Teil 3 von 4: Öffentliche Fördermittel bringen nicht nur finanzielle Unterstützung, sondern auch klare Vorgaben mit sich. Welche Pflichten auf euch zukommen und wie ihr Stolpersteine vermeidet, erklärt Fördermittel-Expertin Heike Kraack-Tichy mit praxisnahen Tipps.
4-teilige Serie: Neben Spenden und Stiftungen sind öffentliche Fördermittel für viele Non-Profits essenziell. Heike Kraack-Tichy, Geschäftsführerin von emcra – Co-shaping Europe und ehrenamtliche Vize-Vorsitzende des Deutschen Fundraising Verbands, gibt Insider-Tipps.
Welche Verpflichtungen hat meine Organisation, wenn sie öffentliche Fördermittel erhält?
Die wichtigste Verpflichtung besteht darin, das Projekt so umzusetzen und die Mittel so zu verwenden, wie es im Förderantrag steht und bewilligt wurde. Euer Förderantrag wird also zum wichtigsten Bestandteil des Zuwendungsbescheides. Ihr legt damit de facto die wichtigsten Verpflichtungen, die eure Organisation eingeht, selbst fest. Deshalb solltet ihr nur zusagen, was ihr auch einhalten könnt.
Bei umfangreichen Anträgen rate ich zudem, vorab Musterverträge zu studieren. Diese stehen häufig schon während der Antragstellung zur Verfügung. So könnt ihr nicht nur abschätzen, worauf ihr euch einlasst, sondern stellt auch sicher, dass ihr in eurem Projektbudget keine Positionen vergesst, für die ihr Förderung erhalten könnt. Gerade für Organisationen mit begrenzten finanziellen Mitteln kann es sinnvoll sein, bestimmte Posten wie Bankbürgschaften oder externe Prüfungen durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft einzuplanen.
Hier geht’s zu Teil 1, 2 und 4:
Es gibt noch einen weiteren wichtigen Punkt: Es besteht ein großer Unterschied zwischen den sogenannten Leadpartnerinnen, also den Organisationen, die in einem Projektkonsortium die Hauptverantwortung übernehmen, und den „normalen„ Projektpartnerinnen. Leadpartnerinnen sind in diesen Konstellationen für den Erfolg des gesamten Konsortiums verantwortlich, sie haben aber auch größeren Einfluss auf die Projektinhalte und die projektinterne Verteilung der Fördermittel. „Normale„ Projektpartnerinnen gehen deutlich geringere Risiken ein.
Darum empfehle ich kleineren und unerfahrenen zivilgesellschaftlichen Organisationen, sich zuerst als Projektpartnerin in einem Konsortium zu beteiligen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Förderung fließt auch in diesem Fall, und ihr könnt euch bei einer erfahrenen Leadpartnerin erst einmal in Ruhe abschauen, wie man es richtig macht.
Wie kann ich sicherstellen, dass meine Organisation die Fördermittel ordnungsgemäß und transparent verwendet?
- Der wichtigste Grundsatz lautet: Nichts dem Zufall überlassen. Sucht am besten schon bei der Antragstellung den direkten Kontakt mit den Ansprechpersonen der Fördermittelstelle. Klärt alle Fragen, die sich im Hinblick auf Compliance und die Erfüllung (rechtlicher) Anforderungen stellen – proaktiv und möglichst frühzeitig. So reduziert ihr die Gefahr unliebsamer Überraschungen in der Umsetzungsphase beträchtlich.
- Bei einem Aspekt rate ich auch erfahrenen Organisationen, die sich gut mit öffentlicher Förderung auskennen, externe Berater*innen zu engagieren: im Bereich Projektbudget. Besonders die Kalkulation, insbesondere der Personalkosten, sorgt oft für Herausforderungen. Gleiches gilt für technische Hürden bei der Nutzung von Online-Antragsportalen. Ein Beispiel ist das Antrags-Tool Z-EU-S, mit dem der Bundes-ESF+ verwaltet wird (Stand: Dezember 2024): Es treibt nicht nur unerfahrene Antragsteller*innen regelmäßig zur Verzweiflung. Wir haben über Z-EU-S vor einigen Wochen einen Vollantrag für emcra – Co-shaping Europe eingereicht. Ich kann nur sagen: Man lernt nie aus …
- Bei der Sicherstellung der ordnungsgemäßen und transparenten Verwendung öffentlicher Mittel lohnt sich insbesondere eine Investition in das Wissen eurer verantwortlichen Kolleg*innen. Wer weiß, wie etwas geht und wo die größten Fallen lauern, ist eindeutig im Vorteil und kann sich besser auf die Komplexität der Abrechnung öffentlicher Förderung einstellen.
- Wenn ihr eure Förderprojekte implementiert, empfehle ich das Vier-Augen-Prinzip – zumindest, sobald es um höhere Beträge geht. Das solltet ihr auch von allen beteiligten Projektpartnerinnen einfordern. Lasst euch wichtige (Finanz-) Dokumente möglichst auch von ihnen oder einer vertretungsberechtigten Person unterzeichnen.
- Großvolumige Förderprojekte machen in der Regel eine „zweite“ projektbegleitende Buchhaltung notwendig, die ihr neben eurer „normalen“ Buchhaltung aufbauen müsst. Zumindest solltet ihr dafür sorgen, dass alle benötigten Projektnachweise im Falle einer externen Prüfung gut und direkt zugänglich sind. Es ist möglich, diese „parallele“ Projektbuchhaltung in Systemen wie DATEV aufzusetzen. Ihr solltet aber nicht davon ausgehen, dass alle Steuerberater*innen eure Organisation dabei umfassend unterstützen können.
Ich möchte diesen Artikel mit einer positiven Entwicklung abschließen. In diversen für den zivilgesellschaftlichen Sektor wichtigen EU-Förderprogrammen ist der Aufwand bei der ordnungsgemäßen Abrechnung sehr viel geringer geworden als noch vor einigen Jahren – zum Beispiel im Programm Erasmus+, das in den Bereichen Bildung, Jugend und Sport fördert. Wir bei emcra – Co-shaping Europe haben vor ca. zehn Jahren für ein EU-Projekt im Umfang von ca. 300.000,00 Euro noch 27 volle DIN A 4 Ordner benötigt, um der Vollprüfung des Projektes gerecht zu werden. Seitdem ist einiges passiert.
Die EU arbeitet jetzt mehr mit Pauschalen. Für ein vergleichbares Projekt wie das, in dem wir damals geprüft wurden, reichen heute drei bis sechs Ordner. Das ist ein Fortschritt, auf den wir in Deutschland noch etwas warten müssen. Die EU macht es uns Antragsteller*innen – entgegen der landläufigen öffentlichen Meinung – tendenziell leichter als die Vergabebehörden, die in Deutschland für den Bund und die Länder arbeiten. In Deutschland gibt es eindeutig noch Luft nach oben, ohne dabei Gefahr zu laufen, dass mehr öffentliche Mittel als aktuell nicht ordnungsgemäß verwendet werden.