Die besten Geheimtipps für Non-Profits kommen von anderen Non-Profits. Geschäftsführer Ahmet Sinoplu hat uns verraten, wie der Verein Coach e.V. Fördernde für sich gewinnt, warum gutes Storytelling dabei eine wichtige Rolle spielt und wie er und seine Kolleg*innen innovative Angebote entwickeln.
Wie überzeugt ihr Geldgeber*innen davon, Coach e.V. zu fördern?
Ahmet Sinoplu: Unser Jahresbericht entspricht dem Social Reporting Standard – das ist oft schon ein Türöffner. Wichtig ist natürlich auch Transparenz. Was man auch nicht unterschätzen darf, ist die Öffentlichkeitsarbeit: Geldgeber*innen schauen sich tatsächlich die Website und das Social-Media-Profil ihrer Antragsteller*innen an.
Als Verein für Jugendliche mit Zuwanderungsgeschichte müssen wir leider auch immer wieder gegen rassistische Ressentiments ankämpfen. Wir überzeugen dann mit Professionalität sowie persönlichen Geschichten und laden alle dazu ein, mit den Jugendlichen und ihren Eltern zu sprechen. Ein direktes Kennenlernen mit uns und der Zielgruppe auf Augenhöhe räumt Vorurteile aus dem Weg und zeigt reale Bedarfe transparent an.
Ein Geheimrezept ist es, Befürworter für sich zu gewinnen. Das schafft eine andere Form von Aufmerksamkeit, ohne die es oft schwer ist, überhaupt einen Termin mit Fördernden zu bekommen. Es ist naiv zu denken, dass man allein mit guten Projektanträgen gute Chancen hat.
Wann wird’s anstrengend im Umgang mit Förder*innen?
Ahmet Sinoplu: Wenn man 40 Fördertöpfe hat und 40 unterschiedliche Berichte dazu abliefern muss, ob im Verwendungsnachweis oder in der Öffentlichkeitsarbeit. Ärgerlich ist auch, wenn man für Vorsprechen bei Stiftungs- oder Vorstandsversammlungen nur fünf bis 15 Minuten Zeit bekommt. Das fühlt sich an wie ein kurzes Vortanzen vor gut betuchtem Publikum.
Wenn wir das Gefühl haben, dass unsere Jugendlichen mit
Zuwanderungs- und Fluchtgeschichte vorgeführt werden sollen, lehnen wir eine
solche Einladung manchmal ab. Wir nehmen nicht von allen Geld.
Manche Fördernden wollen mit Spenden an uns Greenwashing
betreiben. Wenn Geldgeber*innen an rassistische Organisationen und Parteien
spenden und gleichzeitig Coach e.V. unterstützen möchten, lehnen wir ab. In dem
Zusammenhang haben wir übrigens mit anderen Kolleg*innen das Kölner Spenden-Commitment entwickelt.
Wie entwickelt ihr neue Angebote und bleibt dabei innovativ?
Ahmet Sinoplu: Manche Angebote sind seit vielen Jahren
notwendig und verändern sich nicht, zum Beispiel Hausaufgabenhilfe,
Lernförderung, Beratung oder Jugendarbeit. Dafür brauchen wir immer Geld. Wer
das nicht verstehen möchte, der fördert nicht wirklich nachhaltig.
Ansonsten halten wir uns fachlich immer up to date. Wir
besuchen Fortbildungen, tauschen uns mit Universitäten aus, haben drei
Kooperationen mit Kölner Fachhochschulen laufen, bieten Praxissemesterstellen
an und beteiligen uns an Forschungsprojekten. Und wir beziehen immer die
Zielgruppen ein: die Jugendlichen, ihre Eltern und die Fachkräfte.
Am wichtigsten ist uns, dass bei den Jugendlichen Bedarf für
unsere Angebote besteht, auch wenn diese niedrigschwellig sind. Ich würde sogar
sagen, dass uns die Kombination aus Niedrigschwelligkeit und
Beziehungsorientierung als Innovationsmotor dient. Ein regelmäßig
stattfindendes Wohnzimmerkonzert-Event kann viel nachhaltiger sein als ein
einmaliges 3-D-Druckprojekt, vor allem, wenn anschließend die Drucker ungenutzt
rumstehen.
