Zielgruppengerechte Angebotsoptimierung ist nicht von Budgets, Planstellen und Infrastruktur abhängig, sondern von der richtigen Einstellung. Auch kleinere Non-Profits, Vereine und Projekte können ihre gemeinnützigen Angebote mit Erfolg ausbauen und kontinuierlich weiterentwickeln.
Auch kleine gemeinnützige Projekte können ihr Angebot fortlaufend verbessern
In großen gemeinnützigen Organisationen und Unternehmen sind
ganze Stäbe mit der Weiterentwicklung der Produkt- und Angebotspalette
beschäftigt. Auch die Budgets und Ressourcen sind entsprechend ausgestattet. Zum
Werkzeug gehören Marktforschung, genaue Beobachtung der Wettbewerber*innen bzw.
anderer Akteure, technologische Machbarkeitsstudien, kontinuierliches
Trendscouting und umfangreiche Planungskapazitäten.
Solche Mittel stehen kleineren gemeinnützigen Projekten kaum
zur Verfügung – schon gar nicht, wenn die Beteiligten ehrenamtlich arbeiten.
Aber auch kleine Vereine, Initiativen, NGOs und gemeinnützige Unternehmen können
ihre Angebotspalette erfolgreich und fortlaufend erweitern, anpassen und verbessern.
Angebote auf andere Zielgruppen oder Situationen übertragen
Gehören zu eurem Projekt bestimmte Angebote oder Maßnahmen,
die besonders erfolgreich sind? Gerade weil sie so zufriedenstellend sind,
liefern erfolgreiche Produkte oder Dienstleistungen einen Ansatzpunkt fürs
Optimieren: Könnt ihr diese Aktivität in ähnlicher Form auf andere Zielgruppen
ausweiten oder in abgeänderter Form für einen anderen Kontext anbieten?
Die Umweltberatung für
private Gartenbesitzer kann, anders verpackt und beworben, zum Angebot speziell
für Unternehmen und Institutionen mit Grünflächen werden.
Die Beratung für
Wohnmieter*innen ohne Deutschkenntnisse trifft einen großen Bedarf? Dann
könnte man auch Gründer*innen, Kleinunternehmer*innen oder Social Entrepreneurs
speziell bei Fragen zur Gewerbemiete beraten.
Abschlägige Anfragen sammeln
Vermutlich gibt es auch in eurem Projekt immer wieder
Anfragen, auf die euer aktuelles Angebot nicht wirklich passt: “Macht ihr
eigentlich auch XY?” Wenn sich solche Anfragen zu bestimmten Anliegen häufen,
solltet ihr hellhörig werden: Dahinter steckt ja offensichtlich ein verbreiteter
Bedarf, für den es anscheinend nirgends Angebote gibt.
Selbstverständlich könnt ihr nicht immer mit einem
Zusatzangebot reagieren, wenn ihr jemanden wegschicken müsst. Gerade für
kleinere Projekte ist das Verzetteln tödlich. Aber solche Anfragen registrieren und zur
Ideenfindung heranziehen, das sollte man unbedingt.
Wenn bei der lokalen Schuldnerberatung
als eigentliches Kernproblem regelmäßig das Thema Spielsucht auftaucht, ist
vielleicht eine eigene Maßnahme genau für diese Klientengruppe sinnvoll.
Systematisch die Zielgruppe fragen
Den Ansatz, Anregungen direkt von den Betroffenen
einzuholen, könnt ihr auch systematisieren. Dazu müsst ihr nicht nur die eingangs
erwähnten Anfragen im Hinterkopf behalten, sondern die Zielgruppe direkt und
systematisch befragen.
Solche Befragungen zeigen euch, wie gut und umfassend ihr die
Erwartungen eurer Klienten befriedigt, ob euer Angebot zu den Erwartungen passt, wo es noch hakt und welche Bedürfnisse offenbleiben.
Die Antworten auf solche Befragungen sind nicht immer nur angenehm – aber sie
sind eine Fundgrube zur Optimierung eures Angebots und eurer Arbeit. Wer weiß
schließlich besser als die Betroffenen, was noch besser funktionieren könnte
bzw. welche Maßnahmen fehlen?
Keine Angst davor, klein anzufangen
Eure Klientenbefragung muss nicht den Standards der quantitativen
Sozialforschung genügen und keine repräsentativen Ergebnisse liefern – nur neue
Erkenntnisse für eure praktische Arbeit. Im Zweifel genügen wenige simple Fragen, etwa “Wie zufrieden waren Sie?”, “Was hätten wir besser machen können?”, “Bei welchen Problemen haben Sie
Unterstützung vermisst?”
Ob ihr die Fragen direkt am Ende einer Beratung stellt, eine
Standard-E-Mail im Nachgang verschickt oder alle Klient*innen anruft, hängt von
der Situation und der Zielgruppe ab.
Intern Ideen sammeln
Große Organisationen installieren manchmal ausgefeilte
Systeme, um Ideen und Vorschläge von Mitarbeiter*innen zu sammeln. In kleineren
Projekten oder Vereinen ist das kaum notwendig, wenn sich ohnehin alle
regelmäßig zur Teamsitzung treffen.
Ganz und gar nicht überflüssig ist es jedoch, eine Kultur
des Ideensammelns zu fördern. Dafür genügt es nicht, dass man regelmäßig im Gespräch
ist. Leider ist auch in kleineren Teams die Neigung groß, irgendwann in den
gewohnten Trott zu verfallen. Dann wird die eigene Arbeit nicht mehr
grundsätzlich überprüft, neue Vorschläge werden zu schnell abgewehrt (“das wird
nicht funktionieren“).
Verhindern lässt sich dies, wenn neue Ideen ausdrücklich
begrüßt, aktiv gesammelt und ohne Polemik diskutiert werden.
