Gutes tun und damit eine Veränderung bewirken – das Ziel einer jeden Non-Profit. Doch wir alle haben unsere eigene Vision einer besseren Welt und verfolgen einen individuellen Weg dorthin. Warum die Kommunikation dieses Weges ein integraler Bestandteil von Wirkung ist, wissen Ronald Menzel-Nazarov von der START-Stiftung und Ina Peppersack von Über den Tellerrand e.V.
Tipp 1: Spread the Word! Das Herz eurer Kommunikation sollte eure Wirkungslogik sein
Im Mittelpunkt eurer Kommunikation sollte stets eure Wirkungslogik stehen. Die Wirkungslogik, auch „Theory of Change“ genannt, beschreibt kurz den Weg eurer Non-Profit, wie ihr durch eure Handlungen und euch verfügbaren Ressourcen eine gewünschte Veränderung erreichen wollt.
Je klarer ihr eure Wirkungslogik formuliert, umso erfolgreicher seid ihr bei Geldgeber*innen. Denn wer eine Kausalkette zwischen der eigenen Arbeit und den angestrebten Wirkungen bei der Zielgruppe herstellen kann, besitzt unschlagbare Argumente gegenüber potenziellen Unterstützer*innen.
Um eure Wirkungslogik klar zu definieren, könnt ihr euch folgende Fragen stellen:
- Was ist das Ziel eurer Arbeit? Welche (gesellschaftlichen) Veränderungen wollt ihr bewirken? (Wirkungsziel)
- Wie wollt und könnt ihr dieses Ziel erreichen? (Handlungen)
- Was habt ihr bereits, um das Ziel zu erreichen und wobei braucht ihr noch Unterstützung? (Ressourcen)
Praxisbeispiel
Über den Tellerrand e.V. möchte mit seiner Arbeit u.a. gegen kulturelle Vorurteile in der Gesellschaft ankämpfen. Der Verein kommuniziert, dass er durch die Schaffung von Begegnungsräumen für Menschen aus verschiedenen Kulturen (Handlungen) mithilfe von Spenden und ehrenamtlichen Helfer*innen (Ressourcen) kulturelle Vorurteile abbauen will (Wirkungsziel).
Eure Wirkungslogik muss keineswegs in Stein gemeißelt sein. Ein stetiger Austausch mit der Zielgruppe oder Personen mit Zielgruppennähe ist wichtig und kann durchaus ein Anlass zur Anpassung und Umgestaltung eurer Wirkungslogik sein.
Tipp 2: Plant eure Kommunikationsarbeit in Projektanträgen ein
Da die Wirkung eurer Projekte immer mit der Kommunikation eurer Arbeit einhergeht, ist es wichtig, die Kommunikationsarbeit bereits in den Förderanträgen fest mit einzuplanen. Da die klassischen Förderprogamme in den meisten Fällen nur ganze Projekte und keine Teilbereiche (wie die Kommunikation) finanzieren, solltet ihr die die Kosten, die für eure Kommunikationsmaßnahmen anfallen, anteilig in den einzelnen Projektanträgen integrieren.
Neben den Personalkosten für eure Kommunikationsstelle(n) könnt ihr auch Kosten für beispielsweise Druck, Fotograf*inne, Videograf*innen oder Designer*innen mitbeantragen. Auch ganze Kommunikationskampagnen können so finanziert werden. Zeigt euren Förder*innen, dass die Finanzierung von Kommunikationsmaßnahmen eine Win-Win-Situation darstellt: Ihr macht die großartige Arbeit, die sie fördern, nach außen hin für alle sichtbar!
Praxisbeispiel
Für eine Deutschland-Tour mit einer mobilen Küche beantragt Über den Tellerrand e.V. im Förderantrag eine Kommunikationskampagne, um noch mehr Menschen an den verschiedenen Orten auf ihre soziale Arbeit aufmerksam machen zu können. Unter dem Motto „Komm Mit“ entstehen ein professionelles Video, eine große Social-Media-Kampagne sowie eine Broschüre, in der nach der Tour alle wichtigen Geschehnisse und Erkenntnisse zusammengefasst werden. Dieses Material kann auch von Fördernden zur Demonstration ihrer erfolgreich geförderten Projekte verwendet werden.
Tipp 3: Schafft klare Kommunikationsleitlinien
Ob in eurer Non-Profit eine oder mehrere Personen die Kommunikation übernehmen, bleibt euch überlassen. Wichtig ist allerdings, dass ihr dabei gemeinsamen Leitlinien folgt. Eine gemeinsame Sprache und ein persönliches Design machen euch auch mit kleinen Ressourcen bereits zu echten Kommunikationsprofis. Stellt dabei sicher, dass die Werte, die ihr lebt, auch über eure Sprache nach außen vermittelt werden:
- Welche Begriffe wollt ihr (nicht) verwenden?