Wie wird bei Coach e.V. geprüft, ob die Angebote noch zielgruppentauglich sind?
Ahmet Sinoplu: Zuallererst natürlich bei der Zielgruppe. Wir
wirken immer partizipativ. Mittlerweile sind ehemalige Teilnehmende von uns
auch im Vereinsvorstand aktiv.
Und wir schauen auch nach links und rechts: Was ist der
gesellschaftliche Bedarf? Was machen andere Kooperationspartner*innen? Was wird
gefördert? Oft werden Angebote aber von Fördernden vorgegeben, die können wir
dann nur weiterentwickeln.
Manchmal pilotieren wir kleine Projekte, um sie zu testen.
Zum Beispiel halten wir ein Wochenendseminar zu einem Thema wie Empowerment,
Klimakrise oder neue Medien ab und tauschen uns danach mit den Jugendlichen
aus. Wir probieren Prototypen aus und entwickeln das Produkt weiter, bevor wir
eine Förderung für die Etablierung oder Skalierung beantragen.
Ein heißer Tipp für alle, die Förderpartner*innen suchen?
Ahmet Sinoplu: Da gibt es mehrere. Wenn eine Förderung endet, lohnt sich Nachfragen. Kennen die Fördernden vielleicht andere, die sich für unser Projekt interessieren könnten? Manchmal kriegt man dann den einen entscheidenden Tipp.
Und man sollte immer versuchen, ein persönliches Kennenlernen
zu organisieren. Zum Beispiel beim Stiftungstag, beim Tag der offenen Tür der
Förder*innen, auf einer Konferenz, wo man einen fachlichen Beitrag leistet oder
sich aus dem Publikum meldet. Hauptsache, die Fördernden haben ein Gesicht zum
Anruf oder der E-Mail im Kopf.
Gut sind auch Berichte über die eigene Arbeit, nicht nur in sozialen
Netzwerken, sondern auch in der Presse. Vielleicht kann man sogar eigene
Konzepte oder Paper in der Fachpresse platzieren.
Sehr wichtig ist meiner Meinung nach neben der
professionellen Arbeit auch das Storytelling darüber. Das habe ich von unserem
Vereinsgründer gelernt. Er hatte zehn bis 15 Minuten Zeit, um seine Bilanzen
vorzulegen, hat das aber nur eine Minute lang gemacht und ist dann zu authentischem
Storytelling übergegangen. Manchmal hat er dann plötzlich 30 Minuten Zeit
erhalten, weil die Leute es so interessant fanden. Es kann sich lohnen, aus der
Reihe zu tanzen.
Über Ahmet Sinoplu
Ahmet Sinoplu arbeitet neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer bei Coach e.V. als Trainer und Berater, insbesondere zu den Themen Diversität, Diskriminierung, Rassismuskritik, Empowerment, Gewaltprävention und Internationale Mobilität. Er wirkte europaweit als Trainer und Bildungsreferent für diversitätsbewusste internationale Jugendarbeit. Zuletzt hat er als Projektmanager bei der Deutsch-Türkischen Jugendbrücke gGmbH in Düsseldorf (Eine Initiative der Stiftung Mercator) und als freiberuflicher Projektreferent bei der Robert-Bosch-Stiftung gearbeitet.
Über Coach e.V.
Coach e.V. berät, begleitet und fördert an drei Standorten in Köln junge Menschen sowie Familien mit Zuwanderungsgeschichte. Der Verein setzt sich für Bildungs- und Chancengerechtigkeit ein: diversitätsbewusst, empowermentorientiert und rassismuskritisch. Schwerpunkte der Arbeit sind Beratung, Lernförderung, Elternarbeit, Sprachförderung, Berufswahlorientierung, Bewerbungshilfen sowie politische, kulturelle und digitale Bildung.