Trends zu entdecken und für eure Organisation oder euren Verein zu nutzen, ist keine Frage von großen Budgets. Wie ihr durch das Beobachten, Deuten und Vorhersagen von Trends euren Angeboten, Produkten und Dienstleistungen zum Erfolg verhelft
“Innovation ist für Unternehmen ein Überlebensbestandteil, und Trends sind eine Inspirationsform dafür”, sagt der Innovationsmanager und Trendforscher Jens Bode. Aber auch kleinere Non-Profits, Vereine und Projekte können profitieren, wenn sie Trends in ihrem Bereich frühzeitig erkennen. Zum Beispiel können sie ihre Fundraising-Strategie verbessern oder die neuen Erkenntnisse als Wegweiser für ihre Produkte, Dienstleistungen und gemeinnützigen Angebote nutzen. Und auch für Weiterentwicklung und Wachstum einer Organisation kann der Blick auf gesellschaftliche Entwicklungen, neue Kundengruppen und Wettbewerber*innen entscheidend sein.
Aber wie kann man zwischen gehypten Eintagsfliegen und langfristigen Trends unterscheiden? Genau hier kommt die Trendforschung ins Spiel: Sie beobachtet, deutet und sagt voraus, welche Trends bleiben, und welche ebenso schnell verschwinden wie sie aufgetaucht sind. Ein Werkzeug dafür ist das Trendscouting.
Mit Trendscouting auf Veränderungen reagieren
Trendscouting, auch Coolhunting, Trendscanning oder Trendmonitoring genannt, ist eine niedrigschwellige und stark praxisnahe Methode der Trend- und Zukunftsforschung. Statt großer Budgets braucht es dafür vor allem Offenheit – es geht um das ungerichtete Suchen oder Abtasten nach Hinweisen für einflussreiche Entwicklungen.
Zwei Fragen spielen bei der Suche eine wichtige Rolle:
- In welchen Trends liegt wirklich Potenzial für meine Organisation?
- Welche Trends lassen sich ressourcentechnisch auch umsetzen?
Praxisbeispiel: Auch wenn die Globalisierung einer der Megatrends unserer Zeit ist, hat sie möglicherweise nur wenig Auswirkung auf eine lokale Non-Profit, die sich um Obdachlose vor Ort kümmert. Für das Angebot einer Senioren-Wohngemeinschaft hingegen kann der Trend Silver Society (deutsch: alternde Gesellschaft) sehr wohl von Relevanz sein. Ältere Menschen bleiben heute länger fit und engagieren sich möglicherweise auch nach der Pensionierung mit ihrem Know-how – hier können beispielsweise Coachings eine attraktive Dienstleistung sein, um Senioren zu unterstützen und in altersgemischten Teams einzubringen.
Augen und Ohren offenhalten – diese Devise können sich Unternehmen, Non-Profits und Vereine gleichermaßen zu Herzen nehmen. Dabei kann zwischen zwei Arten von Trends unterschieden werden:
- Allgemeine Trends in einer Gesellschaft, die sich beispielsweise durch einen Wertewandel oder eine demografische Entwicklung ergeben.
Praxisbeispiel: Durch Covid-19 wurde unter anderem das Thema der Fehlinformation zur Herausforderung. Um sich diesem Problem zu stellen, erweiterte die westafrikanische NGO Dubawa ihre Dienstleistung: Bildete sie bisher vor allem Journalist*innen in Fact-Checking aus, macht sie es sich seither zur Aufgabe, irreführende Headlines und Fehlinformationen auf Social Media aufzudecken. - Spezifische Trends in Bezug auf eine konkrete Dienstleistung, ein Produkt oder Angebot. Diese ergeben sich aus den Reaktionen und Rückmeldungen der Zielgruppe oder der Kund*innen. Basierend auf diesen Informationen könnt ihr euer Angebot laufend weiterentwickeln.
Praxisbeispiel: Das Van Gogh Museum stellte fest, dass nicht jeder Kunst-Fan nach Amsterdam reisen konnte. Um das Leben und Werk des Künstlers möglichst vielen Interessierten zugänglich zu machen, wurde ein YouTube-Kanal erstellt, der nun Menschen in aller Welt erreicht.
So funktioniert Trendscouting in der Praxis
Wenn ihr Trendscouting innerhalb eurer Organisation nutzen wollt, sind folgende Schritte wichtig:
- Mitarbeitende ins Trendscouting einbeziehen
Dafür braucht es vor allem klar abgesteckte Themengebiete: Die Kollegin, die sich um die IT kümmert, kann beispielsweise den Megatrend Digitalisierung im Auge behalten. Die Geschäftsführerin verfolgt die Entwicklungen der Konkurrenz, während der Sozialarbeiter die sich stets wandelnden Bedürfnisse der Zielgruppe beobachtet. Wichtig ist, dass die einzelnen Erkenntnisse am Ende auch zusammengeführt werden – und dass die Informationssuche als Arbeit verstanden wird. - Informationsquellen festlegen
Nicht die Quantität der Quellen ist entscheidend, sondern die Qualität: Um euch das Sichten und Bewerten dutzender Medien zu ersparen, kann es sich lohnen, Expert*innen auf Social Media und ihren Blogs oder Websites zu folgen. Sie beeinflussen die breite Öffentlichkeit und berichten im besten Fall schon heute darüber, was morgen in aller Munde ist.
