Ein Vorhaben oder eine Projektidee kann auf den ersten Blick trivial wirken, in der Umsetzung dann aber erhebliche Schwierigkeiten bereiten. Wir geben Tipps, wie du dich schon frühzeitig auf alle Eventualitäten vorbereiten kannst.
Und wenn was schiefgeht?
Gerade bei
umfangreicheren Vorhaben ist es gut, sich bereits vorab Gedanken darüber zu machen,
wie typische Fehler verhindert werden können. Umso besser, wenn du bereits zu
Beginn eines Vorhabens eine Vorstellung hast, womit du plötzlich auftretenden
Schwierigkeiten richtig begegnen kannst. Mit ein wenig Vorbereitung lassen sich
mögliche Risiken und Hindernisse herausfinden, um dich für das geplante Projekt
zu wappnen.
Eine einfache
Risikobetrachtung in drei Schritten ist auf jeden Fall besser als ein Blindflug,
der schlimmstenfalls im Chaos enden kann.
Viele Köche verderben den Brei
Das Sprichwort bringt es auf den Punkt: Je mehr Personen an einem Projekt beteiligt sind, desto schwieriger ist es …
- sich mit allen darüber abzustimmen, wer wann was tun muss
- den Überblick zu behalten, was gerade passiert, oder
- die Fäden zusammenzuhalten, um sich nicht zu verfransen.
Und das ist nicht die
einzige Herausforderung, die sich ergibt, wenn du eine gute Idee in die Praxis
umsetzen möchtest.
Für die hier vorgestellte
Risikobetrachtung ist tatsächlich kein großer Aufwand nötig, wenn du die folgenden
Schritte beherzigst.
Schritt 1: Trage alle wichtigen Fakten zusammen
Um Risiken adäquat
einschätzen zu können, musst du zunächst verstehen, an welchen Stellen Risiken überhaupt entstehen
können.
Trage also im ersten Schritt
alle Informationen zusammen, die das Projekt beschreiben: Notiere Ziele,
Meilensteine, Namen der Beteiligten, einzelne Inhalte des Projektes.
Beispiel: Du möchtest mit
einigen Mitstreiter*innen im Sommer einen Aktionstag veranstalten. Euer Ziel ist
es, Asthma-Patient*innen bei Fragen zu Diagnose und Therapie zu beraten. Hierfür
plant ihr einen Aktionstag
mit abwechslungsreichem Programm, in Zusammenarbeit mit einer örtlichen Krankenkasse.
Existiert eine Projektskizze, so ist in dieser bereits alles, was du brauchst,
schriftlich festgehalten.
Hast du keine Projektskizze, beantworte die folgenden Fragen, am
besten schriftlich:
- Wer ist alles
am Projekt direkt beteiligt? – Das kann dein eigenes Team sein, eine andere Organisationen, Unternehmen, kommunale
Einrichtungen, freiwillige (ehrenamtliche) Helfer, Selbsthilfegruppen,
medizinische Einrichtungen der Region und so weiter.
Im Beispiel wäre das die regionale AOK, eine Selbsthilfegruppe, die du leitest, der Verband, dem diese Gruppe angehört sowie du und deine fünf Mitstreiter*innen.
- Wer
unterstützt das Vorhaben personell und finanziell?
– Das ist möglicherweise nur deine eigene Organisation, vielleicht aber auch Förder-Partner*innen,
externe Geldgeber und Sponsor*innen, Behörden, Institutionen.
Im Beispiel könnte das eine frühzeitig beantragte Förderung aus einem regionalen Fördertopf für Selbsthilfegruppen sein, eine Unterstützung mit Sachmitteln durch den Verband (Flyer, Broschüren, sowie ein finanzieller Zuschuss) und die AOK, die Räumlichkeiten und Personal für den Aktionstag bereitstellt.
- Wie viele
Personen arbeiten zusammen, um das Vorhaben umzusetzen (und wo sind diese
angesiedelt)?
Im Beispiel du selbst, die fünf Personen aus der Selbsthilfegruppe (ehrenamtlich) sowie ein Ansprechpartner der AOK.
- Von welchen Gegebenheiten
bzw. von wem ist die Umsetzung der Idee abhängig?
– Dazu zählt die Zustimmung bzw. Genehmigung von Behörden, etwa bei einer Freiluft-Veranstaltung,
die Verfügbarkeit von Räumlichkeiten, oder auch die Abhängigkeiten von
Lieferantinnen oder Projektpartnern, die einen wichtigen Beitrag leisten.
