch nicht weiter beschäftigt werden. Diese große Unsicherheit ist nicht nur eine Belastung für die Angestellten, sondern auch eine Herausforderung für Führungskräfte. Verlassen Schlüsselpersonen ein Projekt, weil sie einen sicheren Arbeitsplatz vorziehen, so kann der Personalwechsel für ein Förderprojekt negative Folgen haben.

In unsicheren Situationen: mögliche Szenarien entwerfen

In derart unsicheren Situationen ist es empfehlenswert, realistische alternative Handlungsoptionen herauszuarbeiten – sollten Fördergelder tatsächlich nicht verlängert werden oder ausfallen. Um eine belastbare Lösung zu finden, solltet ihr euch zunächst einen Überblick über eure bestehende Projektlandschaft verschaffen. Dazu gehören:

  • Welche laufenden Projekte sind voll finanziert, welche Projekte können zum Teil oder insgesamt selbst finanziert werden?
  • Wie groß ist der Personalaufwand in den unterschiedlichen Projekten?
  • Welche Aufgaben müssen im kritischen Projekt erledigt werden?
  • Wie sieht der Zeitplan aus?
  • Wie hoch ist die Summe der nicht gebundenen Finanzmittel in der Non-Profit?

Um den Handlungszeitraum realistisch einschätzen zu können, solltet ihr euch klarmachen, wie lange ihr ohne die Fördermittel noch durchhalten könnt: Welche Summe wird pro Monat im betroffenen Projekt verbraucht? Stellt dazu die laufenden Projektkosten (Gehälter und projektbezogene Ausgaben) dem noch vorhandenen Budget gegenüber.

Basierend auf den vorliegenden Informationen könnt ihr nun verschiedene Szenarien entwickeln, wie es ohne die ungewisse Förderzusage weitergehen könnte.

Szenario 1


Welchen Handlungsspielraum hat eure Organisation, Projekte anzupassen?

Prüft die Möglichkeit, den Projektinhalt zu reduzieren und nur einen Teil der Zielsetzung zu verfolgen. Das kann eine Lösung sein, um Kosten zu reduzieren und das Projekt mit weniger Finanzmitteln trotzdem durchzuführen. Vielleicht wäre es auch möglich, das Projekt über eine reduzierte Stelle weiter zu betreiben?

Szenario 2


Könnt ihr eine Zwischenfinanzierung auf die Beine stellen, bis klar ist, dass ihr die Förderung erhaltet?

Diese Zwischenlösung bietet sich jedoch nur für einen kurzen Zeitraum an – und auch nur, wenn die Aussicht auf eine Zusage sehr wahrscheinlich ist.

Szenario 3


Finden sich alternative Finanzierungsmöglichkeiten?

Eine aktive Erschließung bereits bekannter (privater) Sponsor*innen für das wackelige Projekt ist zumindest einen Versuch wert.

Szenario 4


Könnt ihr aus einem allgemein gehaltenen Fördertopf einen Betrag für das gefährdete Projekt umwidmen und auf andere noch geplante Vorhaben verzichten?

Hierzu müsst ihr konkret prüfen, welche Bedingungen ein*e Fördergeber*in stellt, um eine Umwidmung vornehmen zu dürfen. Im unten angegebenen Praxisbeispiel zum Lungen-Aktionstag stellte der Verein einen Änderungsantrag. Daraufhin genehmigte der Fördergeber es, einen durch Wegfall eines Vorhabens frei gewordenen Betrag für ein anderes Projekt zu verwenden.

Szenario 5


Bei welchen Projekten könnt ihr auf ehrenamtliche Unterstützung setzen, falls der Einsatz von Projektangestellten finanziell nicht mehr gesichert ist?

Das ist aus rechtlichen Gründen meist nicht für Projekttätigkeiten mit Entscheidungsverantwortung möglich. Für allgemeinere Aufgaben (z. B. die Betreuung von Informationsständen, der Einsatz als Ordner*in bei Veranstaltungen) könnt ihr eventuell ehrenamtlich Mitwirkende gewinnen.

Szenario 6


Besteht die Möglichkeit, mit anderen Organisationen zu kooperieren?

Unter bestimmten Rahmenbedingungen (wie etwa im Praxisbeispiel) kann eine Kooperation möglich sein, um ein Projekt doch noch durchzuführen. Es ist zwar die Ausnahme, aber ihr solltet es nicht von vorneherein ausschließen. Hört euch in eurem Netzwerk um – das ist erfahrungsgemäß erfolgversprechend, um an interessierte Parteien heranzukommen.

