Förderanträge bei Stiftungen wollen gut vorbereitet sein. Stiftungsbeirätin Ann Yacobi erklärt, worauf es beim Fördermittelantrag ankommt.
In Deutschland gibt es ungefähr 90.000 Stiftungen, die
fast alle gemeinnützig sind und sich in unterschiedlichen Bereichen engagieren.
Viele davon sind sogenannte Förderstiftungen:
Sie führen keine eigenen Projekte durch, sondern unterstützen ausschließlich
Projekte Dritter. Diese Stiftungen suchen geeignete Partner*innen, denen sie ihr
Geld anvertrauen können – und die im Gegenzug in ihrem Sinne tätig werden.
Mit
etwas Recherche in bundesweiten oder regionalen Portalen findet ihr sicherlich
eine Stiftung, die zu eurem Anliegen passt, hierzu mehr ganz unten. Der erste Schritt besteht jedoch darin, einen Antrag auf Fördermittel gut vorzubereiten.
Nonprofit-Finanzierung – richtig gemacht
- Einschätzung der Finanzierungsquellen
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- Methoden, Tools, Downloads & Weiterbildungen
Formalitäten
Die Fördermittelvergabe ist häufig sehr bürokratisch,
und die Antragstellung kann je nach Stiftung ganz unterschiedlich sein. Bei
manchen Stiftungen gibt es vorgefertigte Formulare, andere haben ein
Online-Portal für die Antragstellung.
Manchmal ist zuerst eine Kurzbeschreibung
erwünscht, andere Stiftungen sichten dagegen nur vollständige Anträge. Haltet
euch deshalb unbedingt an die Vorgaben – es wäre doch zu schade, wenn
euer Antrag an den Formalitäten scheitert.
Auch das Timing
kann entscheidend sein: Manche Stiftungen haben jedes Jahr mehrere
Vergabesitzungen zu festgelegten Terminen. Bei anderen trifft das
Entscheidungsgremium unregelmäßig zusammen, um über vorliegende Anträge zu
beraten. Um erfolgreich zu sein, müssen Anträge mit entsprechendem Vorlauf
eingereicht werden.
Folgende
Informationen erwarten Stiftungen, um euren Antrag prüfen zu können:
- Ausführliche Projektbeschreibung
- Konkrete, messbare Projektziele
- Aussagen zu den gesellschaftlichen Wirkungen des Projekts
- Vorstellung eurer NGO
- Angaben zu allen Projektbeteiligten (insbesondere Projektleitung, Kooperationspartner, Kofinanzierer*innen)
- Detaillierter Finanzplan
Wenn euch wichtige Informationen zur Antragstellung fehlen, dann kontaktiert die Stiftung direkt, am besten telefonisch.
In einem solchen Gespräch erfahrt ihr nicht nur, ob euer Vorhaben überhaupt förderfähig ist, sondern erhaltet vielleicht noch wertvolle Tipps für die Antragstellung, die eure Chancen verbessern. Außerdem kann man am Telefon manchmal schon vom eigenen Vorhaben überzeugen und damit wichtige Vorarbeit für den späteren Antrag leisten. Bringt in einem gut vorbereiteten Telefonat die Vorzüge eures Projekts kurz und einprägsam auf den Punkt!
Warum ein Projektantrag wie eine Bewerbung ist
Mit einem Projektantrag bewerbt ihr euch bei euren
potenziellen Förderpartner*innen. Das Ganze ist einer Job-Bewerbung nicht
unähnlich – nur dass ihr mit anderen Non-Profits statt mit anderen
Job-Interessent*innen konkurriert.
Viele Stiftungen entscheiden sich
ausschließlich auf Grundlage des
Fördermittelantrags für oder gegen ein Projekt. Daher sollte die Bewerbung
am besten auf den ersten Blick überzeugen.
Gut ist ein Projektantrag dann, wenn
er genau zur Stiftung passt, euren Verein kompetent erscheinen lässt und wenn er rechtzeitig eintrifft.
1. Antrag vorbereiten: Passt es thematisch?
Die meisten Stiftungen bekommen Anträge, die sofort
aussortiert werden. Warum? Weil sich die Absender*innen überhaupt keine Mühe
gemacht haben, herauszufinden, welche Projekte überhaupt gefördert werden.
Bevor ihr Geld beantragt, solltet ihr euch gründlich informieren, auf welchen Gebieten die Stiftung aktiv ist und welche Ziele sie verfolgt. Fast jede Stiftung informiert auf ihrer Website darüber, welche Projekte sie in letzter Zeit unterstützt hat. Daran lassen sich thematische oder regionale Schwerpunkte ablesen. Falls ihr keine ausreichenden Angaben findet, solltet ihr direkt Kontakt aufnehmen.
