Wenn sich Bad News nicht vermeiden lassen, sollten diese in angemessener Weise kommuniziert werden. Tipps aus der Alltagspraxis
Schlechte Botschaften überbringen
Am Anfang steht ein Trumpf: Du hast einen Informationsvorsprung. Du weißt etwas, dass dein Gegenüber (noch) nicht weiß. Diesen Vorteil solltest du nutzen, etwa in dem du die Schlechte-Nachrichten-Überbringe-Situation aktiv gestaltest, anstatt passiv zu reagieren.
Eine solche Situation aktiv zu gestalten – sie zu lenken – heißt, dass du die Fragen und Vorwürfe antizipierst, die dich in dieser oder ähnlicher Form erwarten, und dich entsprechend vorbereitest:
- Wie konnte es denn zu dieser Situation kommen?
- Warum ausgerechnet jetzt? War das denn nicht schon früher absehbar?
- Wie geht es weiter? Was passiert jetzt? Welche Auswirkungen hat das? Welche Konsequenzen für wen?
Anzunehmen ist, dass dieses Gespräch in einer eher unentspannten Atmosphäre stattfindet. Empfehlenswert ist es daher, diese Situation nicht zusätzlich zu befeuern, indem du auf naheliegende Fragen keine Antworten geben kannst oder wichtige Informationen zum IST-Zustand erst umständlich zusammensuchen musst.
Vielmehr lohnt es sich, wenn du vorab alle Infos eingeholt und relevante Daten griffbereit hast. Es versteht sich von selbst, dass sämtliche Informationen und Daten verständlich aufbereitet sind, verständlich vor allem für dein Gegenüber, das sehr wahrscheinlich weit weniger tief in der Materie drinsteckt als du.
Du solltest nicht der Versuchung erliegen, schlechte Nachrichten sofort mit guten Botschaften ein bisschen weniger schlimm machen zu wollen. Dein Gegenüber ist nicht dumm, und du riskierst, dass deine vielleicht zu positiv konnotierten Lösungsideen von der anhaltenden schlechten Laune der Gesprächspartnerin überlagert werden. Daher: Überbringe deine Botschaft kurz und präzise. Schildere das Problem chronologisch, benenne Ursachen und Konsequenzen, ohne dich in weitschweifigen Details zu verlieren.
Gegenüber Förder*innen oder Projektpartner*innen kann im Vorfeld auch das erneute Studium der Vereinbarungen lohnen:
- Welche Ziele, Inhalte, Fristen, Kosten etc. waren verabredet und dokumentiert?
- Drohen Vertragsstrafen, Fördermittelrückzahlungen etc.?
- Ergeben sich Folgeprobleme für dich, die Organisation, das Projekt?
- Welche Auswirkungen haben die schlechten Nachrichten auf dein Gegenüber? Gerät dieser unverschuldet in einen Schlamassel? Drohen Verzögerungen, weil dein Gegenüber womöglich nun ebenfalls schlechte Nachrichten an eine dritte Partei überbringen muss?
Verantwortung übernehmen bedeutet in diesem Fall, nicht nur die Ursachen, sondern auch alle (!) Konseuquenzen zu betrachten, auch solche, die nicht nur einen selbst betreffen. Verantwortung übernehmen heißt übrigens auch, dass du mittlere Schwierigkeiten von richtigen Katastrophen unterscheiden kannst und weißt, in welchen Fällen die Förder- und Projektpartner*innen eingebunden werden sollten und wann nicht.
Warum und wieso gibt es Verzögerungen?
Der brisante Teil einer Ankündigung, dass ein Projekt schleppend läuft und Termine gerissen werden, ist meistens weniger die Verzögerung an sich, sondern der Umstand, dass solche Dinge erst viel zu spät im Nachhinein kommuniziert werden (weil du insgeheim die ganze hoffst, alles würde sich doch noch im Guten fügen, was in 100% aller Fälle ein Trugschluss ist).
Daher: Sobald du absehen kannst, dass sich Fristen nicht halten lassen, Budgets gerissen oder Ziele verfehlt werden, solltest du das ankündigen. Natürlich kann so eine Ankündigung, je nach Tragweite, bereits einen kommunikativen Spagat erfordern. Aber wenn alle Beteiligten frühzeitig informiert sind, lässt sich das Projekt noch korrigieren – und du ermöglichst deinem Gegenüber, sich ggf. selbst einbringen zu können, und sei es nur durch seine Zustimmung zum “Weiter so!”.
Wie viel kostet es denn mehr?
Kein Drumherumreden, bitte. Gefragt ist eine Summe, maximal konkret, die sich aus nachvollziehbaren Einzelposten zusammensetzt. Kurz, präzise, schnörkellos.
