Förder*innen sollten stets auch in die Infrastruktur von Non-Profits investieren. Denn nur so kann eine Organisation auf Dauer gute Arbeit erbringen.
Warum institutionelle Förderung wichtig ist
Noch immer orientieren sich viele Förder*innen an zwei Glaubenssätzen:
- Das Wichtigste ist, dass das Förderprojekt gut läuft und eine Wirkung erzielt. Das bedeutet, dass am besten sämtliche Projektfördermittel in die unmittelbare Arbeit mit den Zielgruppen fließen.
- Je niedriger die Overheadkosten, desto effizienter bzw. effektiver arbeitet das Projekt. Weil: Geringe Verwaltungsausgaben = mehr Geld für die Projektarbeit.
In der Folge investieren viele Förder*innen lieber in ein konkretes Projekt als in den Projektträger oder dessen Infrastruktur.
Diese Schwerpunktsetzung ist fatal, denn eine strukturelle Unterfinanzierung wirkt sich unmittelbar auf die Leistungsfähigkeit der geförderten Organisation aus – und gefährdet so die Wirkungsziele der gesamten Organisation (wie auch die der Förder*in).
Zahlt etwa die Organisation zu niedrige Gehälter, führt das zu prekären Verhältnissen und einer höheren Fluktuation, infolge derer gerade kleine oder neue Initiativen schnell ins Wanken geraten. Und wird nicht in die Infrastruktur investiert, sind Engagierte mit allem anderen beschäftigt, nur nicht mit ihrer eigentlichen Arbeit. Wird an Fortbildungen gespart oder nicht in die Dokumentenablage investiert, erschwert dies insgesamt das Erreichen der Wirkungsziele. Kurzum: Förder*innen tun gut daran, wenn sie Infrastrukturkosten großzügig bemessen und frühzeitig ins Förderbudget einpreisen
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, eine Organisation gänzlich projektunabhängig zu stärken, sie institutionell zu fördern. Mithilfe einer institutionellen Förderung kann eine gemeinnützige Organisation dann solche Kosten decken, die nicht über die Projektkosten finanziert sind.
Unserer Erfahrung nach kann eine solche institutionelle Förderung von Organisationen eine immense Hebelwirkung entfalten. Eine institutionelle Förderung, die möglichst langfristig währt, ermöglicht der Non-Profit gleichermaßen Planungssicherheit und Flexibilität. Diese sind eminent wichtig, schließlich kommt es bei gesellschaftlichen Problemen darauf an, ein Thema langfristig verfolgen zu können. Und das funktioniert nur, wenn Infrastruktur- und Verwaltungskosten von Vornherein mit eingepreist werden.
Förder*innen sollte überlegen, ihre Narrative zu ändern: Also Abstand zu nehmen von der Projekt- und Produktfinanzierung, und hin zu langfristigen Wirkungszielen der
Organisationen. Nicht einzelne Projekte sind wichtig, sondern die Arbeit der gesamten Organisation, und zwar auf Dauer. Förder*innen profitieren davon auch: Sie können besser planen, langfristige Beziehungen eingeben und ersparen sich ständiges Suchenmüssen.
Die allermeisten Organisationen und Initiativen sind allenfalls knapp durchfinanziert. Deswegen kommt es darauf an, mit lang andauernden Förderungen qualitativ hochwertige Arbeit zu sichern.
Aus der Befragung der durch den Corona-Hilfsfonds geförderten Non-Profits ergaben sich verschiedene Bedarfe und Wünsche:
Antragsverfahren vereinfachen
Je bürokratischer Antragsverfahren und Reportingpflichten sind, desto höher sind die Aufwände für die Organisation (und desto weniger Zeit bleibt für die Projektarbeit).
Ein erster Schritt bestünde also darin, bei Formalitäten Augenmaß zu bewahren und Organisationen von Bürokratie zu entlasten, v.a. im Krisenfall. Im Umgang mit einer Organisation ist es hilfreich, ihr im gegenseitigen Vertrauen zu begegnen. Zu empfehlen ist die direkte Kommunikation, per Hotline, in live oder per Video. Jede Form der schriftlichen Bewerbung birgt das Risiko von Interpretationsproblemen.
Wichtig: Organisationen benötigen ein ehrliches Feedback, warum sie nicht gefördert werden. Das hilft ihnen in der Weiterentwicklung.
Infrastruktur fördern: Fundraising
Gerade kleinere Organisationen haben es nicht leicht mit dem Einwerben von Mitteln. Wirklich schwierig wird es in Fällen wie Corona: Das Aufspüren alternativer Finanzierungsquellen, um die Existenz zu sichern, kostet viel Mühen; und verursacht mitunter sogar mehr Arbeit, als die Projektarbeit selbst. Im Krisenfall sind Organisationen pausenlos damit beschäftigt, den institutionellen Apparat aufrecht zu erhalten. Zeit für die Arbeit mit den Zielgruppen bleibt da wenig.
Aber auch im Normalbetrieb sieht es häufig kaum besser aus. Oft obliegt das Fundraising der ohnehin oft schon überlasteten Geschäftsführung, die das dann irgendwie so nebenher macht.
Wenn Förder*innen darauf hoffen, dass nach ihrem Ausstieg andere Geldgeber*innen übernehmen, können sie erwägen, der Organisation eine Weiterbildung im Fundraising zu ermöglichen oder gleich eine Personalstelle zu schaffen.