Im Beispiel ist das der zugehörige Verband, die AOK und die regionalen Medien, die das Event ankündigen und bekanntmachen sollen.
- Welcher
Zeitrahmen wird angesetzt?
– Zeitrahmen meint die Laufzeit, bis wann das Vorhaben abgeschlossen sein soll – also
die Zeitspanne vom Projektauftakt bis zum Ende einer Veranstaltung. Vielleicht
gibt es auch mehrere Umsetzungsschritte, die aufeinander aufbauen – dann sind
die jeweiligen Etappen-Zeiträume bis zur Zielerreichung die Antwort.
Im Beispiel beginnt die Planung im September des Vorjahres, der Termin der Veranstaltung selbst ist Ende April – also sieben Monate zwischen Auftakt und Aktionstag.
- Wie stehts um
die Finanzen?
– Damit ist gemeint, wie viel etwa Sponsorinnen oder Förderer bereitstellen und
welche Mittel ihr selbst einbringt. Wird es ein festes Budget für das Projekt
geben? Welche Kosten stehen im Raum? In wessen Verantwortung liegt es, Gelder zu
verwalten, freizugeben, abzurechnen? Wer muss später Rechenschaft ablegen?
Im Beispiel setzt sich das Budget zusammen aus der beantragten Fördersumme und einem festen Zuschuss des Verbandes. Die Förderin erwartet eine Abrechnung mit Mittelverwendungsnachweisen.
Fällt dir noch etwas
anderes Wichtiges ein, das zum Projekt gehört, nimm es mit auf. Notiere
dir, welche Informationen noch ungeklärt sind und dringend gebraucht werden – denn auch ein Informationsdefizit kann ein
Risiko sein!
Hast du alle wichtigen Informationen beisammen, geht es in die nächste Runde:
Schritt 2: Identifiziere etwaige Risiken
Mit Sicherheit hast du bereits
im ersten Schritt schon einige Risikofaktoren entdeckt, die du anfangs nicht auf dem Schirm hattest.
Im zweiten Schritt besprecht ihr gemeinsam im Team, was möglicherweise nicht
ganz so glatt laufen könnte wie geplant und an welchen Stellen Stolperfallen lauern. Der Austausch mit anderen Beteiligten ist zu diesem Zeitpunkt besonders wichtig, weil verschiedene Blickwinkel auch mehr potenzielle Risiken identifizieren. 5-7 Personen aus verschiedenen Zustndigkeitsbereichen sollten ausreichen.
Ein Brainstorming zu
Beginn kann sehr aufschlussreich sein, denn jede*r bringt eine eigene und wertvolle Sicht
der Dinge mit: Die eine achtet mehr auf Terminfragen, der andere eher
zwischenmenschliche Konflikte, die entstehen können, und technisch orientierte
Personen sehen die fachlich-inhaltlichen Herausforderungen.
Wichtig
dabei ist, dass ihr strukturiert vorgeht und euch wirklich auf die Risiken konzentriert, und weniger auf das, was auch noch irgendwie irgendwann mal geklärt werden sollte. Unter Umständen hilft euch dabei der Action Learning Cycle, den wir hier beschreiben.
Zu Beginn stellst du die Daten
aus Schritt 1 – also im Grunde die Projektidee – allen Beteiligten kurz vor.
Die
ersten Fragen, die ihr daran anknüpfend gemeinsam beantworten sollt, lauten:
- Worauf sollten wir besonders achten? Welche Eckpunkte sind entscheidend, welche Schnittstellen besonders fragil oder sensibel?
- Haben wir Bauchschmerzen bei einem bestimmten Thema oder Sachverhalt?
- Was darf auf gar keinen Fall passieren? Was wäre der worst case?
- Welche Umstände verkomplizieren den Projektablauf unnötig?
- Welche Ziele sind besonders wichtig für den Projekterfolg und welche davon bergen Risiken?
Auf diese Weise kommen Erfahrungen
und Befürchtungen zur Sprache. Jede Meinung zählt! Denn zunächst mal kommt es darauf an, alle Informationen, Ansichten, Ängste und Annahmen zu sammeln.
Um danach strukturierter
vorzugehen, arbeitet ihr diese Frageliste der Reihe nach ab:
- Mitarbeiter*innen im Projekt: Haben wir genügend Ressourcen? Können wir selbst über wichtige Themen entscheiden – oder sind wir von jemanden abhängig? Haben wir genügend Zeit für die Aufgaben? Können wir das, was wir für die Umsetzung brauchen, selbst stemmen? Was geschieht, wenn Schlüsselpersonen ausfallen oder es zu viele andere Aufgaben nebenbei gibt?
