Wie schafft man finanzielle Nachhaltigkeit gleich von Anfang an? Mira Meier, Gründerin und Geschäftsführerin der Initiative für transparente Studienförderung, weiß, warum bereits in der Gründung verschiedene Einnahmequellen wichtig sind.
Was ist die Initiative für transparente Studienförderung?
Ich bin Mira, die Gründerin der Initiative für transparente Studienförderung und wir setzen uns dafür ein, dass Studierende und Studierende mit Behinderung ein sorgenfreies Studium beginnen können. Auf unserer Plattform für Menschen mit Behinderung zeigen wir Studenten und ihren Angehörigen, welche Förderprogramme für sie infrage kommen. Außerdem zeigen wir, welche Hochschule in welcher Region für die jeweilige Art der Behinderung am besten geeignet ist. Denn manche Hochschulen sind sehr gut man im Rollstuhl sitzt, andere Hochschulen, wenn man eine Sehbehinderung hat. Und das erkenne ich mit wenigen Klicks auf einen Blick.
Wie entstand die Idee zur Initiative?
Auf die Idee gekommen bin ich durch meine Doktorarbeit. Ich habe Wochen und Monate gebraucht, um alle Stipendien und Fördermöglichkeiten im Internet zu durchblicken. Und diese Arbeit von Monaten kann man auf wenige Tage oder Stunden abkürzen, wenn man die Förderprogramme einfach gut sortieren würde. So fingen wir mit mystipendium.de an tausende Stipendienprogramme nach mehr als 30 Auswahlkriterien zu klassifizieren. Dank eines Matching-Verfahrens kann ich mir nur die Programme anzeigen lassen, die wirklich zu mir passen. Dadurch haben wir die durchschnittliche Recherchezeit von vielen Stunden auf wenige Minuten reduzieren können.
Wie habt ihr die Idee ausgearbeitet?
Wir haben einfach angefangen. Im Grundsatz war klar, wir wollten eine technische Lösung schaffen, mit der man die Recherchezeit abkürzt, und wir wussten, dass wir einfach eine Datenbank mit tausenden Einträgen nach bestimmten Filterkriterien auswerten wollten. Also, wir haben wirklich stumpf in eine Excel-Tabelle Stipendien eingetragen. Wir haben uns aber sehr wohl Gedanken gemacht, wer unsere Kunden sind, wer unsere Zielgruppe ist, was unsere Kosten sind, wie wir da hinkommen wollen und so weiter.
Wie finanziert ihr euch?
Finanzielle Nachhaltigkeit war von Anfang an für uns ein sehr wichtiges Thema. Deshalb haben wir von Vornherein auf verschiedene Einnahmequellen gesetzt. Wir wussten ja auch nicht, welche der Einnahmequellen den meisten Umsatz bringt und entschieden, dass wir einfach ausprobieren müssen. Wir haben sowohl im ideellen Bereich Verschiedenes ausprobiert, also Spenden, Stiftungszuwendungen, Fördergelder und so weiter, als auch im rein kommerziellen Bereich. Im wirtschaftlichen Bereich haben wir so Sachen wie klassische Werbung getestet, also Bannerwerbung. Wir haben auch Beratungsprogramme mit Unternehmen aufgesetzt, bei dem wir sie unterstützen, sich Stipendienprogramme zu überlegen, und provisionsbasierte Modelle ausprobiert, wo wir eine Provision bekommen für die Vermittlung von Stipendiaten. Wir haben auch Premiumprofile auf unseren Seiten eingebunden, wo sich eben Stiftungen und Spender umfangreicher präsentieren können.
Was waren die Erfolgsfaktoren?
Unsere wichtigsten Erfolgsfaktoren waren zum einen das Durchhaltevermögen, also dass wir von an uns geglaubt und gesagt haben: Wir wollen langen Atem zeigen, auch wenn es länger dauert. Und zum anderen, dass wir bereit waren, uns Sachen beizubringen, die wir überhaupt nicht konnten. So z.B. mein Co-Gründer, der sich das Programmieren beigebracht hat und alle unsere Seiten programmiert hat, obwohl er vorher nicht programmieren konnte. Also wir haben nicht nur eine Einnahmequelle getestet, sondern sehr viele verschiedene Einnahmequellen.
