Pro-bono-Dienstleistungen sind eine wertvolle Art von Engagement: Expert*innen und Fachleute stellen ihre Fähigkeiten und Qualifikationen für einen guten Zweck kostenlos zur Verfügung. Solche Dienstleistungen können die Wirkmöglichkeiten von Non-Profits entscheidend verbessern. Allerdings müssen sie überlegt eingesetzt werden, damit ihr Potenzial tatsächlich zur Geltung kommt.
“Pro bono”: Kostenlose Dienstleistungen für einen gemeinnützigen Zweck
Von Pro-bono-Diensten spricht man,
wenn Expert*innen und Fachleute ihre Fähigkeiten
ohne Bezahlung für das Gemeinwohl einsetzen – für einen guten und
sinnvollen Zweck. Manchmal wird auch ein geringes Honorar bezahlt, das deutlich
unter dem üblichen Satz liegt.
Pro-bono-Dienstleistungen sind
mehr als ehrenamtliches Engagement: es geht darum, eine besondere Qualifikation
einzubringen, ohne (angemessene) Bezahlung. Ein paar fiktive, aber
typische Beispiele für Pro-bono-Engagement:
- Ein Verein unterstützt Geflüchtete. Eine befreundete Rechtsanwältin berät die Freiwilligen des Vereins kostenlos zur Rechtssituation, wenn sie Menschen ohne Aufenthaltstitel helfen.
- Eine kleine Stiftung unterhält ein Naturschutzzentrum mit einer Waldschule in einem besonders schützenswerten Biotop. Eine selbstständige IT-Technikerin installiert und vernetzt in ihrer Freizeit Wildtierkameras, damit deren Bilder online geteilt werden.
- Eine Psychotherapeutin übernimmt die Supervision für die ehrenamtlichen Beraterinnen eines Kinder-Notruftelefons.
- Das Jugendfreizeitzentrum ist in Geldnot und braucht Spenden. Eine Webdesignerin, die als Teenager selbst regelmäßig dort war, erstellt für den Trägerverein eine ansprechend gestaltete, professionelle Spenden-Website, ohne ihre Leistungen in Rechnung zu stellen.
- Ein Unternehmensberater schreibt kostenlos Fördermittelanträge für den Stadtteilverein, und erstellt den Businessplan für dessen geplantes Kultur-Café.
Pro-bono-Arbeit ist kein Sponsoring und keine Aufwandspende
Nehmen wir das Beispiel der IT-Technikerin, die für einen Verein Wildtier-Kameras einrichtet.
- Wenn sie Wert darauf legt, dieses Engagement
bekannt zu machen, um damit für sich PR oder Werbung zu machen, dann handelt es
sich um Sponsoring und nicht um
Pro-bono-Arbeit. Sponsoring ist ein
Geben und Nehmen, denn die Expertin will ja geschäftlich von ihrem Engagement
beim Verein profitieren. Zudem spart sie Steuern, denn das Finanzamt akzeptiert
ihren Kostenaufwand als Betriebsausgabe.
Die Übergänge von Pro-bono-Tätigkeit zum Sponsoring sind fließend. Trotzdem ist die Unterscheidung wichtig, zum Beispiel aus steuerlichen Gründen. Übrigens ist Sponsoring völlig legitim und eine wichtige Form für Unternehmen, sich mit gemeinnützigen Zwecken zu identifizieren und sie zu unterstützen. - Vielleicht will die IT-Technikerin das Honorar,
das ihrer Arbeit entspricht, als Rückspende
dem Verein zugutekommen lassen und im Gegenzug Einkommensteuer oder
Körperschaftsteuer sparen. Auch das ist etwas anderes als Pro-bono-Arbeit.
Für die Rückspende muss ein Vertrag abgeschlossen werden. Obwohl dabei kein Geld fließt, kann die Dienstleisterin einen Betrag nur spenden, wenn sie einen Anspruch darauf hat (mehr zu den Details hier, “Aufwandsspenden und Rückspenden als Fundraisingmaßnahme“).
Weil der Verzicht bzw. die Spende des Honorars freiwillig und ohne vorherige Festlegung erfolgen muss, hat die gemeinnützige Organisation zumindest theoretisch ein finanzielles Risiko. Außerdem steht eine erfolgreiche Zusammenarbeit unter der Voraussetzung, dass das Finanzamt die Gestaltung akzeptiert.
