Dass der Laden läuft, ist noch kein Beleg dafür, dass er auch gut aufgestellt ist. Die häufigsten Governance-Probleme (samt Lösungsideen) für Non-Profits
In den letzten zwölf Jahren haben wir bei PHINEO rund 1.000 Non-Profits jeder Größe und Rechtsform analysiert. Die größten Herausforderungen ergaben sich meist auf Ebene der Governance. Die häufigsten Schwachstellen dokumentieren wir hier – nebst Anregungen, wie ihr Abhilfe schaffen könnt.
Schwachpunkt: Unklare Aufgaben und Kompetenzbereiche
Häufig sind Aufgaben und Kompetenzen der Leitungspersonen sowie die Abläufe von Entscheidungsprozessen nicht klar genug geregelt.
In vielen Vereinssatzungen werden zwar Aufgaben und Entscheidungsbefugnisse des Vorstands benannt und teils auch Ämter wie die der 1. oder 2. Vorsitzenden vergeben. Eine*n “Schatzmeister*in” hingegen sucht man oft vergebens, ebenso wie die Kommunikationsbeauftragte oder den Personalverantwortlichen.
Oft mangelt es auch an einer Geschäftsordnung, die die Leitungsfunktionen benennt und – fast noch wichtiger – untereinander abgegrenzt.
Das könnt ihr tun:
In Leitungsgremien, die aus mehr als einer Person bestehen, sollten Funktionen und Verantwortlichkeiten klar aufgeteilt sein. Ratsam ist, diese Funktionen und Zuständigkeiten konkret zu beschreiben, idealerweise auf die Gremienmitglieder bezogen. Eine Aufteilung in Ressorts wie Finanzen, Personal, Öffentlichkeitsarbeit etc. mag vielleicht übertrieben anmuten, ist aber im Zweifelsfall durchaus sinnvoll.
Die deutliche – und dokumentierte! – Abgrenzung der Kompetenzen ist in vielerlei Hinsicht vorteilhaft: Zum einen fördert sie die Eigenverantwortung der zuständigen Personen, weil jedem klar ist, wofür er/sie zuständig ist und wofür nicht (und Zuständigkeitslücken vermieden werden). Zum anderen begünstigt eine strikte Trennung der Zuständigkeiten die reibungslose Zusammenarbeit der Gremien. Wenn sich alle irgendwie für alles zuständig fühlen, ergeben sich selten effiziente Abläufe.
Vor allem zwischen Leitung und Aufsicht ist eine klare Abgrenzung unverzichtbar. Die Satzung könnte das berücksichtigen, indem sie bestimmte Leitungsentscheidungen von der Zustimmung des Aufsichtsgremiums abhängig macht.
Schwachpunkt: Personelle Überschneidungen
Leitungs- und Aufsichtsgremien sollten grundsätzlich unabhängig voneinander arbeiten. Weithin gelebter Alltag ist es jedoch, dass Vorstandsmitglieder in der Mitgliederversammlung die Stimmenmehrheit besitzen. Wenn sich hierzu noch die Stimmen solcher “Mitglieder” addieren, die beim Verein angestellt und damit vom Vorstand finanziell und rechtlich abhängig sind, ist das Kuddelmuddel perfekt.
Das könnt ihr tun:
Unabhängige Aufsicht bedeutet, dass zwischen den Leitungs- und Aufsichtsgremien keine personellen Überschneidungen oder finanzielle, disziplinarische, familiäre etc. Abhängigkeiten bestehen.
Wenn es sich nicht vermeiden lässt, dass Vertreter*innen eines Aufsichtsorgans von einer Leitungsperson abhängig sind, sollte sichergestellt sein, dass die abhängigen Mitglieder das Aufsichtsorgan nicht dominieren – also keine Stimmenmehrheit bilden etc.
Um Interessenkonflikte auszuschließen, kann eine Satzungsbestimmung sinnvoll sein, wonach Vorstandsmitglieder oder hauptberufliche Mitarbeiter*innen zwar normale Vereinsmitglieder werden können, bei einer Mitgliederversammlung aber kein Stimmrecht ausüben dürfen. (Insbesondere nicht bei absehbaren Interessenkonflikten, etwa der eigenen Entlastung.)
Schwachpunkt: Unklare Vergütung
Nicht die Höhe der Vorstandsbezüge ist ein Problem, sondern deren unklare Regelung.
Erstaunlich viele Vorstände erhalten eine Vergütung, ohne dass diese in der Satzung vorgesehen oder gar geregelt ist. Spielart: Ein Vorstandsmitglied arbeitet hauptamtlich oder auf Honorarbasis für den Verein.