Weitere mögliche Informationsquellen:
– Plattformen und Studien von Markt- sowie Trendforscher*innen (zum Beispiel Zukunftsinstitut oder trendwatch.com) geben Aufschluss über allgemeine gesellschaftliche Entwicklungen
– Plattformen wie die englischsprachige Seite TopNonProfit sind auf Neuigkeiten und Trends aus dem Nonprofit-Sektor spezialisiert
– Kommunikationskanäle anderer Non-Profits mit ähnlichen Zielgruppen oder relevanter Start-ups
– Veranstaltungen und Konferenzen für Non-Profits sind zum Kennenlernen, Beobachten und Vernetzen spannend
– Bestehende und potenzielle Zielgruppen könnt ihr via Social Media oder Onlineumfrage um Feedback bitten
– Crowdsourcing-Plattformen wie kickstarter können zu innovativen und interessanten Projekten sowie Produkten inspirieren – denn sie zeigen, welche Ideen in der Öffentlichkeit besonders gut ankommen. Einen Überblick über Crowdfunding-Plattformen gibt’s hier.
– Foren und Diskussionsplattformen wie zum Beispiel Femity können Hinweise auf aktuelle Entwicklungen geben
– Themen- oder zielgruppenspezifische Zeitungen und Zeitschriften nicht vergessen
– Wichtig ist auch, konkrete Berührungspunkte mit der Zielgruppe oder potenziellen neuen Zielgruppen zu suchen, zum Beispiel auf Veranstaltungen vor Ort - Informationen intern verteilen
Neue Trends und Entwicklungen zu finden, ist die eine Sache. Ebenso wichtig ist es, die Erkenntnisse allen Mitarbeitenden und insbesondere den Entscheidungsträger*innen zu Verfügung zu stellen.
Praxistipp: Eine Möglichkeit ist ein eigenes Wiki, eine andere zum Beispiel Facebook. In themenspezifischen Gruppen könnt ihr dort Videos, Links zu Studien oder Fotoreportagen verbreiten. Doch es muss nicht immer Tech sein: Ihr könnt die Informationen auch auf einer einfachen Pinnwand in eurer Organisation aufkleben. - Trends identifizieren
Je mehr Informationen ihr in eurer Non-Profit sammelt, desto besser lassen sich Trends erkennen und beurteilen. Potenzial dafür haben beispielsweise Themen, die sich über eine längere Zeit wiederholen oder mehrfach auftauchen. Beim Erkennen von Trends spielt Erfahrung eine wichtige Rolle. Diskutiert deshalb gemeinsam, damit alle ihr Know-how einbringen können.
Praxisbeispiel: Mit der Fluchtbewegung im Jahr 2015 erreichten die steigenden Asylanträge in der EU einen Höhepunkt. Die Wiener Caritas nutzte die Gelegenheit, mit dem magdas Hotel das erste Social-Business-Hotel Österreichs auf die Beine zu stellen. Seither wurden dort nicht nur 181.000 Gäste aus aller Welt begrüßt. Magdas hat mehr als 70 junge Menschen mit Flucht- und Migrationserfahrung in Hotellerie- und Gastronomieberufen ausgebildet und ihnen so geholfen, im Berufsleben Fuß zu fassen. - Von anderen Branchen lernen
Trends machen meist nicht nur in einem Umfeld Halt, sondern ziehen sich durch viele Branchen und Bereiche. Ein aktuelles Beispiel dafür sind virtuelle Veranstaltungen: Jede Branche verlegt nicht zuletzt seit der Corona-Pandemie ihre Events auf den virtuellen Raum. Dort werden die Veranstaltungen zumindest teilweise auch nach der Krise bleiben. Von dieser Entwicklung können Non-Profits profitieren, da beispielsweise die Teilnehmer*innenzahl nicht mehr geografisch beschränkt ist. - In die Tat umsetzen
Damit die Ergebnisse des Trendscoutings nicht in der Schublade verstauben: Leitet Maßnahmen ab, konzipiert neue Angebote oder Produkte und formuliert Ziele. Probiert Ideen aus, entwickelt Prototypen und testet sie mit eurer Zielgruppe.
Trendscouting lohnt sich – und muss nicht viel kosten
Um erfolgreiches Trendscouting zu betreiben, braucht es nicht unbedingt ein hohes Budget. Wenn ihr in eurer Non-Profit Neugierde auf die Umwelt und Offenheit gegenüber Neuerungen etabliert und die Informationssuche auf mehrere Schultern verteilt, macht das fehlende finanzielle Mittel allemal wett.