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Viele Förder*innen grübeln, wie sich Fördergelder möglichst effektiv einsetzen lassen. Dies umso mehr, da überzogene Erwartungen hinsichtlich zu erwartender Wirkungen laut werden.

Viele Förder*innen legten lange Zeit lediglich Wert darauf, dass ihr Geld sozialen Zwecken zugute kam. Was mit dem Geld tatsächlich geschah, welche Wirkung der Einsatz erzielte, schien nachrangig.

Diese Scheckbuch-Philanthropie ist über die Jahre einem modernen Verständnis des Förderns gewichen: Fördermittel sollen nicht mehr nur irgendwie eingesetzt werden. Sondern sie sollen dabei auch gesellschaftliche Wirkungen erzielen, und zwar solche, die sich nachweisen und belegen lassen.

Doch die Frage, wie sich Mittel möglichst effektiv einsetzen lassen, überfordert Förder*innen und Organisationen gleichermaßen. So brechen sich Mythen und Irrtümer Bahn, die wir an dieser Stelle einfangen möchten.

1. Irrtum: Fördern ist eine reine Vernunftentscheidung

In der Debatte über effektive Fördermittelvergabe gehen manche Stimmen soweit, Emotionen bei der Förderentscheidung gänzlich zu verteufeln. So ein Vorgehen wäre natürlich stark übertrieben.

Effektivität und persönliche Vorlieben schließen sich keineswegs aus, im Idealfall sind beide eng miteinander verknüpft. Genauso wenig, wie es reicht, dass es einem beim Spenden so schön warm ums Herz wird, wird es sozialen Projekten gerecht, sie ausschließlich anhand von Kennzahlen zu bewerten.

Daher: Förderentscheidungen sollten mit Herz UND Verstand getroffen werden. Beides ist gleichermaßen wichtig!

Es ist nicht sinnvoll, dass eine Organisation aus dem Kultur- und Bildungsbereich keine Personalförderung erhält. Es gibt zwar Förderprogramme, aber die richten sich ausschließlich an Organisationen, die mindestens in drei Bundesländern aktiv sind. –Nina Vishnevska, Kulturzentrum GOROD / GIK e.V.

2. Irrtum: Der Nutzen allein bestimmt die Förderentscheidung

Natürlich: Wer Gutes bewirken will, sollte seine Förderentscheidung auch danach treffen, ob und wem das Projekt tatsächlich nützt. Eine Förderentscheidung, die auf eine bestimmte oder gar definierte Wirkung für Mensch und Natur abzielt, ist einer, die allein aus guter Absicht heraus getroffen wird, immer überlegen.

Insofern ist bei der Förderentscheidung relevant, ob und wie sich der Nutzen des Projekts ermitteln lässt:

  • Welche gesellschaftlichen, sozialen etc. Wirkungen erzielt das Projekt, welche nicht?
  • Was trägt dazu bei, diese Wirkungen zu erreichen?

Keineswegs sollen und müssen sämtliche Förderentscheidungen durch reine Nutzen-Erwägungen definiert sein; das wäre das Ende von Kunst und Kultur. Allerdings sollten Förder*innen den Nutzen nie aus den Augen verlieren.

Für jede Spende, die wir unerwartet bekommen, da denken wir: Okay, da hat jemand verstanden, worum es uns geht! – Holger Kähler, Videlis Seniorenreisen e.V.

3. Irrtum: Wirkungen müssen sich in Zahlen ausdrücken lassen

Wer seine Förderentscheidung vom sozialen Nutzen des Projekts abhängig macht, braucht dafür Wirkungsbelege. In der Folge werden Organisationen zunehmend mit dem Wunsch nach messbaren Resultaten konfrontiert.

Obgleich dieser Trend zu begrüßen ist, dürfen Zahlen oder monetäre Werte nicht der einzige Maßstab dafür sein, ob eine Förderung erfolgreich ist oder nicht.

Wenn Förder*innen nach Arbeits- und Wirkungsbelegen fragen, setzen sie besser auf eine gesunde Mischung aus quantitativen und qualitativen Ergebnissen. Der Wert guter Projektarbeit lässt sich auch erkennen, wenn ihr kein Preisschild umhängt!

4. Irrtum: Eine Förderung sollte maximal effektiv sein

Eine vielfach gehörtes, überspitztes Motto geht so: Um viel zu bewegen, braucht es ein Maximum an Effektivität. Also werden vor der Förderentscheidung Statistiken, Studien und Benchmarks herangezogen, was durchaus richtig sein kann, weil sie verhindern, dass Förderkonzepte aus dem Bauch heraus entstehen.

Allerdings sollte man nicht dem Irrtum verfallen, dass Statistiken und Benchmarks alles erklären. Sie liefern lediglich Anhaltspunkte; die Wirkung ergibt sich stets aus dem einzelnen Projekt.

