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Nicht immer ist eine Mitgliederversammlung nötig, um Beschlüsse zu fassen. Dank einer Gesetzesänderung können Vereinsentscheidungen jetzt einfacher per E-Mail, Messenger oder SMS getroffen werden – solange alle zustimmen. Doch welche Regeln gelten? Und wie kann eine gültige Zustimmung aussehen? Hier gibt es Antworten.

Stand: 03. März 2025

Die Mitgliederversammlung ist das wichtigste Organ im Verein. Was sie beschließt, gilt. Darüber können sich die Mitglieder des Vorstands nicht hinwegsetzen. Allerdings müssen die Mitglieder sich nicht unbedingt zu einer bestimmten Zeit zu einem Präsenz-Meeting der Mitglieder oder einer Online-Vereinsversammlung zusammenfinden, um Beschlüsse zu fassen.

Als Alternative sieht das Vereinsrecht sogenannte Umlaufbeschlüsse vor: „Auch ohne Versammlung der Mitglieder ist ein Beschluss gültig, wenn alle Mitglieder ihre Zustimmung zu dem Beschluss in Textform erklären.“

Diese Form der schriftlichen Zustimmung anstelle der Stimmabgabe auf der Mitgliederversammlung ist selbst bei einer Änderung des Satzungszwecks möglich: „Zur Änderung des Zweckes des Vereins ist die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich; die Zustimmung der nicht erschienenen Mitglieder muss in Textform erfolgen.“ (§ 33 Abs. 1 BGB)

Umlaufbeschlüsse sind jetzt in Textform erlaubt – zum Beispiel per E-Mail

In beiden Passagen stand bis vor Kurzem noch „in Schriftform“. Das änderte sich, als am 29. Oktober 2024 das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz in Kraft trat und die Formulierung durch „in Textform“ ersetzte.

Die Änderung ist wichtig. Schriftform bedeutete, dass die Mitglieder ihre Zustimmung auf Papier mit Datum und einer eigenhändigen Unterschrift erklären mussten. Damit war ein Umlaufbeschluss mit viel Aufwand verbunden. Schließlich musste jedes Mitglied ein Papierdokument unterzeichnen und abliefern oder zurücksenden. Die einzigen zulässigen Alternativen zur Unterschrift bedeuteten noch mehr Aufwand: die qualifizierte digitale Signatur mit Zertifikat eines offiziellen Trust Centers oder die Beurkundung der Zustimmung durch einen Notar.

Jetzt können Umlaufbeschlüsse – bis hin zur Änderung des Satzungszwecks – in Textform erfolgen. Diese Umformulierung im Gesetz hat das Verfahren deutlich vereinfacht. Die Erklärung aller Mitglieder muss zwar weiterhin in lesbarer und dauerhaft speicherbarer Form erfolgen. Die Pflicht zur Unterschrift entfällt jedoch.

Es genügen damit zum Beispiel:

  • ein formloser Zettel
  • eine E-Mail
  • ein Word- oder PDF-Dokument
  • eine SMS
  • ein Fax
  • eine Nachricht mit WhatsApp, Telegram, Signal oder einem anderen Chat-Messenger (so die Ansicht der meisten Jurist*innen – manche verweisen allerdings darauf, dass etwa WhatsApp-Nachrichten später wieder gelöscht werden können)

Natürlich sollte die Erklärung unabhängig von der Form die notwendigen Angaben enthalten. Gesetzliche Grundlage der Textformvorschrift ist § 126 BGB.

Einstimmigkeit – außer wenn die Satzung etwas anderes vorsieht

Bei Umlaufbeschlüssen erklären die Mitglieder anders als bei einer Mitgliederversammlung nach und nach ihre Zustimmung – wenn sie nicht dagegen stimmen oder gar nicht antworten. Dabei gelten höhere Anforderungen an die Annahme eines Antrags. Jedes einzelne Mitglied muss abstimmen und zustimmen. Schon eine einzelne Gegenstimme oder ein Mitglied, das sich nicht beteiligt, lassen Anträge scheitern.

Allerdings ist die Pflicht zur Einstimmigkeit eine „nachgiebige Vorschrift“ (§ 40 BGB). Das bedeutet: Wenn die Vereinssatzung andere Vorgaben macht, dann gelten diese Regelungen. In der Satzung kann also zum Beispiel stehen, dass Beschlüsse im Umlaufverfahren bereits mit Zwei-Drittel-Mehrheit oder einfacher Mehrheit möglich sind.

Wie sollte die Zustimmung in Textform aussehen?

  • Es muss klar identifizierbar sein, ob das Mitglied zustimmt oder ablehnt.
  • Außerdem muss die Erklärung der jeweiligen Person klar zugeordnet werden können: Der Name der oder des Betreffenden sollte dort stehen, zum Beispiel als Absender*in oder in der Erklärung selbst.
  • Klar sein muss auch, auf welchen Vorschlag oder Antrag sich die Erklärung genau bezieht.
  • Das Datum der Erklärung sollte ersichtlich sein.
  • Die Erklärung muss abgespeichert oder abgeheftet und dauerhaft aufbewahrt werden können.
  • Sie muss aus Schriftzeichen bestehen. Eine Zustimmung nur in Form eines Emojis oder Smileys ist nicht ausreichend, genauso wenig wie eine Audio-Nachricht, ein Video oder eine vorübergehende Statusmeldung.