Praxisbeispiel für einen Erfolg durch Kooperation: der Lungen-Aktionstag

Ein Verein für Menschen mit chronischen Lungenkrankheiten hatte geplant, einen Informationstag für Patient*innen mit medizinischen Vorträgen und Informationsständen zu veranstalten. Nachdem eine nur grob geschätzte Fördersumme für dieses Vorhaben (im Rahmen einer Projektförderung von Krankenkassen) beantragt wurde, legten die Initiator*innen los. Sie bildeten ein kleines Projektteam, entwarfen ein schönes Rahmenprogramm, nahmen Kontakt mit Referent*innen auf und suchten eine geeignete Räumlichkeit. Bereits frühzeitig erfuhren sie, dass die Fördersumme wohl deutlich kleiner als erwartet ausfallen würde.

Daraufhin wurden die Projektinitiator*innen aktiv und brüteten aus, mit welchen Szenarien sie ihre Planung retten könnten: Sie zapften ihr Netzwerk an und versuchten, einerseits mehrere Unternehmen als Sponsor*innen zu finden und andererseits regionale Selbsthilfegruppen mit einer passenden Zielsetzung für eine Kooperation zu gewinnen.

Dabei waren sie erfolgreich: Zwei weitere Selbsthilfegruppen schlossen sich an. Eine davon durfte nach Rücksprache mit ihrem Dachverband aus ihrer pauschalen Verbandsfördersumme ein Budget für die Kooperation mit dem Lungen-Aktionstag beitragen. Die zweite Selbsthilfegruppe stellte beim Förderkreis der Krankenkassen einen Antrag auf Umwidmung eines Budgetpostens, der für eine eigene Informationsveranstaltung zur Mitglieder*innenwerbung gedacht war. Dies wurde genehmigt. Beide Gruppen stellten außerdem ehrenamtliche Helfer*innen für den Aktionstag.

Darüber hinaus gelang es dem Verein, Produktionsfirmen für medizinische Geräte als Sponsor*innen zu gewinnen, die bereit waren, für eigene Informationsstände am Aktionstag einen Fixbetrag zu spenden. Durch diese Aktivitäten konnte der Aktionstag fast wie geplant veranstaltet werden – mit einigen Abstrichen im Rahmenprogramm, dafür mit viel mehr Teilnehmer*innen als ursprünglich geplant.

Wie realistisch ist ein Szenario?

Ob ein Lösungsansatz wirklich erfolgversprechend ist, könnt ihr mit Hilfe der folgenden Überlegungen besser einschätzen:

  • Wie wahrscheinlich ist es, dass es auch gelingt? Fragt euch, welche Maßnahmen sich aus eurer Erfahrung in ähnlichen Situationen bewährt haben. Diskutiert mit anderen Ansprechpartner*innen, die eventuell mehr Erfahrung haben.
  • Schätzt ab, welche Kosten konkret (z. B. durch die Reduzierung des Projektinhalts) eingespart werden können. Vergleicht diese Summe mit der drohenden Finanzierungslücke. Reicht das?
  • Lassen sich mehrere Wege kombinieren? Auch bei dieser Fragestellung sind Einfallsreichtum und Erfahrung gefragt.

Für einen besseren Überblick könnt ihr die folgende Tabellenvorlage nutzen:

So könnt ihr eure Überlegungen strukturiert dokumentieren, um sie mit unterschiedlichen Ansprechpartner*innen in eurem Netzwerk oder in der Entscheidungsebene eurer Non-Profit zu diskutieren.

Nachdem ihr alle realistischen Maßnahmen zur Erschließung anderer Mittel geprüft habt, bleibt zu klären:

  • Von welchen Personen muss sich die Organisation sicher trennen, wenn bestimmte Fördermittel längerfristig ausbleiben?
  • Welche Tätigkeiten und weiteren Projekte können dadurch nicht mehr fortgeführt werden?

Müssen Personalentscheidungen getroffen werden, habt ihr auf diese Weise alle Argumente und Gründe transparent und nachvollziehbar vorbereitet. Sieht es sehr schlecht aus für eine Weiterbeschäftigung und/oder eine Projektfortführung, ist es nun an der Zeit, die Betroffenen zu informieren.

