Eine echte Lernkultur ist wichtig für den Projekterfolg. Nur leider gelten Fehler in vielen Organisationen als etwas, über das man besser nicht spricht. Und das ist bereits der erste Fehler.
Lernrunden, aber wozu?
Gemeinsames
Lernen in der Organisation bedeutet, dass ihr euch regelmäßig mit dem Projektgeschehen und
den Ergebnissen aus der Wirkungsanalyse auseinandersetzt – etwa um zu klären, ob
und inwieweit sich das Projekt in Richtung der angepeilten Wirkungsziele bewegt
oder auch nicht. Ein auf diese Weise strukturiertes Lernen identifiziert Stärken,
Schwächen und Potenziale.
Und es hilft euch, Verbesserungen abzuleiten. Denn Lernen und Verbessern gehören untrennbar zusammen! Nichts ist frustrierender, als zu wissen, dass etwas nicht funktioniert, und trotzdem so weiterzumachen wie bisher.
Eine
Organisation, die Daten erhebt – “monitort” – oder das Projekt anderweitig analysiert,
aber die Erkenntnisse weder hinterfragt noch aus ihnen lernt, läuft Gefahr, im eigenen Saft unterzugehen. Im schlimmsten Fall läuft es weiter wie bisher, “ging ja irgendwie doch”,
selbst wenn die avisierten Wirkungen ausbleiben. Und die eingesetzten Ressourcen verpuffen womöglich weitgehend wirkungslos.
Selbst wenn euch nur wenige Daten vorliegen oder diese keine besonders tiefschürfenden Erkenntnisse bringen, werden Entscheidungen, die ihr auf Basis dieser Daten trefft, dennoch etwas fundierter sein als das Vertrauen aufs bloße Bauchgefühl. (Wie ihr Daten in Eigenregie erheben könnt, haben wir hier aufgeschrieben: “Datenerhebung im Projektalltag: 5 unaufwändige Methoden, um die Wirkung eines sozialen Projekts zu ermitteln”.)
Lernen
ist damit eine zentrale Voraussetzung für qualitative, wirkungsvolle Arbeit und die Weiterentwicklung der Organisation bzw. des Projekts. Gemeinsames
Lernen …
- verbessert Planungen, Prozesse, Abläufe und Ergebnisse
- begünstigt die Zusammenarbeit und die Wirkung des Projekts
- hilft, Wissen zu teilen und sich gegenseitig zu kalibrieren
- unterstützt euch, um bessere Entscheidungen treffen zu können
- hebt die Motivation, weil Erfolgskriterien “sichtbar” werden und Erfolge gemeinsam gefeiert
- sensibilisiert die Projektmitarbeiter*innen, dass Monitoring und Wirkungsanalyse sinnvoll sind
Kurz gesagt: Ohne Lernen keine Wirkung!
Schafft ein lernförderndes Umfeld!
Um
aus der Projektbegleitung und Wirkungsanalyse die richtigen Schlüsse zu ziehen,
braucht es aber nicht allein nur Daten. Vor allem braucht es ein lernförderndes
Umfeld.
Ein
solches Umfeld definiert sich darüber, dass Lernen weniger als einmaliges oder
punktuelles Ereignis verstanden wird, sondern als ein dynamischer Prozess,
der regelmäßig und während des gesamten Projektzyklus stattfindet. Ein lernfreudiges Umfeld schafft Lernanreize und sorgt dafür, dass Informationen leicht zugänglich sind.
Das zeigt sich unter anderem an solchen Kriterien …
- eine ebenso ausgeprägte wie transparente Lern- und Fehlerkultur, die diesen Namen auch verdient und keine Alibiveranstaltung ist
- eine lernwillige und feedbackfähige Projektleitung
- Ressourcen (Zeit, Geld, Material)
- Aufgaben und Verantwortlichkeiten
- eine angemessene Dokumentation bzw. ein Wissensmanagement
Lasst Fehler zu!
Wichtig ist, dass die Lernkultur dabei im Einklang mit einer Fehlerkultur steht. Heißt: Fehler
und Schwächen werden zugelassen bzw. sind sogar “erwünscht”, um aus ihnen lernen und
sich verbessern zu können.
Die Feststellung “Wie konnte denn das passieren?” darf niemals zum Vorwurf geraten, sondern allenfalls als Arbeitsauftrag verstanden werden. Mitarbeiter*innen
müssen das Gefühl haben, zum offenen Wort ermutigt zu werden und Ergebnisse
kritisch zu reflektieren. Werden Fehler hauptsächlich dafür genutzt, um
Verantwortliche abzustrafen, werden Lernrunden schnell als bloßes Disziplinierungsinstrument ihren Sinn verlieren.
Klärt Verantwortlichkeiten!
Hilfreich im Lernprozess ist eine Organisationsstruktur, die entsprechende Rollen und Verantwortlichkeiten abbildet:
- Wer sammelt die relevanten Daten und Informationen?