2. Finanzielle Zwänge
Jede Stiftung ist bei der Fördermittelvergabe an Vorgaben gebunden, die in ihrer Satzung festgelegt sind. Wichtig zu wissen:
- Welchen finanziellen Umfang hatten bereits geförderte Projekte?
- Welche Kosten sind überhaupt förderfähig?
- Finanziert die Stiftung einzelne Maßnahmen oder nur komplette Projekte?
- Gibt es eine Höchstsumme, die nicht überschritten werden darf?
Wenn die Stiftung maximal 10.000 Euro vergibt, wird
euer Antrag auf 25.000 Euro garantiert abgelehnt. Ob ihr eine Förderung
bekommen könnt, hängt mitunter nicht nur von den veranschlagten Kosten für euer
Projekt, sondern von seiner gesamten
Finanzierung ab. Manche Stiftungen dürfen zum Beispiel nur Geld vergeben,
wenn das Projekt damit mindestens zur Hälfte finanziert werden kann.
Häufig
sind zudem Eigenmittel nötig: In
diesem Fall müsst ihr als Non-Profit einen Teil eurer Projektkosten selbst aufbringen,
um überhaupt Unterstützung beantragen zu können.
3. Satzungsmäßige Einschränkungen beachten
Fast jede Stiftung hat satzungsmäßige Einschränkungen,
die ihr Entscheidungsgremium bei der Bewilligung von Fördergeldern
berücksichtigen muss.
Hier sind einige davon – sie gelten natürlich nicht alle
gleichzeitig;
- Baumaßnahmen und Betriebsausstattung
- laufende Personalkosten
- Verwaltungskosten
- Projekte, die schon begonnen haben oder abgeschlossen sind
- Projekte von öffentlichen Trägern oder gewerblichen Organisationen
- Projekte, die nicht gemeinnützig sind
- Einzelfallhilfen (z. B. Stipendium, Therapiekosten …)
- Veranstaltungen (z. B. Ausstellungen, Stadtteilfeste, Ferienfreizeiten …)
- Veröffentlichungen (Print, Videos, Podcasts …)
- Projekte, die nicht nachhaltig sind (ohne Anschlussperspektive)
- Projekte, die nicht in Deutschland durchgeführt werden
Tipp: Lieber
ein Mal mehr direkt nachfragen, um einen passgenauen Projektantrag
auszuarbeiten! Für die meisten sozialen Projekte wird vor allem
Arbeitskraft gebraucht.
Gerade Personalkosten
finanzieren viele Stiftungen allerdings nur eingeschränkt oder überhaupt nicht.
Das liegt daran, dass eine solche Förderung weniger “greifbar” ist als andere
Formen der Unterstützung.
Die Stiftungen müssen ihr Engagement schließlich auch
für ihre eigene Kommunikation und Außendarstellung verwerten. Das ist mit der
Komplettfinanzierung einer Veranstaltung oder baulichen Investitionen viel
leichter möglich als mit den laufenden Gehaltskosten einer Sozialarbeiterin
oder eines Grundschullehrers.
Wenn ihr die Förderung von Personalkosten
beantragen wollt, dann prüft genau, bei welcher Stiftung das generell möglich
ist.
4. Gute Argumente: So überzeugt euer Vorhaben!
Warum verdient gerade euer Projekt, gefördert zu
werden? Um von einer Stiftung Geld zu bekommen, müsst ihr die Entscheider*innen
überzeugen – von eurer Idee, eurem Team, eurem ganzen Projekt. Sie möchten
möglichst sicher sein, dass euer Vorhaben gelingen wird.
Niemand wirft gern Geld aus dem Fenster – auch
Stiftungen nicht. Wer überzeugende Wirkungsbelege
vorweisen kann, hat daher im Wettstreit um Fördergelder erhebliche Vorteile.
Sie haben ein größeres Gewicht als sämtliche idealistischen Pläne.
An
Idealismus mangelt es im sozialen Bereich normalerweise nicht, an
dokumentierter Wirkung dagegen schon. Viele kleine Initiativen haben keine
Belege ihrer erfolgreichen Arbeit, weil ihnen nicht bewusst ist, was für ein
starkes Argument für die Fördermittelwerbung sie sind.