Das könnt ihr tun:
Regelt Vergütungen und verankert sie in der Satzung!
Schwachpunkt: Keine oder eine unvollständige Finanzprüfung
Nur die wenigsten Non-Profits lassen ihre Finanzen durch eine*n unabhängige*n Abschlussprüfer*in kontrollieren. Obgleich in vielen Satzungen Prüfer*innen vorgesehen sind, werden diese dann doch aus Gründen nicht gewählt oder aber sie bleiben untätig.
Je nach Umfang der Einnahmen sollte die Kontrolle entweder durch ehrenamtliche interne Prüfer*innen (“Kassenprüfer*innen”) oder eben durch eine externe Wirtschaftsprüfung vorgenommen werden.
Das könnt ihr tun:
Der Einsatz einer Wirtschaftsprüfer*in ist bereits bei mittelgroßen Non-Profits sinnvoll: Wir raten ab einem Jahresbudget von einer halben Million Euro zu externer Buchprüfung. Wobei die Wirtschaftsprüfer*in den Jahresabschluss nicht nur erstellen, sondern ihn auch wirklich prüfen sollte.
Bei Organisationen, deren Jahresbudget unter einer halben Million liegt, können Kassenprüfer*innen beauftragt werden – im Vertrauen auf das Vier-Augen-Prinzip am besten zwei.
Damit die Finanzprüfung unabhängig vom Zugriff der Leitungspersonen erfolgt, sollte der Auftrag durch das Aufsichtsgremium erteilt und beaufsichtigt werden.
Auf Vereinsebene hieße das: Die Mitgliederversammlung (als Aufsichtsgremium) beauftragt eine*n Kassenprüfer*in, ohne dass der Vorstand hierauf Einfluss nehmen darf. Entsprechend sollte der Abschluss- & Kassenbericht auch der Mitgliederversammlung (als Aufsichtsgremium) vorgelegt werden. Der Vorstand ist bei alledem kein handelnder Akteur.
Schwachpunkt: Keine Aufsicht
Das reguläre, gesetzliche Aufsichtsorgan – etwa die Mitgliederversammlung – erfüllt häufig nicht die Voraussetzungen für eine qualifizierte Aufsicht. Sie tagt zu selten oder aber den Mitgliedern fehlt das notwendige fachliche Know-how. In solchen Fällen ist ein der Größe der Non-Profit angemessenes weiteres Aufsichtsgremium sinnvoll.
Ein solches freiwilliges Aufsichtsgremium ist immer dann ratsam, wenn eine Organisation …
- entweder sehr groß ist oder schnell wächst
- ein ausschließlich hauptamtliches Leitungsgremium besitzt
- über ein reguläres Aufsichtsorgan verfügt, dass nicht unabhängig agiert
Das könnt ihr tun:
Ein Aufsichtsgremium ist nicht nur dazu da, die Leitung zu kontrollieren. Seine Aufgabe besteht auch darin, die Arbeit der Leitung regelmäßig zu hinterfragen, Impulse von außen reinzutragen und somit die Qualitätsentwicklung zu befeuern.
Für Non-Profits kann es also hilfreich sein, zusätzlich zu ihrem regulären, gesetzlich vorgesehenen Aufsichtsorgan – zum Beispiel der Mitgliederversammlung –, ein freiwilliges Aufsichtsgremium einzurichten, etwa einen Beirat. Aus unseren Analysen wissen wir, dass auch kleine Organisationen durch den regelmäßigen Austausch mit zusätzlichen Aufsichtsgremien profitieren – sofern das Gremium mit fachlich kompetenten Personen besetzt ist. Denkbar ist auch, über die Mitarbeit in einem Beirat politische Entscheider*innen, Multiplikator*innen oder Förder*innen an sich zu binden.
Leitung & Aufsicht: Wichtige Parameter für den Erfolg
Es lohnt sich, der strukturellen Verankerung von Leitungs- und Aufsichtsgremien regelmäßig Zeit zu widmen. Denn die Schlagkraft einer Organisation ergibt sich nicht zuletzt aus einer kompetenten Leitung, bei der jeder weiß, was zu tun ist, und einer Aufsicht, die diese Leitung konstruktiv begleitet. Non-Profits sollten daher ein starkes Eigeninteresse daran haben, ihre Governance sauber aufzusetzen.
Übrigens: Mit klaren organisationalen Strukturen lassen sich auch Förder*innen eher überzeugen!