Und warum kostet es mehr, wo sind denn die Ressourcen hin?
Auch hier: Sei so konkret wie möglich. Erläutere schlüssig, warum die IST-Situation nun eine andere ist als ursprünglich gedacht: Du musstest ein Ziel neu planen, jemand musste neu einstellt werden, jemand wurde unerwartet krank, Dinge sind plötzlich teurer als gedacht, die Kommunikation eines Angebots erfordert mehr Aufwand etc.
Aber: Vermeide es, die Schuld bei anderen zu suchen. Beschönige nichts, bleibe ehrlich und stiehl dich nicht aus der Verantwortung.
Solltest du die Komplexität eines Projekts unterschätzt haben, erkläre schlüssig, warum das Ausmaß der Komplexität nicht schon vorher deutlich war. Sollte sich dabei herausstellen, dass es dir oder deiner Organisation schlicht an bestimmten Kompetenzen mangelt, und die Verzögerung darauf zurückzuführen ist, bitte dein Gegenüber um Unterstützung oder Netzwerkhilfe.
War das nicht alles längst absehbar?
Ja nun. Wenn die Zielgruppe nicht im erhofften Ausmaß erreicht wird, die Konkurrenz zu groß ist oder die Planung zu optimistisch angelegt wurde, sind das zwar unschöne Fehler, aber keine, die ausschließlich du zu verschulden hast. Auch die beste Bedarfs- und Umfeldanalyse fußt auf Unwägbarkeiten und birgt Risiken. Erkläre am besten, in welchem Aspekt das konkrete Problem besteht, warum du das Risiko XY seinerzeit ausgeschlossen hast und wie du all das künftig zu lösen gedenkst. Sofern es etwa an unscharfen Zielen lag, könnte eine Lösung darin bestehen, die Projektziele zu schärfen.
Zentral ist es, dass nicht nur über Probleme, sondern auch über Lösungen gesprochen wird. “Ich habe Ziel XY bislang nicht erreicht – mithilfe der Maßnahmen A, B und C wird sich das ändern.”
Das Projekt geriet aus dem Blick?
Passiert häufig, und vor allem bei umfangreichen oder lang laufenden Projekten; Projekten mit vielen Beteiligten oder welchen, die irgendwie wichtig sind, aber nie so wichtig, dass sie oberste Prio besitzen.
Erliege daher gar nicht erst der Versuchung, andere in die Pflicht zu nehmen. Erstelle einen neuen Zeitplan, und zwar einen, der die bisherigen negativen Learnings konstruktiv einbezieht und einen lösungsorientierten Ausblick mit maximaler Verbindlichkeit bietet.
Gibt es Alternativen?
Nichts ist alternativlos. Es gibt immer eine Alternative, auch wenn diese meist mit zeitlichen und finanziellen Mehraufwänden verknüpft ist. Wenn dein Gegenüber dich fragt, welche Optionen zwischen “Projekt einstampfen” und ”Projekt dauert länger bzw. wird teurer” es gibt, solltest du eine parat Antwort haben, welche 2-3 realistischen Möglichkeiten es gibt und welche Mehraufwände sich daraus jeweils speisen.
Führt die Alternative zu einer längeren Projektdauer, kannst du überlegen, an welchen Stellen sich Ressourcen wiedergutmachen lassen – so wird deutlich, dass du aktiv nach Einsparpotenzialen suchst und nicht nur nach mehr Zeit verlangst.
Nachricht überbringen
Das Mindeste, dass dein Gegenüber erwarten darf: dass du ihn persönlich informierst, und zwar direkt. E‑Mails oder gar Whatsapps stellen eine Einbahnkommunikation dar und sind völlig ungeeignet. Dein Gegenüber kann nicht unmittelbar reagieren und fühlt sich gegebebenfalls schon deswegen verschaukelt.
Bad News sollten zum Gesprächseinstieg angekündigt werden, dann kann sich dein Gegenüber eher wappnen. Wie sehr sich dein Gegenüber wappnen muss und wie lange das dauert, kannst du erahnen, wenn du dich in seine Lage versetzt: Wie würdest du anstelle deines Gegenüber auf diese schlechte Nachricht reagieren?
Manche Gegenüber sind geübt im Verdauen schlechter Nachrichten. Solche Profis werden rasch mit dir gemeinsam über Lösungen nachdenken wollen. Wahrscheinlicher aber ist es, dass dein Gegenüber erstmal die Schuldfrage klären möchte. Wenn du das Problem verursacht hast, stehe dazu, das kürzt den negativen Teil ab – und ihr könnt schneller in die Lösungsfindung einsteigen.