Wie habt ihr eure Idee am Anfang finanziert?
Wir haben am Anfang die Finanzierung ganz ohne Budget gestemmt. Wir hatten noch Ersparnisse aus unserer vorherigen beruflichen Tätigkeit, haben aber wirklich einfach auf Sparflamme gelebt und wirklich nur unsere eigene Arbeitskraft investiert.
Wie habt ihr eure ersten Kunden gewonnen?
Die ersten Kunden haben wir wirklich über Kaltakquise gewonnen. Das heißt, wir haben wirklich den Telefonhörer in die Hand genommen, die Leute angerufen und sind einfach hartnäckig geblieben. Das war reine Fleißarbeit und auch da Learning by doing. In jedem Gespräch lernt man dazu, was wollen die Kunden, woran hätten sie Interesse, was würden sie gerne kaufen und was trifft überhaupt nicht deren Bedürfnisse.
Wie seid ihr mit Fehlern umgegangen?
Wir haben sehr viele Fehler gemacht und manch einen hätte
man natürlich gerne vermieden. Also wir haben beispielsweise mal mit einer
Stipendienmesse angefangen und schnell festgestellt, dass wir damit viel
weniger Leute erreichen und viel weniger Leuten helfen können, als mit dem
Ansatz der Online-Plattform.
Wir hatten anfangs beispielsweise keine professionellen Vertriebsunterlagen.
Also, wir haben mehr oder minder einfach blind die Leute angerufen, ihnen etwas
vorgeschlagen, besaßen aber relativ wenig professionelle Dokumentation zu dem,
was wir da eigentlich anbieten. Da hätten wir natürlich viel Zeit und Energie
gespart, wenn wir uns im Vorhinein etwas professioneller vorbereitet hätten.
Wie wichtig ist Gemeinnützigkeitsrecht für euer Business?
Gemeinnützigkeits ist natürlich ein großes Thema, weil wir ideelle Einnahmen haben und kommerzielle Einnahmen. Insofern war es für uns zentral, einen Steuerberater zu finden, der sich auskennt. Für uns war eine große Herausforderung mit dem Steuerberater, die Satzung so zu formulieren, dass diese beim Finanzamt durchgeht, da haben wir wirklich Lehrgeld zahlen müssen.
Was hast du in den Anfangsjahren dazugelernt?
Ich habe in den letzten Jahren sehr sehr viel dazugelernt, angefangen mit der Kommunikation, über das Management von Ehrenamtlichen, über die Wirkungsmessung bis hin zu Suchmaschinenoptimierung und Marketing und Vertrieb. Also wirklich über die ganze Bandbreite von dem, was man als Unternehmer und auch als Sozialunternehmer können muss.
Welche Fähigkeiten sollte man als Sozialunternehmer*in mitbringen?
Was auch hilft ist, wenn man ungebunden ist, keine Verpflichtungen hat, keinen Hauskredit und auch keine Kinder in der Schule oder so, wo ich wusste, da brauche ich ein solides festes Einkommen.
Zuletzt: Wie seid ihr mit Zweiflern an eurer Idee umgegangen?
Am Anfang gab es viele Zweifler. Die kamen sowohl aus dem
familiären Umfeld als auch aus dem Firmen- oder Kundenumfeld und genauso auch
aus dem sozialen Bereich. Deren Zweifel zielten in zwei Richtungen: Erstens, ob
wir uns mit dem Job überhaupt ernähren können. Zweitens, das gibt’s ja schon
oder das braucht doch keiner.
Dem sind wir begegnet, indem wir einfach an uns selber geglaubt haben. Ich habe
einfach gedacht, wir machen weiter. Letztlich hat uns der Erfolg recht gegeben.
Wir haben gemerkt, dass wir sehr vielen Leuten damit zu einem Studium verhelfen
konnten. Viele haben uns angesprochen gesagt, dass sie wegen uns studieren und
allein das hat uns motiviert trotzdem weiterzumachen. Und deshalb wusste ich,
dass das was wir machen genau das Richtige ist und wo ein Wille ist, ist auch
ein Weg.