Pro-bono-Arbeit ist nicht umsonst und sollte nicht so behandelt werden
Pro-bono-Angebote kosten kein Geld. An Aufmerksamkeit und
Arbeit kann man bei sinnvoller und wirksamer Pro-bono-Arbeit allerdings nichts
einsparen. Nur eine sorgfältige Vorbereitung und Begleitung durch die Non-Profit
garantiert, dass das Engagement der Pro-bono-Partner*innen sich lohnt und Wirkung
entfaltet.
Das ist zu allererst eine Einstellungsfrage. Die Non-Profit
muss bereit sein, eine Pro-bono-Tätigkeit angemessen vorzubereiten und die
Expert*innen sinnvoll einzubinden. Das ist für die Akquise guter Expert*innen ebenso
entscheidend wie für die Ergebnisse der Zusammenarbeit.
Fallstrick Nr. 1: “Das kostet ja nichts, schauen wir mal, was es bringt.”
Umgekehrt wird eine sinnvolle Maßnahme draus: Zunächst
einmal muss die Non-Profit auf Basis ihrer Wirkungslogik herausarbeiten, was sie braucht
und will. (Hier steht mehr zum Thema “Wirkungslogik, und hier eine Menge mehr zur Bedarfs- und Umfeldanalyse für Non-Profits).
Pro-bono-Angebote sind eine wertvolle Ressource. Ihre Wirkung
ist aber nur dann garantiert, wenn daraus ein auf die Ziele der Non-Profits
abgestimmter Input wird. Wie jedes Angebot erfordern auch Pro-bono-Maßnahmen
eine Planung mit konkretem Bezug zur eigenen Zielgruppe, damit sie positive
Veränderungen erreichen.
Das gilt selbst dann, wenn wie im Fall der Spenden-Website die Non-Profit selbst direkte Nutznießerin des Outputs ist. Entscheidend ist am
Ende, was die Aktion den Jugendlichen bringt. Die schicke Website hat nur
Vorteile, wenn der Trägerverein des Jugendfreizeitzentrums die dazugehörige
Spendenkampagne sinnvoll umsetzen kann. Die Kampagne nur deshalb zu starten,
weil man gerade einen kostenlosen Online-Spendenaufruf bekommt, ergibt wenig
Sinn.
Fallstrick Nr. 2: “Ist doch egal, warum sie uns hilft.”
Erfolgreiche Zusammenarbeit setzt voraus, dass beide Seiten
wissen, woran sie miteinander sind. Das gilt auch für das Verhältnis zwischen
Pro-Bono-Dienstleister*innen und den Non-Profits, die von ihren Diensten
profitieren.
Ist die Dienstleister*in aus rein persönlichen Gründen daran
interessiert, mit ihren Kenntnissen etwas Sinnvolles zu tun? Wie nachhaltig und
verlässlich ist ihre Motivation? Kann sie sich sogar vorstellen, dem
gemeinnützigen Projekt z.B. als Vereinsmitglied beizutreten? Inwieweit handelt
sie als Privatperson, inwieweit repräsentiert sie ihr Unternehmen? Geht es ihr vielleicht eigentlich eher um Sponsoring (s.o.)?
Ein weiterer Punkt, der auf Seite der Dienstleister*in klar sein muss,
sind mögliche standesrechtliche Aspekte. Das gilt zum Beispiel für Ärzt*innen
und andere Heilberufe und besonders für Rechtsanwält*innen oder Steuerberater*innen.
Fallstrick Nr. 3: “Müssen wir daraus jetzt wirklich ein Projekt machen?”
Aber ja! Aus Sicht der gemeinnützigen Organisation ist die Pro-Bono-Dienstleistung ein Projekt wie jedes andere auch – und es sollte auch nicht anders behandelt werden. Ob bezahlt oder nicht, es führt kein Weg daran vorbei, alle relevanten Aspekte der Zusammenarbeit zu klären:
- den Bedarf
- die konkreten Ziele des Pro-bono-Angebots
- Dauer und Umfang (Zeitaufwand, Stundenzahl etc.)