Ebenfalls könnte es lohnen, in diesem Zusammenhang über sogenannte Matching Funds nachzudenken: Für jeden Euro, den die Organisation einwirbt, geben Förder*innen einen Euro dazu.
Infrastruktur fördern: Mieten & Räumlichkeiten
Mieten und Raumkosten sind nur selten über reguläre Projektförderungen abgedeckt, sondern müssen oft über Mehreinnahmen über den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder den Zweckbetrieb hereingeholt werden. Da diese Einnahmequellen in Krisen weniger stark bis gar nicht sprudeln, fehlt es Organisationen an Geldern, um Mieten, Räume, Gas und Strom bezahlen zu können. Häufig müssen dann freie Mittel, die eigentlich in die Projektarbeit eingeplant sind, für Mieten aufgewandt werden, was wiederum ungünstig für das Erreichen von Wirkungszielen ist.
Infrastruktur fördern: Aus- & Weiterbildungen
Die Leitung einer gemeinnützigen Organisation ist eine komplexe und anspruchsvolle Aufgabe.
Hier können Förder*innen in ausgewählten Bereichen den Kompetenzaufbau fördern, indem sie Fort- und Weiterbildungen ermöglichen. Wichtige Themen: Controlling, Buchhaltung, Projektmanagement, Recht, Kommunikation, IT – oder auch Weiterbildungen mit Blick auf neue Entwicklungen innerhalb des Themenfelds, in dem die Organisation arbeitet.
Infrastruktur fördern: Beratungsleistungen einkaufen
In Fällen, in denen eine Weiterbildungsmaßnahme übertrieben ist, wenn z.B. eine bestimmte Expertise nur punktuell gebraucht wird, oder es sinnvoll erscheint, den Blick von außen einzubeziehen, etwa in Fragen der Organisationsentwicklung oder des Projekttransfers, kann externe Beratung eine effektive Möglichkeit sein.
Aber Achtung: Den Bedarf an externer Unterstützung muss die Organisation selbst erkennen, andernfalls werden die Bereitschaft und Energie, sich auf eine Beratung einzulassen, sehr gering sein.
Ebenfalls wichtig: Der Einkauf einer Beratungsleistung sollte immer dazu führen, dass die Organisation nach Abschluss der Beratung selbst handlungsfähiger ist als zuvor. Ein dauerhaftes Outsourcen wichtiger Kompetenzen ist kontraproduktiv.
Infrastruktur fördern: Skalierung unterstützen
Eine Förder*in kann auch dabei unterstützen, ein Projekt, das sich als besonders wirkungsvoll erwiesen hat, an andere Standorte zu verbreiten – es zu skalieren. Allerdings muss hier zunächst festgestellt werden, ob das Projekt auch das Potenzial hat zu wachsen und welche Art der Verbreitung sich am besten eignet.
Infrastruktur fördern: Für Vernetzung sorgen
Mitarbeitende in gemeinnützigen Organisationen sind häufig so in den Projektalltag eingebunden, dass ihnen für den Austausch mit anderen Akteuren im Themenfeld keine Zeit bleibt. Förder*innen können eine wichtige Rolle spielen, wenn es darum geht, verschiedene Initiativen zu vernetzen und einen Dialog zu organisieren.
Die Förderung von Ad-hoc-Strukturen – beispielsweise temporärer Netzwerke, die sich lediglich für ein einzelne Projekte bilden – sollte dabei aber eher vermieden werden. Solche Förderungen erzielen oft nur eine geringe Wirkung und hinterlassen selten nachhaltige Strukturen.
Vernetzung heißt auch, der Organisation Türen zu öffnen, ihr Gelegenheiten zu bieten, sich Dritten gegenüber zu präsentieren, Pro-bono-Beratung zu vermitteln oder sie an Insiderwissen teilhaben zu lassen.
Sollte eine Organisation mehrere Finanziers haben, sind Meetings empfehlenswert, bei denen einmal jährlich alle Förder*innen zusammenkommen, um gemeinsam Strategie und Meilensteine zu besprechen. Solche Treffen haben sich in der Praxis als gewinnbringend herausgestellt, da alle Partner*innen zeitnah auf demselben Stand sind, neue Bedarfe unmittelbar geklärt werden können und das Reporting vereinheitlicht wird. All das spart Aufwände, und zwar auf Förder*innenseite ebenso wie in der Non-Profit.
Infrastruktur fördern: Kommunikationsarbeit begleiten
Viele Organisationen besitzen keine professionelle Kommunikationsabteilung; Förder*innen hingegen schon. In solchen Fällen lassen sich vielleicht Synergien in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit nutzen?
Fazit
Damit gemeinnützige Organisationen gute Arbeit leisten können, benötigen sie auch Mittel für Overhead und Infrastruktur. Aus verschiedenen Fördervorhaben, die wir entweder selbst aufgesetzt oder die wir für Dritte realisiert haben, wissen wir, dass der Betrieb und Unterhalt einer Non-Profit ca. 20 Prozent der Projektmittel erfordert. Förder*innen können zum Erhalt vieler Initiativen und Vereine beisteuern, wenn sie diese Kosten von sich aus und von Vornherein einkalkulieren.
Dieser Beitrag wurde ermöglicht mit Mitteln der Deutschen Postcode Lotterie. Danke!