- Unterstützer*innen und Projektbeteiligte (auch indirekt Beteiligte): Wie viele Organisationen und Personen sind beteiligt? Gibt es untereinander Abhängigkeiten, die berücksichtigt sein sollten? (Achtung: Abhängigkeiten erhöhen die Komplexität eines Vorhabens teils enorm!) Könnt ihr die Koordination alleine stemmen? Kann jemand querschießen oder ein Veto einlegen, wenn Bedenken auftreten?
- Finanzielle Mittel: Können wir schätzen oder berechnen, wie viel Geld wir benötigen? Reicht das Budget realistisch aus? Gibt es einen Puffer für Unvorhergesehenes? Kann es sein, dass der Geldhahn zugedreht wird? Liegt die Entscheidung über die Finanzen bei uns selbst? Was kann zu finanziellem Mehraufwand führen? Was passiert, wenn wir mehr brauchen als gedacht?
- Termine: Wer oder was kann Verzögerungen verursachen – müssen Zuschüsse beantragt, Genehmigungen eingeholt werden etc.? Ist der Zeitrahmen realistisch? Können wir das überhaupt sicher abschätzen? Kennen alle Beteiligten die Timeline und Etappentermine?
Vorsicht, die Fülle der Fragen und Antworten bieten die Gefahr, sich schnell zu verzetteln: Versucht also, nicht über jedes nur irgendwie denkbare Risiko im Detail zu
sprechen, sondern ein, zwei zentrale Risiken einzukreisen und aus diesen heraus weitere zu
identifizieren. Es geht in erster Linie darum, herauszufinden was theoretisch alles
passieren könnte.
Empfehlenswert ist es, eine strukturierte Liste aller Risiken
zu erstellen – die sich dann im weiteren Projektverlauf jederzeit prüfen lässt.
Schritt 3: Betrachtet nur die realistischen Risiken
Jetzt wird es spannend,
denn nun kommt es auf eure Einschätzung an. In diesem Schritt trennt sich die
Spreu vom Weizen: Betrachtet jedes Risiko einzeln
und filtert die realistischen Risiken heraus. Der mögliche Absturz eines Asteroiden ist
nicht anzunehmen, dass euch unterwegs das Geld ausgeht, ist deutlich
wahrscheinlicher. Die weniger wichtigen
Risiken können bei dieser ersten Risikobetrachtung beiseite gelegt werden.
Für die offenkundigen Fälle
lohnt sich die folgende genaue Betrachtung:
- Was sind mögliche
Ursachen, dass es schieflaufen kann? Was könnten wir vorsorglich unternehmen?
Im Beispiel mit dem Aktionstag ist eines der Risiken, dass aufgrund parallel stattfindender Konkurrenzveranstaltungen zu wenige Besucher*innen kommen könnten. Eine präventive Maßnahme könnte sein, den Veranstaltungskalender zu prüfen und den Termin in eine günstigere Zeit zu legen. - Für welche Risiken benötigen wir einen Plan B – zum Beispiel ein zweiter Lieferant, falls der Wunschkandidat ausfällt oder ausgebucht ist?
Im Beispiel steht ein Ersatzreferent aus dem eigenen Team bereit, falls einer der angefragten Referent*innen kurzfristig absagen sollte. - Welche Kontrollpunkte sollten wir einbauen, um Schwierigkeiten frühzeitig entdecken zu können? – Etwa eine detaillierte Aufgabenliste, regelmäßige Statusbesprechung, monatliche Budgetkontrolle etc.
Im Beispiel sind regelmäßige Treffen des Projektteams angesetzt, um die Fortschritte und den Status zu besprechen – zunächst einmal im Monat, in den letzten beiden Monaten dann wöchentlich.
Risiken betrachten schweißt zusammen
Mit den gewonnenen Erkenntnissen habt ihr einen wichtige Hürde bei der Planung eures Vorhabens genommen. Positiver Nebeneffekt: die Beteiligten bringen sich mit all Ihren Erwartungen, Bedenken oder Ängsten ein – das ist nicht nur wichtig für die Zusammenarbeit, sondern erhöht auch die Erfolgsschancen der Projektidee.
Ein Tipp zum Schluss: Ändern sich die Rahmenbedingungen für euer Vorhaben, setzt einfach eine neue Risikobetrachtung an und berücksichtigt, wie sich die Änderungen auf das Projekt auswirken.