Eine Stiftung möchte zum Beispiel wissen:
- Inwiefern habt ihr in früheren Projekten mit ganz konkreten Aktivitäten die Situation oder das Lebensumfeld eurer Zielgruppe verändert?
- Welche Maßnahmen führt ihr in laufenden, ähnlich gelagerten Projekten durch, und welche Wirkung erzielt ihr damit?
- Woran macht ihr fest, dass eure Zielgruppe aufgrund dieser Aktivitäten ihr Handeln oder ihre Fähigkeiten verändert hat?
Dabei unterscheidet man zwischen Output und Outcome. Outputs sind alle Leistungen, die ihr in einem bestimmten Zeitraum erbracht habt. Sie sind in der Regel leicht mess- oder zählbar: die Anzahl der Workshops für Berufsrückkehrerinnen, der Vorträge zum Klimaschutz oder der gebohrten Brunnen in Malawi. Die Wirkung – der Outcome – ist schwieriger zu fassen. Damit sind die Veränderungen gemeint, die ihr bei eurer Zielgruppe, in ihrem Lebensumfeld oder in der Gesellschaft erzielt habt. (Zum Weiterlesen: ” Output, Outcome & Co. – was ist eigentlich soziale bzw. gesellschaftliche Wirkung?“)
Die obigen Beispiele lassen sich in Bezug auf ihre Wirkung bzw. ihren Outcome so fortführen: Wie viele Frauen haben nach euren Workshops den Wiedereinstieg in den Beruf geschafft? Inwiefern haben eure Vorträge ein stärkeres Engagement für den Klimaschutz im Stadtteil bewirkt? Wie hat sich das Leben der Menschen verändert, die in ihrem Dorf jetzt Zugang zu sauberem Wasser haben?
Es geht darum, diese Auswirkungen systematisch darzustellen. Das bedeutet eine Weiterentwicklung eures Vereins – hin zu einem effektiven, transparenten Projektmanagement. Wie man eine Wirkungslogik entwickelt und plausible Wirkungsbelege erzeugt, beschreiben wir an anderer Stelle ausführlich.
Viele Organisationen nutzen ihren Jahresbericht, um zu beschreiben, welche Veränderungen sie in Beispielprojekten erreicht haben.
Zum Beispiel so: “Rund 70 Prozent der Berufsrückkehrerinnen haben im Jahr nach ihrer Workshopteilnahme eine Stelle gefunden oder eine Weiterbildungsmaßnahme begonnen.” Oder: “Seit die Menschen in Chingalire sauberes Trinkwasser aus dem dorfeigenen Brunnen schöpfen können, besuchen 40 Kinder regelmäßig die örtliche Grundschule. Vorher mussten sie für ihre Familien jeden Tag Wasser holen und waren zu Fuß bis zu 20 Kilometer unterwegs.”
Tipp: Social Reporting Standard als Vorlage verwenden
Mit solchen Wirkungsbelegen liefert ihr handfeste Informationen, was eure Arbeit tatsächlich verändert. Neben quantitativen Aussagen geht es bei der Erfolgsmessung auch um Bewertungen von Projektbeteiligten und eurer Zielgruppe, die ihr in Abschlussdiskussionen, Interviews, Feedback-Auswertungen oder Fragebogenaktionen abfragen könnt.
Interne Erhebungssysteme und Evaluationen sind ebenfalls aussagekräftige Wirkungsbelege. Gerade kleinere Organisationen nutzen häufig den Social Reporting Standard (SRS), um den eigenen Outcome zu erfassen und übersichtlich darzustellen. Er liefert eine einfache Vorlage für einen wirkungsorientierten Jahresbericht.
5. Transparenz und Nachhaltigkeit
Neben der nachgewiesenen Wirkung zählt häufig
Transparenz zu den Kriterien, nach denen Stiftungen förderungswürdige Projekte
auswählen. Sie möchten wissen, mit wem
sie es zu tun haben, wenn sie über die Vergabe von Fördermitteln
entscheiden. Deshalb ist es hilfreich, wenn ihr euch über euren Projektantrag
hinaus überzeugend präsentiert – zum Beispiel auf euren Webseiten, in einer
kleinen Broschüre oder auf einem Datenblatt, das die wesentlichen Fakten zu
eurem Verein und einen Überblick über wichtige Projekte liefert.
Folgende Fragen solltet ihr
beantworten:
- Wie definiert sich euer Verein?
- Wie ist er entstanden?
- Wer steckt dahinter?