- Wer bereitet sie so auf, dass sie verständlich sind, und/oder bettet sie in den Gesamtkontext?
- Wer kümmert sich darum, dass die Ergebnisse auch wirklich besprochen werden? Wer hält Termine nach?
- Wer speist die Learnings zurück in die Organisation und erinnert regelmäßig?
Hierbei hilft eine gute Dokumentation. Vor allem in Organisationen, in denen es viele Mitarbeiter*innen und/oder viele ehrenamtliche Helfer*innen gibt, die vielleicht auch nicht immer anwesend sind oder häufiger wechseln, kommt einer Dokumentation eine zentrale Aufgabe zu.
Arbeitet transparent!
Zentrales Prinzip einer lernenden Non-Profit ist Transparenz, also die Bereitschaft, Prozesse, Strukturen, Angebote und Wirkungen sichtbar und zugänglich zu machen.
Unterschieden werden kann dabei in Transparenz nach innen – z.B. gegenüber Mitarbeiter*innen – und einer Transparenz nach außen, etwa gegenüber der
Öffentlichkeit oder Geldgeber*innen.
Und jetzt konkret
Die
schnellste, beste und einfachste Möglichkeit, um mit- und
voneinander zu lernen, sind regelmäßige Treffen in Lernrunden.
Wie oft
ihr euch trefft und in welcher Zusammensetzung, hängt davon ab, über welche Aspekte ihr reden wollt.
Lernrunden, in denen die Monitoringdaten reflektiert werden, sollten regelmäßig stattfinden. In der Diskussion helfen folgende Fragen:
- Inwiefern habt ihr die Ziele erreicht? An welchen Stellen habt ihr sie verfehlt, und warum?
- Inwieweit weicht ihr von geplanten Ergebnissen ab, und wieso?
- An welchen Stellen müsst ihr die Resultate detaillierter betrachten und nach den Ursachen forschen, z.B. mithilfe einer Evaluation?
Lernrunden
auf Basis von Evaluationen oder Projektabschlüssen finden naturgemäß in größeren Abständen statt. Da sich eine Evaluation oder ein Projektabschluss im big picture mit Ursachen und
Zusammenhängen beschäftigt, werden also nicht nur die Aktivitäten betrachtet, sondern sehr stark auch der Projektplan selbst. Fragt euch:
- Sollten Ziele gänzlich neu definiert werden?
- Welche Auswirkungen auf das allgemeine Projektmanagement ergeben sich aus den Learnings?
- Haben sich Monitoring und Wirkungsanalyse als praktikabel erwiesen? Gab es die erwünschten Erkenntnisse?
Nachliegende Fragen sind etwa:
- Was waren die größten und tollsten Erfolge?
- Welche Fehler haben wir gemacht? Welche Chancen verpasst?
- Wo sollten wir unsere Maßnahmen, Angebote und Aktivitäten qualitativ anpassen oder weiterentwickeln?
- Wie wettbewerbsfähig sind unsere Maßnahmen, Angebote und Aktivitäten?
- Haben wir Erfolgskriterien identifiziert?
- Funktioniert unsere Wirkungslogik auch im Alltag und nicht nur auf dem Papier? Müssen wir sie weiterentwickeln?
- Treffen die grundlegenden Annahmen, auf denen unsere Arbeit fußt, noch zu?
Regelmäßige Lernrunden sind zwar vor allem für das Projektteam relevant. Es kann aber durchaus sinnvoll sein, externe Stakeholder einzubeziehen, z.B. Förder*innen oder Zielgruppen. Erstens, weil diese verschiedene Erfahrungen und Sichtweisen einbringen, was sich sehr günstig auf den Lernprozess auswirken kann. Vor allem aber, zweitens, weil ihr so deren Erwartungen einfangt und sie noch stärker auf die Projektziele committed.
Tipps für Lernrunden
Abschließend noch ein paar Gelingenskriterien für effektive Lernmeetings:
- Plant und terminiert Lernrunden fest ein, z.B. mittels eines Lernkalenders.
- Formuliert vorab eine Agenda und ein Ziel für jedes Treffen.
- Macht die Teilnahme verpflichtend und schafft entsprechende Freiräume im Projektalltag.
- Fokussiert euch aufs Problemlösen und Lernen, weniger auf die Fehlersuche und -debatte.
- Trefft gemeinsame Entscheidungen und formuliert gemeinsam Handlungsschritte. Hilfreich sind hier die Fragen des Action Learning Cycles, siebe oben.
- Dokumentiert eure Entscheidungen und lessons learned. Macht sie allen zugänglich.
- Nehmt die Learnings und Aufgaben auf Wiedervorlage und besprecht regelmäßig den Stand der Umsetzung.
- Nutzt die Meetings auch, um Erfolge zu feiern!