So kann eine wirksame Zustimmung aussehen

Ein Beispiel für die Zustimmung per E-Mail zu einem Vereinsbeschluss im Umlaufverfahren könnte so aussehen:

Von: Zita Zumbeispiel <zita@familie-zumbeispiel.de>
An: “Monika Meier, Stadtkultur in Beispielstadt e. V.” <vorstand@stadteilkultur-beispielstadt ev.de>
Datum:    Mon, 24 Feb 2025 11:15:01 +0100
Betreff: AW: Zustimmung zum Vereinsbeschluss „digitale Mitgliederversammlungen”

—-

Liebe Monika,

ich stimme dem Antrag vom 19. Februar zu, in Zukunft auch Online-Mitgliederversammlungen in unserem Verein „Stadtkultur in Beispielsstadt e. V.“ abzuhalten.

Viele Grüße
Zita

Zita Zumbeispiel
Exempelstraße 34
08150 Irgendwostadt

Der Verein sollte diese Erklärungen so archivieren, dass er sie später jederzeit vorweisen kann, zum Beispiel für den Fall der Anfechtung des Beschlusses durch ein Vereinsmitglied.

Wann sind Umlaufbeschlüsse sinnvoll?

In der Regel sind Mitgliederversammlungen der bessere Weg, um im Verein Beschlüsse zu fassen. Dort sind Diskussionen möglich. Alle Mitglieder können sich die Argumente pro und kontra anhören, eigene Fragen stellen und je nach Sitzungsordnung auch eigene Anträge stellen.

Manchmal muss der Verein jedoch sehr schnell reagieren, etwa weil die Frist zur Beantragung von Fördermitteln ausläuft. Vielleicht geht es auch um eine Vorlage, die ohnehin kaum Kontroversen auslöst, oder alle Argumente sind längst ausgetauscht. Und natürlich gibt es Vereine, deren Mitglieder geografisch weit verstreut leben, was zumindest Präsenzversammlungen schwierig macht.

In solchen Fällen können Umlaufbeschlüsse der richtige Weg sein, um Dinge rechtssicher zu regeln. Da inzwischen jedoch auch die digitale Teilnahme an Mitgliederversammlungen eindeutig erlaubt und geregelt ist, ist diese Alternative oft sinnvoller.

Praxistipps zu Umlaufbeschlüssen

  • Schaut, was eure Satzung sagt: In manchen Vereinssatzungen ist das Umlaufverfahren ausdrücklich ausgeschlossen, oder dort wird die Zustimmung in Schriftform verlangt. In dem Fall sind Umlaufbeschlüsse per Online-Kommunikation erst nach einer Satzungsänderung möglich. Enthält die Satzung keine solchen Einschränkungen, könnt ihr das Umlaufverfahren dagegen jederzeit nutzen. Es muss nicht erst durch die Mitglieder bewilligt werden.
  • Setzt eine vernünftige Frist: Eine zeitliche Begrenzung für das Umlaufverfahren ist schon aus organisatorischen Gründen sinnvoll. Setzt euch und euren Mitgliedern für die Zustimmung in Textform von vornherein eine angemessene Frist, je nach Dringlichkeit beispielsweise zwei Tage oder drei Wochen.
  • Gebt ein Medium und den Text für die Antwort vor: Wenn ihr allen Mitgliedern per E-Mail einen Mustertext zur Zustimmung oder Ablehnung des vorgeschlagenen Beschlusses schickt und um Antwort ebenfalls per E-Mail bittet, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass das Verfahren zeitnah ins Ziel kommt. Natürlich könnt ihr stattdessen auch Chat oder SMS nutzen. Ihr solltet dabei aber keine Vorentscheidung für die Abstimmung treffen, die Adressat*innen nicht zu einer bestimmten Antwort drängen oder Textbausteine und Auswahloptionen nur für ein Ja oder nur für ein Nein anbieten.
  • Vermeidet unklare Antworten: Weist darauf hin, dass die Mitglieder ihren Namen im Text der E-Mail nennen sollen, damit bei Fantasie-Adressen oder Antworten über andere E-Mail-Konten keine Zuordnungsprobleme entstehen.

Das Umlaufverfahren ist auch bei Vorstandsbeschlüssen möglich

Die Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuchs für Vereinsversammlungen gelten auch für die Beschlussfassung im Vorstand. Deshalb darf auch ein Vereinsvorstand mit mehreren Vorstandsmitgliedern seine Beschlüsse im Umlaufverfahren per Textform treffen, das heißt per E-Mail, SMS oder Chat.