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Der Collective Impact-Ansatz stellt Kooperationen und sektorübergreifende Zusammenarbeit in den Fokus, um komplexe gesellschaftliche Probleme nachhaltig zu lösen. Für Fördernde ist wichtig zu wissen: Um Veränderungen auf System-Ebene anzugehen, braucht es viel Zeit, Ressourcen und Flexibilität in der Planung.

Dr. Stefan Deines, leitender Wirkungsmanager bei Education Y, hat seine Erfahrungen mit uns geteilt und gibt Antworten auf relevante Fragen: Was genau sollten gemeinnützige Organisationen auf der Suche nach Förderung eines Collective Impact-Projekts bedenken? Was sollten Fördernde unbedingt vorher wissen? Und was sind grundlegende Aufgaben, die mit gefördert werden sollten?

Erwartungsmanagement betreiben

Wirkungsplanung ist bei Collective Impact-Vorhaben anspruchsvoll, weil Netzwerke auf verschiedenen Ebenen arbeiten. Über Sektoren hinweg passende Akteure finden, Synergien zwischen diesen schaffen, gemeinsame Strukturen aufbauen, Zielgruppen und Akteure gleichermaßen einbeziehen und sich über Ziele und Indikatoren einig werden – es braucht viele Schritte, um Veränderungen auf System-Ebene zu bewirken. Daher sollte die Förderung eines Verbunds langfristiger angelegt sein als bei einem klassischen Projekt-Format. Schnelle Erfolge sind bei Collective Impact selten.

Die Probleme, die viele Fördernde adressieren wollen, z.B. Bildungsgerechtigkeit oder gelingende Bildungsübergänge, sind aus meiner Sicht im Grunde Collective Impact-Probleme. Wenn man da eine nachhaltige Problemlösung will, dann muss man an die Strukturen ran, um etwas zu ändern.

Dr. Stefan Deines, Leitung Wirkungsmanagement bei Education Y

Es ist wichtig, Fördernde darauf vorzubereiten, dass die Ergebnisse der Netzwerkarbeit nicht sofort sichtbar sind. Ein bereits vor Beginn der Förderung festgelegter, detaillierter Maßnahmenplan mit vielen Messzahlen bzw. KPIs (Key Performance Indicators) eignet sich bei Collective Impact-Vorhaben deshalb nicht. Fördernde sollten stattdessen offen sein und das Augenmerk auf andere Qualitätsmerkmale und Meilensteine richten, als sie es von klassischen Projekten gewohnt sind.  

Zum Beispiel könnte ein Qualitätsmerkmal eines Netzwerks sein, die Kooperationsbereitschaft von zwei oder mehreren Akteuren zu fördern und Konkurrenzdenken zu überwinden, etwa im Falle verschiedener Ämter, die zuvor nicht miteinander im Austausch waren. Oder dass alle Akteure einen Überblick über die Angebotslandschaft vor Ort bekommen und gemeinsam Lücken identifizieren.  

Erste Meilensteine könnten sein, dass konkrete Ziele im Verbund formuliert, relevante Akteure identifiziert sowie Grundwerte und Prozesse für die Zusammenarbeit vereinbart werden. Erfolgsfaktoren dieser Art zeigen langfristig Wirkung, da so in den nachhaltigen Aufbau von Netzwerken und in stabile Strukturen investiert wird. Um Fördernde von der Unterstützung von Netzwerken zu überzeugen, braucht es Transparenz und eine klare Kommunikation über den Charakter und die notwendigen Prozesse solcher Projekte.    

Die Förderung sollte die Möglichkeit bieten, flexibel Zwischenziele festzulegen und anzupassen, da Collective Impact-Projekte langwierig und vielschichtig sind.