- Wie gendert ihr?
- Wie sprecht ihr eure Zielgruppe an?
- Welche Designs verwendet ihr?
- An wen sendet ihr welche Botschaft auf welchem Kanal? Wo investiert ihr welche Ressourcen?
Eure Wirkungslogik muss keineswegs in Stein gemeißelt sein. Ein stetiger Austausch mit der Zielgruppe oder Personen mit Zielgruppennähe ist wichtig und kann durchaus ein Anlass zur Anpassung und Umgestaltung eurer Wirkungslogik sein.
Praxisbeispiel
Über den Tellerrand e.V. und die START-Stiftung arbeiten mit Menschen mit Fluchterfahrung zusammen. Mit dem Ziel der sozialen Teilhabe Menschen aller Herkunft in der Gesellschaft lehnen die Organisationen den im öffentlichen Diskurs nach wie vor häufig verwendeten Begriff „Flüchtling“ strikt ab. Der Begriff „Flüchtling“ reduziert die betroffene Personengruppe auf die Erfahrung der Flucht und rückt durch diese Verdinglichung die weit mehr als diese Erfahrung umfassenden Persönlichkeiten der Menschen in den Hintergrund. Alternativ werden deshalb Menschen, die aus ihrer Heimat flüchten mussten, als „Menschen mit Fluchterfahrung“ bezeichnet.
Stehen eure Leitlinien fest, könnt ihr durchaus auch Personen in eurem Netzwerk das Vertrauen schenken und ihnen die Verantwortung übergeben, eure Botschaft in die Welt zu tragen und so noch mehr Menschen erreichen. Vielleicht finden sich in eurem Netzwerk bereits Expert*innen für bestimmte Kommunikationsaufgaben (z.B. Texter*innen, Fotograf*innen, Filmemacher*innen oder Designer*innen) oder Personen, die Lust haben, sich in die Aufgaben einzuarbeiten.
Praxisbeispiel
Bei Über den Tellerrand e.V. übernehmen auch Ehrenamtliche und Studierende wichtige Kommunikationsaufgaben. Ein Ehrenamtlicher macht beispielsweise regelmäßig professionelle Fotos von den Events, die für die Öffentlichkeitsarbeit genutzt werden können. Eine Gruppe von Design-Studierenden entwickelt Botschaften, verpackt sie in schöne Designs und kann dafür sogar Credits an der Uni sammeln. Neben dem Standort in Berlin gibt es zahlreiche Über den Tellerrand-Standorte in anderen Städten, die überwiegend ehrenamtlich geführt werden. Hier sind die bestehenden Leitlinien für die Kommunikation besonders hilfreich – so können die hauptamtlich erarbeiteten Strukturen ehrenamtlich gefüllt werden.
Wichtig: Setzt bei euren Kommunikationsmaßnahmen Prioritäten und investiert eure Ressourcen in den Bereichen, die aktuell besonders wichtig für euch sind. Steht beispielsweise bald eine Crowdfunding-Kampagne an, dann kümmert euch um gute Texte und eine Liste potenzieller Großspender*innen aus eurem Netzwerk. Hübsche Designs für neue Sticker könnt ihr erstmal hintenanstellen.
Tipp 4: Nutzt Kooperationen und testet neue Formate
Augen auf: Bei der Kommunikation eurer Arbeit seid ihr nicht auf euch allein gestellt. Wagt den Blick über eure Organisationsgrenzen hinaus: Gibt es vielleicht eine Non-Profit, die eine ähnliche Botschaft teilt? Startet mit vereinter Kraft eine gemeinsame Kampagne oder schließt euch einer Kampagne mit eurem persönlichen Beitrag an.
Praxisbeispiel
Die Kampagne #LeaveNoOneBehind der Organisation Seebrücke ruft u.a. dazu auf, ihren Hashtag zu teilen, um großflächig auf die katastrophale humanitäre Lage geflüchteter Menschen in Geflüchtetenlagern aufmerksam zu machen. Menschen sollen an Politiker*innen herantreten, um eine Verbesserung der Lage zu bewirken. Über den Tellerrand e.V. unterstützt die Kampagne, nimmt den Hashtag in Social-Media-Posts auf und beschreibt, welchen Anteil die eigene Organisation zur Verbesserung der Lage geflüchteter Menschen leisten kann. So kann man Kampagnen befreundeter Organisationen für mehr Reichweite unterstützen und gleichzeitig die eigene Arbeit sichtbar machen.