- Inhalt und Umfang der Dienstleistung, idealerweise mit einer Abgrenzung dessen, was nicht darunter fällt
Nur wer sich selbst ernst nimmt, wird auch von anderen ernst genommen. Diese Lebensweisheit mag etwas abgedroschen klingen, im Zusammenspiel zwischen Non-Profit und Pro-bono-Anbieter*in hat sie in jedem Fall ihre Berechtigung.
Fallstrick Nr. 4: “Das ist umsonst, da können wir nicht so auftreten.”
Auch schwierige Punkte sollten vorab geklärt werden, nicht anders als beim bezahlten Einkauf einer Dienstleistung. Zum Beispiel:
- Was passiert bei Mängeln oder Fehlern?
- Gibt es Versicherungen wie Haftpflichtschutz, die für die Tätigkeit gelten, und welche Seite hat den Versicherungsschutz?
- Wofür haftet die Dienstleister*in? Und wofür nicht?
- Gibt es Standards, auf die sich die Pro-bono-Dienstleister*in festlegen muss, z.B. Datenschutz, Inklusivität, Umweltschutzanforderungen, Barrierefreiheit, IT-Sicherheitsstandards, Verschwiegenheit, Selbstverpflichtungen der Non-Profit und ähnliches mehr?
- Wer hat die Rechte an Texten, Fotos, Grafiken o.ä., die aus der Tätigkeit entstehen?
- Wird ein Prozedere vereinbart, falls es zu Konflikten kommt, z.B. Mediation?
- Wie kann die Zusammenarbeit beendet werden?
- Kann jemand anderes die Arbeit weiterführen? Kümmert sich die Dienstleister*in bei Bedarf um eine Nachfolge?
Ob solche Fragen in einem ausführlichen Vertrag, einem Projektplan oder einem kurzen Konzept festgehalten werden, hängt von der Aufgabe, den Risiken und selbst vom Steuerrecht und Standesrecht ab (mehr dazu in “Pro-bono-Fallstricke (II): Was Expert*innen beachten sollten, wenn sie sich pro bono engagieren“). Dass sie beantwortet werden, ist allerdings nicht nur aus rechtlicher Sicht wichtig. Auch die praktische Zusammenarbeit zwischen der Pro-bono-Dienstleisterin und der Non-Profit hängt davon ab. Sind alle relevanten Fragen einschließlich möglicher Reibungspunkte für beide Seiten geklärt, steht die Kooperation unter besten Voraussetzungen.
Erst mal ein Testlauf?
Wenn beide Seiten sich noch nicht ganz sicher sind und erst
einmal herausfinden wollen, ob die Vorstellungen, Arbeitsweisen und Ziele
wirklich zusammenpassen, dann lässt sich die Pro-bono-Arbeit zunächst in einem
begrenzten Testlauf ausprobieren.
So hat keine Seite viel verloren, wenn die Zusammenarbeit
sich in der Praxis dann doch nicht bewährt. Erfahrungen gewinnt man auf jeden
Fall – und weiß beim nächsten Versuch schon genauer, worauf es ankommt.
Es gibt viel mehr Chancen als Fallstricke
Das ausführliche Aufzählen von Fallstricken kann selbst zur Falle werden: dann nämlich, wenn darüber die Chancen aus dem Blickfeld geraten.
- Pro-Bono-Dienstleistungen sind gerade für kleinere Non-Profits eine großartige Möglichkeit, den eigenen Wirkungsgrad zu erhöhen. Die Qualifikation der Dienstleister*innen und Expert*innen kann den Spielraum an Wirkung und Möglichkeiten entscheidend erweitern. Solcher Input ermöglicht bessere oder zusätzliche Angebote als Output.
- Die Kooperationsbereitschaft von Pro-bono-Dienstleister*innen ist eine echte Bestätigung der eigenen Arbeit: qualifizierte, externe Fachleute sind bereit, das Anliegen der Non-Profits tatkräftig, unter Einsatz von Zeit und Arbeit und ohne finanzielle Gegenleistung voranzubringen.
- Die Zusammenarbeit mit Pro-bono-Dienstleister*innen ermöglicht einen neuen Blick von außen auf die eigenen Abläufe und Gewohnheiten. Auch darin liegt eine Chance, und zwar auf Lernen, Veränderung und Vorankommen, und zwar für beide Seiten.