Schlechte Nachrichten wertschätzend kommunizieren

Führungskräfte sollten ihre Mitarbeitenden nicht der Ungewissheit und Unsicherheit überlassen, die durch ausstehende Förderzusagen entsteht. Das bedeutet nicht, alle Befürchtungen und Sorgen direkt und ungefiltert weiterzugeben, denn das würde nur weitere Ängste hervorrufen. Die unangenehme Situation zu verheimlichen, ist allerdings auch keine Lösung: Sickern Informationen zum Ausbleiben der Finanzmittel durch, kann das zu Frust und Ärger führen.

Sucht deshalb möglichst bald ein klärendes Gespräch mit den betroffenen Mitarbeitenden. Auch wenn möglicherweise „nur“ ein Projekt eingestampft werden muss, sollte das Projektteam Bescheid wissen. Vor allem dann, wenn die Weiterbeschäftigung auf dem Spiel steht. Die folgenden Tipps helfen dabei, Mitarbeiter*innen in einem Informationsgespräch wertschätzend und offen zu begegnen.

Einen Termin planen

Selbst wenn es sich nur um ein Vorgespräch handelt und noch keine Personalentscheidung gefallen ist, sollte dieses sorgfältig geplant sein. Ein wertschätzender Umgang ist wichtig. Auf keinen Fall einfach eine Nachricht oder E-Mail senden! Auch eine nebenbei fallengelassene Kurzinformation zwischen Tür und Angel ist in dieser Situation nicht angemessen.

Einzelgespräch oder Teamsitzung

Wenn ein Projekt ins Wackeln gerät, könnt ihr idealerweise eine Teamsitzung einberufen. Darin werden alle gleichzeitig informiert. Achtet darauf, dass das gesamte Team anwesend sein kann. Befinden sich in dem Team Projektangestellte, die um ihre Festanstellung fürchten müssen, sollten sie das in einem Einzelgespräch erfahren – vor der Teamsitzung.

Gründe und Fakten benennen

Sicher kommen im Team Fragen auf. Diese solltet ihr ohne zu zögern beantworten können. Überlegt euch deshalb schon im Vorfeld, wie ihr vermitteln wollt, welche Ursachen zu der Situation geführt haben und wie die Entscheidung zustande gekommen ist. Ein so sensibles Gespräch kann auch emotional werden – dann ist es wichtig, sachlich und fachlich zu bleiben.

Tipps für die Gesprächsführung

Nutzt klare und unmissverständliche Aussagen. Vermittelt die Informationen am besten in der Ich- bzw. Wir-Form, je nachdem, wer im Gespräch anwesend ist. Eine Visualisierung (zum Beispiel ein Zeitplan des Projektes) kann dazu beitragen, eine sachliche Atmosphäre beizubehalten. So können sich alle Teilnehmenden auf die Darstellung und müssen keinen direkten Blickkontakt aufnehmen. Das macht es leichter, mit den schlechten Nachrichten umzugehen.

Für die Übermittlung unangenehmer Nachrichten hat sich eine 5-Schritte-Taktik bewährt:

  1. Kurz und klar ansprechen, was Sache ist
  2. Die Gründe für die Situation angeben
  3. Alle Fakten, Daten und Sachverhalte erklären, die für die Entscheidung maßgeblich sind
  4. Mitgefühl ausdrücken
  5. Mögliche Lösungsvorschläge oder die nächsten Schritte formulieren

Macht sich unangenehme Stille breit, stellt den Beteiligten Fragen und ermuntert sie dazu, aktiv am Gespräch teilzunehmen.

Das Gute im Schlechten suchen

Das Praxisbeispiel zum Lungen-Aktionstag oben zeigt: Besonders in kleineren Organisationen mit Flexibilität und Einfallsreichtum kann eine schwierige Situation wie diese gemeistert werden. Hängen Arbeitsplätze von der Zusage der Fördernden ab und ist eine flexible Lösung nicht möglich, ist es besser, aktiv auf einen möglichst guten Ausklang der Zusammenarbeit hinzuarbeiten. Vielleicht könnt ihr der betroffenen Person für Bewerbungsgespräche kurzfristig Urlaub anbieten oder eine direkte Vermittlung zu Partnerorganisationen versuchen? So könnt ihr Mitarbeiter*innen eure Wertschätzung zeigen.