Neben anderen Non-Profits kann es auch Stiftungen, Universitäten oder Unternehmen geben, mit denen ihr im Rahmen eurer Kommunikationsarbeit kooperieren könnt. Ihr könnt als Non-Profit schöne Motive und interessante Inhalte liefern, die beispielsweise für Imagefilme ein hoch gefragtes Gut sind. Im Gegenzug könnt ihr den professionellen Film für eure eigene Öffentlichkeitsarbeit, beispielsweise für eine Crowdfunding-Kampagne, nutzen.
Den besten Anreiz für eine Kooperation liefert ihr durch die Kommunikation eurer Wirkungslogik: Überzeugt Unternehmen, warum es Sinn macht, euch einen Sozialrabatt für ihre Dienstleistungen zu geben.
Praxisbeispiel
Die START-Stiftung arbeitet mit einer Agentur zusammen, die sie sich nur über einen großzügigen Rabatt leisten kann. Die Agentur nimmt den Rabatt und Überstunden in Kauf, weil sie von der Vision und Mission der START-Stiftung überzeugt ist und damit einen eigenen Beitrag dazu leisten kann.
Tipp 5: Holt euch Feedback ein!
Die Frage, wie sich eure Botschaft am besten kommunizieren und vermitteln lässt, hängt natürlich von eurem Thema und eurer Zielgruppe ab. Ob das, was ihr nach außen hin kommuniziert bei eurer Zielgruppe so ankommt, wie von euch intendiert, könnt ihr ganz einfach herausfinden: Fragt nach! Bestimmt findet ihr Personen, die durch folgende Leitfragen etwas Licht ins Dunkle bringen können:
- Wie nimmst du unsere Organisation und die Menschen in der Organisation wahr?
- Wie verstehst du unser Angebot?
- Fühlst du dich von unserem Angebot angesprochen? Fühlst du dich zum Mitmachen eingeladen?
- Wie findest du unsere Sprache? Müssen wir etwas umformulieren?
- Spricht dich unser Design an? Was machen wir gut? Was könnten wir besser machen?
Und keine Sorge – man kann nie von Beginn an alles richtig machen. Der direkte Kontakt mit der Zielgruppe und die Offenheit für Kritik verhilft euch zu neuen Perspektiven und lässt euch reflektieren und lernen.
Praxisbeispiel
Durch den Austausch mit Personen aus der Zielgruppe findet Über den Tellerrand e.V. heraus, dass es den Personen viel wichtiger ist, Social-Media-Posts in verschiedene Sprachen zu übersetzen, als dass wöchentlich ein Beitrag erscheint. Außerdem erhalten sie so das Feedback, dass die Sprache weniger kunstvoll und einfacher gestaltet werden muss, damit sich wirklich alle angesprochen fühlen.
Auch der START-Stiftung wird erst durch den Austausch mit der Zielgruppe klar, dass oftmals unbeabsichtigt diskriminierende Sprache verwendet wurde. Außerdem wird die Herausforderung sichtbar, dass zum einen das Design und die Sprache die Jugendlichen als primäre Zielgruppe ansprechen muss, während gleichzeitig deren Eltern ein seriöser Eindruck der Angebote vermittelt werden soll.
Bei Jugendlichen mit Einwanderungsgeschichte und muslimischem Hintergrund achten beispielsweise einige Eltern darauf, dass Mädchen und Jungen nicht gemeinsam in einer Veranstaltung sind. Neben der eigentlichen Zielgruppe müssen also andere Zielgruppen in der Kommunikation mitgedacht werden, die erst dann auf den Radar kommen, wenn man mit den Menschen in den Austausch geht.
Vergesst nicht, dass auch eure potenziellen Förder*innen ein Teil der Zielgruppe sind, die ihr mit eurer Kommunikation überzeugen wollt. Scheut euch nicht davor, auch diese anzusprechen und Feedback zu eurer Außenwirkung einzuholen:
- Werden auf unserer Webseite unsere Mission und Vision deutlich?
- Ist Ihnen klar, was unsere Organisation macht?
- Verstehen Sie, welche gesellschaftliche Veränderung unsere Organisation erreichen will und wie?
Eure Partner*innen helfen euch bestimmt gerne, schließlich ist deren Anliegen, dass ihr wirkungsorientiert arbeitet und das transparent kommuniziert.
Praxisbeispiel
Die START-Stiftung zeigt, wie ein digitaler Wirkungsbericht funktioniert, der alle aktuellen und zukünftigen Partner*innen von eurer wichtigen Arbeit überzeugen wird.