Erfahrung ist immer ein Pluspunkt. Vielleicht habt ihr
in Vorgängerprojekten bereits Kontakte geknüpft und Strukturen aufgebaut, auf
die ihr für das geplante Projekt zurückgreifen könnt? Verfügt ihr über
Qualitätsmerkmale wie Spendensiegel oder Referenzen von Kooperationspartnern
oder staatlichen Stellen?
Macht der Stiftung alles zugänglich, was Vertrauen in
eure Fähigkeiten schafft, das angefragte Kapital nutzbringend für eure
Zielgruppe einzusetzen.
Abhängig vom Bereich, in dem ihr euch engagiert, ist
Nachhaltigkeit ein weiteres Argument bei der Fördermittelvergabe. Um beim
Brunnen-Beispiel zu bleiben: Ihr müsst glaubhaft machen, dass die Anlage nicht
innerhalb von zwei Jahren versandet, sondern nach der Übergabe an die
Dorfgemeinschaft oder die lokalen Behörden weiter betrieben und instandgehalten
wird – und die Investition somit vielen Menschen zugutekommt.
Nachhaltige Maßnahmen stärken den
Selbsthilfewillen und die Eigeninitiative der Menschen vor Ort und
vermeiden negative Auswirkungen wie Umweltschäden so weit wie möglich.
Langfristige Zusammenarbeit anstreben
Wenn ihr Projekte plant, die langfristig angelegt sind, dann eröffnet euch das die Möglichkeit, regelmäßig mit einer Stiftung zusammenzuarbeiten. Viele Geber*innen fördern gern Projekte und Organisationen, mit denen sie bereits gute Erfahrungen gesammelt haben. Dadurch habt ihr gute Chancen, dass euer Antrag berücksichtigt wird, wenn erneut Finanzierungsbedarf besteht, weil ihr beispielsweise euer bewährtes Workshopangebot erweitern wollt.
Letzter Check vor der Antragstellung
- Passt euer Vorhaben zur Stiftung?
- Nimmt die Stiftung derzeit überhaupt Anträge an?
- Falls ja, formlos oder ausführlich? Per Web-Formular oder per E-Mail?
- Könnt ihr telefonisch weitere Informationen einholen oder einen persönlichen Kontakt herstellen?
- Welche Maßnahmen fördert die Stiftung und in welcher Höhe?
- Was kann nicht gefördert werden?
- Gibt es Ausschlusskriterien?
- Könnt ihr gute Argumente liefern, warum gerade euer Projekt eine Förderung verdient?
- Habt ihr aussagekräftige Wirkungsbelege aus vergleichbaren Projekten?
- Ist eure Selbstdarstellung geeignet, Vertrauen zu schaffen?
Und so geht es weiter
Nach einigen Wochen bekommt ihr eine Mitteilung der
Stiftung: Euer Antrag wurde bewilligt oder abgelehnt.
Über ihre Entscheidungen
sind Stiftungen niemandem Rechenschaft schuldig. Falls bei einer Absage nicht
ausdrücklich darum gebeten wird, von Rückfragen abzusehen, dürft ihr ruhig
nachfragen, warum euer Projektantrag durchgefallen ist. Mit diesem Feedback
verbessert ihr eure Chancen für künftige Anläufe. Eine Ablehnung ist nämlich
kein Grund, sich zu einem späteren Zeitpunkt nicht erneut um eine Förderung zu bewerben.
Absage? Nicht entmutigen lassen!
Es kann viele stiftungsinterne Gründe geben, die zu
einer Absage führen: ein ausgeschöpftes Budget, eine Schwerpunktverlagerung
oder die große Konkurrenz an Förderanfragen. Mit einem sorgfältig ausgearbeiteten, individuellen Antrag steigen die
Chancen auf finanzielle Unterstützung aber enorm – insbesondere denen
gegenüber, die Standardanfragen wahllos durch die Gegend schicken.
Hat man eine
Zusammenarbeit angestoßen und ein erstes Projekt erfolgreich abgewickelt, sind
die Chancen für eine weitere Förderung meist sehr gut. Denn: Über Projektanträge entscheiden Menschen.
Weiterführende Infos
- Stiftungs-Datenbank des Bundesverbands Deutscher Stiftungen
- Stiftungsverzeichnis für Nordrhein-Westfalen
- Stiftungsverzeichnis für Bayern
- Social Reporting Standard (SRS), eine einfach nutzbare
Vorlage für einen wirkungsorientierten Jahresbericht
Dieser Beitrag wurde ermöglicht mit Mitteln der Deutschen Postcode Lotterie. Danke!
Autorin: Ann Yacobi