Es lohnt sich, für Brainstorming und neue Ideen bei jeder
Teamsitzung einen eigenen Tagesordnungspunkt einzurichten. Im Idealfall hilft
so das ganze Team dabei, dass aus einem “man
könnte doch eigentlich“ eine echte Innovation wird.
Erfahrungsgemäß sind solche Tagesordnungspunkte für die
Leiter*innen des Meetings eine große Herausforderung: Einerseits soll kein
Vorschlag abgewürgt werden, andererseits darf das Brainstorming nicht zur
Plauderrunde ausufern.
(Wie ihr zu einem Alleinstellungsmerkmal gelangt, haben wir hier aufgeschrieben: “In 4 Schritten zum USP deiner Non-Profit”.)
Was machen andere?
Kommerzielle Unternehmen beobachten ihre Wettbewerber mit
Argusaugen. Für Non-Profits und gemeinnützige Vereine ist die Lage
(hoffentlich) entspannter: bei allem Kampf um Fördertöpfe, Spenden und Sponsor*innen
sehen sie andere Projekte nicht zwangsläufig als Konkurrenz.
Der Blick über den Zaun lohnt sich für euch als
gemeinnützige Initiative allerdings trotzdem:
- Was machen andere Projekte besser?
- Welche neuen Ideen haben sie?
- Und was davon könnt ihr vielleicht übernehmen?
Solche Fragen sind nicht nur bei Projekten spannend, die das gleiche Feld wie ihr beackern, sondern generell dann, wenn ihre Voraussetzungen so ähnlich sind wie bei euch selbst. Ein Beispiel sind Websites und digitale Angebote:
- Wie sprechen andere Projekte ihre Zielgruppen an?
- Bieten sie Informationen in einem Format oder über Kanäle, die auch für euch Sinn ergeben?
- Wenn ein anderes, kleineres Projekt seinen Klienten das digitale Ausfüllen von Dokumenten und den sicheren Upload anbietet, könnt ihr dann die Tools dafür nicht ebenfalls einsetzen?
Nach ungenutzten Ressourcen Ausschau halten
Einen Bedarf festzustellen und dann darauf zu reagieren ist grundsätzlich
die richtige Produktstrategie. Es geht aber auch umgekehrt: Man kann ausgehend von den
zur Verfügung stehenden Ressourcen und Mitteln überlegen und für diese eine
zusätzliche, sinnvolle Verwendung suchen.
Natürlich ergibt das nur Sinn, wenn Ressourcen und
Kapazitäten wirklich frei sind. Aber wenn, dann fehlt ja nur noch eine Idee.
Und die findet sich bestimmt – siehe oben.
Am Wochenende steht
der Transporter eurer Initiative herum, dabei hätten zwei Mitglieder eures
Teams mit Führerschein Zeit? Dann ist das doch schon fast der Ausgangspunkt für
ein zusätzliches Angebot. Was könnte man sonntags für wen wohin bringen?
Ein kleiner Exkurs: Planung und Zahlen
Viele Aspekte der gemeinnützigen Arbeit können gar nicht
quantifiziert werden, und das ist auch gut so. Ein lebendiges Projekt, das
soziale oder ökologische Verbesserungen anstrebt, lässt sich nicht auf Zahlen
reduzieren. Gerade in kleinen Projekten herrscht oft eine tiefsitzende
Abneigung gegen jede Form von Papierkrieg. Verständlich: die Bürokratie bindet
ohnehin schon zu viel an Kraft und Energie.
Trotzdem: Wer die eigene Performance verbessern möchte, muss
sie zunächst einmal genau vor Augen haben. Ein kleineres Projekt benötigt weder
ein Qualitätsmanagementsystem noch ein professionelles Controlling. Aber auch
im kleinen Rahmen profitiert gemeinnützige Arbeit enorm, wenn Kennzahlen die
eigene Planung und Durchführung transparent machen. So werden Aufwand und
Erfolg verschiedener Aktivitäten vergleichbar.
Wenn ihr euch wirklich fortlaufend verbessern wollt, gibt es
keine Alternative zu etwas Zahlenwerk. Ihr müsst einfach laufend Überblick
gewinnen über Fragen wie diese:
- Welche Maßnahmen oder Angebote können wir mit besonders wenig Aufwand umsetzen?
- Wo bleiben eigentlich all die Arbeitsstunden und Spendenmittel, die wir einsetzen?
- Bei welchen Maßnahmen oder Angeboten besteht eine klare Diskrepanz zwischen dem erwarteten Aufwand/der erwarteten Wirkung und den tatsächlichen Ergebnissen?
Häufig liegen bereits viel mehr Zahlen vor, als man denkt. Oder sie lassen sich mit wenig Aufwand und ohne Papierkrieg generieren. Selbst in einem kleineren Verein ohne Wirtschaftsbetrieb werden Kosten und Ausgaben erfasst. Und auch Informationen zum Ertrag oder Erfolg der Arbeit sind in der Regel vorhanden oder lassen sich leicht erfassen, z. B. zur Zahl der Beratungsvorgänge, zu geleisteten Arbeitsstunden etc.
Fazit: Die eigene Angebotspalette erweitern und verbessern
Bei der Optimierung des gemeinnützigen Maßnahmenangebots geht es weniger darum, bestimmte Abläufe einzuführen. Entscheidend ist eine Einstellungsfrage. Wenn ihr als Team die Augen für Veränderungen offen behaltet, aktiv nach Verbesserungspotenzialen sucht und keine Scheu vor neuen Ideen habt, liegt ihr in Sachen Angebotsoptimierung schon sehr weit vorn. Ihr habt damit zwar noch keine verbesserten Angebote – aber alles, was es dafür an Voraussetzungen braucht.
Autor: Simon Hengel