Ein guter Förderantrag ist viel wert – und noch lange keine Garantie für eine Zusage. Aber wie kommt ihr an die Förderung? Die Expertin Erin Ganju hat uns verraten, wie ihr bei privaten Geldgeber*innen punkten könnt.
Erin Ganju ist Geschäftsführerin bei Echidna
Giving in San Francisco – einem der größten
privaten Geldgeber für die Bildung von Mädchen in Ländern mit niedrigem
Einkommen. Auf ihrem Schreibtisch stapeln sich die Förderanträge. Erin Ganju
vergibt aber nicht schon immer selbst Gelder. Sie hat fast 20 Jahre lang als Fundraiserin gearbeitet und war Mitbegründerin der internationalen Non-Profit Room to Read, für die sie zuletzt jährlich 60 Millionen Euro über Fundraising generierte.
Sie kennt also beide Seiten: die der Fundraiser und die der
Fördernden. Auf die Frage, welcher Seite sie sich mehr zugehörig fühlt,
antwortet sie so: “Ich setze mich leidenschaftlich für internationale Bildung ein.
Ich betrachte es als meine Aufgabe, in diesem Bereich die Bedarfe der Zielgruppe und die der Non-Profits
zu verstehen. Ich fühle mich also beiden Seiten zugehörig – für mich zählt die Wirkung.“
Um langfristig etwas bewirken zu können, benötigen Non-Profits vor allem Fördermittel. Deshalb haben wir Erin Ganjus Insider-Wissen angezapft: Was braucht es, um private Geldgebende wie Echidna Giving zu überzeugen? Hier kommen ihre Tipps.
1. Redet miteinander
Eine gute Kommunikation zwischen Antragstellenden und Bewilligenden ist für Erin Ganju essenziell. Für sie ist es wichtiger, mit dem Team zu sprechen als den Förderantrag zu lesen. Denn so erfährt sie, woran das Team gerade arbeitet, wie es mit dem Projekt läuft und worin die größten Herausforderungen bestehen. Sie erhält einen Eindruck zu Skalierungspotenzialen, spannenden Experimenten und neuen Ideen. “Wir verbringen sehr viel Zeit mit Reden”, erklärt sie.
2. Schlüpft in die Schuhe der Fördernden
Vom kleinen crowdbasierten Online-Förderangebot bis hin zur staatlichen Förderstelle – jede*r Geldgebende funktioniert anders, nicht alle folgen derselben Förderstrategie. Erin Ganju rät deshalb: Versucht, die Fördernden zu verstehen, zielgruppengerecht anzusprechen und eine Beziehung zu ihnen aufzubauen.
Fragt euch, was die Fördernden motiviert. Legen sie besonderen Wert auf eure Strategie, gibt es einen geografischen oder thematischen Schwerpunkt, soll eine Verbindung zur Non-Profit-Leitungsriege aufgebaut werden? Diese Herangehensweise ähnelt im Grunde einer klassischen Kommunikationsstrategie.
3. Stellt Fragen und nutzt euer Netzwerk
Zeit ist bei vielen Non-Profits noch knapper als Geld. Erin Ganju empfiehlt daher, bereits im (häufig angebotenen) Beratungsgespräch vor dem Ausfüllen des Förderantrags möglichst viele und direkte Fragen zu stellen. Seid dabei klar, transparent, auf den Punkt und ehrlich. So finden beiden Seiten schnell heraus, ob eine Zusammenarbeit überhaupt möglich ist.
Damit euer mühsam ausgefüllter Förderantrag nicht auf dem Stapel “für später” landet, könnt ihr versuchen, über euer Netzwerk den persönlichen Kontakt zu Fördernden herzustellen. Eine andere Möglichkeit: Besucht Veranstaltungen, bei denen eure potenziellen Geldgeber*innen anwesend sind, sprecht sie an und vereinbart einen Termin.
4. Setzt bei der Ansprache auf Tiefe statt auf Breite
Stiftungen, öffentliche Förderstellen, Soziallotterien, Unternehmen: Weil jeder Geldgebende anders funktioniert, ist die Beziehungsarbeit recht aufwändig und sollte sich lohnen. Konzentriert euch daher lieber auf ein paar ausgewählte Fördernde und baut eine Beziehung zu ihnen und
Expertise auf diesem Gebiet auf.
Das zahlt sich laut Erin Ganju am Ende eher aus, als eine große Zahl an Geldgebenden anzusprechen. Später könnt ihr mit
Hilfe eurer erworbenen Expertise und Netzwerke einfacher weitere
Fördermöglichkeiten erschließen.
5. Lagert die Beziehungsarbeit nicht aus
Outsourcing ist beim Fundraising keine gute Idee. Übernehmt diese Aufgabe lieber selbst, um die Leidenschaft für euer Projekt
authentisch rüberzubringen. Dafür solltet ihr zumindest zu Beginn großzügig Ressourcen einplanen: 50 bis 60 Prozent der Arbeitszeit sollten laut Erin Ganju nach der Gründung einer Organisation in Beziehungsarbeit fließen. Im Idealfall kümmert sich die Leitungsebene darum.
“Man kann Menschen anstellen, damit sie sich um die operative
Projektarbeit kümmern, aber der Beziehungsaufbau zu den Geldgeber*innen muss persönlich erfolgen“, sagt Erin Ganju. Die meisten Fördernden wollen die
Führungsebene kennenlernen, das Ziel der Fördermaßnahme muss klar werden.
6. Behandelt nicht nur ein Thema, startet eine Bewegung
Überlegt euch, wie ihr eure Mission in eine Bewegung verwandeln könnt – ähnlich wie Fridays for Future die Bewegung zur Klimakrise geworden ist. Welche Geschichte könnt ihr erzählen, wo könnt ihr wen einbeziehen und welche Verbindungen lassen sich nach außen herstellen?
Damit ihr eure Geschichte überzeugend erzählen könnt, rät Erin Ganju zu einer engen Zusammenarbeit zwischen Fundraising, Kommunikation und Community Building. Alle dafür Verantwortlichen sollten im selben Team sein. Die Kommunikationsarbeit eurer Non-Profit sollte primär das Fundraising unterstützen.
7. Seid euch eurer wichtigen Rolle bewusst
Eine weitere Sache, die Erin Ganju über die Jahre gelernt hat: Lasst nicht die Fördernden über die Strategie oder den Inhalt eures Projekts bestimmen. Passt eure Ziele nicht zugunsten der Geldgebenden an. Es kann sich lohnen, stattdessen auch
mal “nein” zu sagen. Manche Fördernden kommen dann möglicherweise später auf euch zurück,
wenn sich eine Förderpartnerschaft inhaltlich eher anbietet.
Macht euch bewusst, dass ihr diejenigen seid, die die wichtige Arbeit machen – und dass eure Förder*innen euch nur dabei unterstützen. Euer Job ist es, ihnen die Ziele eures Projekts und eurer Non-Profit zu erklären. Erin Ganju findet, dass ihr das ruhig mit einer ordentlichen Portion Selbstbewusstsein tun dürft.