Dasselbe gilt, wenn Projekte an Wirkungszielen ausgerichtet und im Anschluss daran bewertet werden. So wichtig die Wirkungsanalyse auch ist: Förder*innen tun gut daran, wenn ihr Förderprogramm nicht bis ins Letzte durchrationalisiert ist. Wirkungsorientierung ist mehr als ein bloßes Preis-Leistung-Verhältnis. Siehe Irrtum 3.

Jede Stiftung hat andere Reportingkriterien und möchte andere Informationen, die jeweils unterschiedlich aufbereitet sind. Das kostet viel Zeit.– Thomas Müller-Schöll, Schützer der Erde e.V.

5. Irrtum: Gesellschaftliche Veränderungen sind das Maß aller Dinge

Vielen Förder*innen ist es zu wenig, nur die Lebenslage einzelner bedürftiger Personen vor Ort zu verbessern. Es müsse doch mehr drin sein, am besten eine gesamtgesellschaftliche Wirkung! Ein Impact!

Nun ist die Vision, etwas am großen Ganzen ändern zu wollen, unbedingt erstrebenswert. Allerdings werden Entwicklungen auf gesellschaftlicher Ebene von vielen Faktoren beeinflusst. Ein kausaler Zusammenhang zwischen Projekt und Impact lässt sich häufig nur schwer und oft auch gar nicht nachweisen. 

Überdies stellen sich gesellschaftliche Wirkungen meistens auch erst nach Jahren oder Jahrzehnten ein. Insofern ist es ratsam, wenn Förder*innen ihre Ansprüche an die Wirkungsreichweite nicht zu hoch zu schrauben.

6. Irrtum: Nur das wirkungsvollste Projekt ist förderungswürdig

Natürlich sollte die Frage, welche Wirkung ein Projekt voraussichtlich erzielen wird, maßgebend sein bei der Förderentscheidung. Vermieden werden sollte allerdings, dass sich daraus ein “Wirksamkeits-Wettbewerb” entspinnt.

Es ist müßig, ewig darüber zu grübeln, ob ein anderes Projekt mit derselben Fördersumme vielleicht noch mehr erreichen kann. So ein Projekt wird es mit Sicherheit irgendwo geben, und sehr wahrscheinlich wird es gerade nicht auffindbar sein.

Entscheidend ist vielmehr die Einsicht, dass es neben dem allerbesten noch viele andere sehr gute Projektansätze gibt.

Das heißt: Förder*innen sollten sich vergewissern, dass ihr Projekt zumindest das Potenzial besitzt, die angestrebten Veränderungen herbeizuführen – es muss dabei aber keinen Rekord aufstellen oder alle anderen abhängen!

7. Irrtum: Förderlücken schließen hat Vorrang

Viele Förder*innen suchen gezielt nach Engagementfeldern, in denen sie Förderlücken vermuten. Das ist grundsätzlich ein sinnvoller Ansatz, sofern er verhindert, dass sich Fördermaßnahmen in einer Region überschneiden oder sogar eine Über-Förderung entsteht.

Das Hauptproblem ist, dass es bei einer Förderung immer um Momentaufnahmen geht. Viel wichtiger aber ist die dauerhafte Stabilität. Darüber nachzudenken, dazu komme ich kaum.– Ata Anat, Rap for Refugees e.V.


Aber: Förder*innen sollten nicht ausschließlich auf die Lücken-Strategie vertrauen. Vielmehr sollten sich Förderentscheidungen aus einem konkreten Bedarf ergeben. Im Ergebnis dieser Bedarfsorientierung kann es wirksamer sein, wenn Förder*innen ein bereits bestehendes Angebot unterstützen, als nach Lücken zu suchen.

8. Irrtum: Eine Anschubfinanzierung muss reichen!

Die meisten Förder*innen äußern den Wunsch, nur eine Anschubfinanzierung leisten zu wollen, und sich hernach anderen Projekten widmen zu können. So erfreulich es ist, wenn sich Frder*innen bereit erklären, vielversprechende Projektideen mit auf die Schiene zu hieven, so irrig ist die Vorstellung, dass der Karren dann von allein rollt, denn das tut er nicht.

Ein gutes Projekt braucht vor allem Verstetigung und dauerhafte Förderung. Förder*innen sollten also eine zu starke Fixierung auf Start-ups und Modellprojekte vermeiden.

Es ist ebenso lohnend, in die Infrastruktur wirksamer Projekte zu investieren. Denn nur durch stetige Zuwendungen können wirksame Projekte richtig Fahrt aufnehmen und Wirkung entfalten.

Fazit

Das Streben nach Wirkung unterliegt keinen Dogmen. Förder*innen allein bestimmen, wie viel Wirkungsorientierung sie dem Förderprojekt zumuten möchte.

Bei vielen Aspekten gibt es kein klares richtig oder falsch – entscheidend ist vielmehr, Fördern als Prozess zu begreifen, der weit über das bloße Geldgeben hinaus reicht. Wer das verinnerlicht, hat den größten Schritt bereits getan!

Dieser Beitrag wurde ermöglicht mit Mitteln der Deutschen Postcode Lotterie. Danke!

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