Dr. Stefan Deines, Leitung Wirkungsmanagement bei Education Y

Mindset für Collective Impact stärken

Die beteiligten Akteure in einem Verbund – von Ministerien bis hin zu lokalen Initiativen – haben oft unterschiedliche Agenden. Die Koordination erfordert zielorientierte, sensible Kommunikation in alle Richtungen, Geduld, Beharrlichkeit, einen strukturierten Plan und eine ordentliche Portion Flexibilität und Anpassungsfähigkeit, um eine wirksame Zusammenarbeit zu erreichen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einer wirkungsorientierten Netzwerkarbeit: Gemeinsame Zielsetzung mit Bewusstsein für Wirkungsmethoden, Vertrauen zueinander sowie die Bereitschaft, voneinander zu lernen, sind entscheidend. Das ist zeitaufwendig. Collective Impact braucht die gemeinsame Vision, dass aus der Zusammenarbeit langfristig etwas Großes entsteht. Dieses Bewusstsein ist auch für potenzielle Fördernde wichtig.  

Fördernde sollten sich fragen, ob sie wirklich an die Wurzel des Problems gehen wollen, dann diese Idee umarmen und sagen: Cool, dass wir mal bei etwas dabei sind, das in fünf bis acht Jahren eine starke Veränderung bewirken wird.

Dr. Stefan Deines, Leitung Wirkungsmanagement bei Education Y

Benötigte Ressourcen und Mehrwert klar benennen

Bei einem Collective Impact-Projekt werden natürlich mehr finanzielle und personelle Ressourcen als bei anderen Projekten benötigt. Das Ziel sollte sein, ausreichend Mittel und Zeit für die komplexe Wirkungsplanung und -analyse des Verbunds sowie Partnermanagement, Kommunikation, Monitoring und Evaluation sicherzustellen und den Mehrwert gegenüber Fördernden genau begründen zu können. 

Im Vorfeld der Förderung sollten daher bereits erste Überlegungen angestellt werden. Die weitere Ausarbeitung (bspw. der Ziele oder der konkreten Maßnahmen) findet während der Förderung statt. Denn erst in diesem Stadium sind alle beteiligten Akteure dabei, und ihre Perspektiven werden berücksichtigt. Fördernde sollten sich darüber im Klaren sein, dass bestimmte grundlegende Prozesse erst dann tiefergehend bearbeitet und abgeschlossen werden können, wenn das Projekt tatsächlich in die Umsetzungsphase geht. Sobald die Akteure finanzielle Sicherheit erhalten, können sie beginnen, gezielt Ressourcen in den Aufbau von Netzwerken zu investieren.  

Die folgenden Bestandteile einer wirkungsorientierten Netzwerksteuerung sollten mit der Förderung abgedeckt werden: 

  • Akteursanalyse: Welche Akteure sollen mit an Bord sein? 
     
  • Umfeld- und Bedarfsanalyse: Welchen zentralen Fragen beantwortet das Projekt und und wo gibt es ggf. noch offene Fragen?  
     
  • Problemanalyse: Wie lässt sich das Problem mit allen am Projekt beteiligten Perspektiven beschreiben?  
     
  • Ziele: Welche konkreten Ansätze und Ziele hat das Projekt?  
     
  • Wirkung: Welche Wirkungslogik resultiert aus den Zielen und welche Indikatoren folgen daraus?  
     
  • Monitoring und Evaluation: Wie wollen wir die Daten im Verbund erheben und wer ist zuständig? 
     
  • Finanzplanung: Wie können wir unseren Verbund nachhaltig aufbauen und finanzieren?   

Die Kombination aus wirkungsorientierter Planung mit Raum für Flexibilität, klarer Kommunikation mit potenziellen Fördernden in Bezug auf Bedarfe und langfristige Ziele, Collective Impact-Mindset bei allen Beteiligten sowie ehrlichem Erwartungsmanagement ebnet den Weg zu einer erfolgreichen Collective Impact-Förderung.

Zum Weiterlesen: “Gemeinsam planen, wirken, lernen. Zur Rolle von Backbone-Teams in Collective Impact-Verbünden.” Artikel von Dr. Stefan Deines in “Stiftung & Sponsoring”, Ausgabe 02/22.   

Education Y ist Teil der Initiative Zukunftsträger, die benachteiligte Jugendliche auf ihrem Weg in den Beruf unterstützt. Zu diesem Zweck stärkt sie sektorübergreifende Kooperationen zwischen den verschiedenen Akteuren am Übergang Schule-Beruf. Alle Infos zur Initiative unter: www.zukunftsträger.de