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Partner*innen finden und überzeugen
Lektion 9 von 11

[00:00:01.500] – Annalena Rehkämper, PHNEO gAG

Akteurinnen und Akteure sind Einzelpersonen oder Organisationen, die in eurem Themenfeld oder in eurer Region eine Rolle spielen. Anders gesagt: die zu dem System gehören, in dem ihr etwas ändern wollt. Wenn ihr schon länger in eurer Region aktiv seid, dann kennt ihr bestimmt schon viele Organisationen und fangt bei der Akteursanalyse nicht bei Null an. Manchmal kann es aber trotzdem helfen, wenn jemand mit einem frischen Blick auf die Situation schaut. Eine Akteursanalyse ist also in jedem Fall nützlich.

[00:00:30.840] – Julia Kaesemann, PHINEO gAG

Wofür braucht man eine Akteursanalyse? Eine Akteursanalyse hilft mir dabei, die relevanten Spieler im Feld zu erkennen. So kann ich einerseits mögliche Partnerinnen oder Partner für meinen Gemeinsam-Wirken-Verbund finden. Oder ich finde andere Akteure im Feld, die möglicherweise nie meine Partnerinnen und Partner werden, die aber trotzdem für das System relevant sind. Auch die sollte ich identifizieren und auf dem Schirm behalten.

[00:00:57.480] – Annalena Rehkämper, PHINEO gAG

Relevante Akteurinnen und Akteure finden sich auf allen drei Ebenen: bei der Zielgruppe, bei den Organisationen und Institutionen und auf der Ebene des Systems oder der Gesellschaft. Also da, wo die Regeln gemacht werden. Am besten startet ihr euer Brainstorming mit diesen Kategorien und recherchiert Akteure.

[00:01:15.510] – Julia Kaesemann, PHINEO gAG

Es gibt zwei Denkhilfen, die die Recherche strukturieren können: Entweder denke ich über typische Akteursgruppen nach, die in so gut wie jedem System vorhanden und relevant sind. Oder ich denke über Rollen nach, die einzelne Akteure einnehmen können. Starten wir mit den typischen Akteursgruppen. Da haben wir z.B. die Zielgruppen. Das sind natürlich die, die vom Gemeinsamen Wirken profitieren sollen. Im Fall der Jugendarbeitslosigkeit wären das in erster Linie die Jugendlichen auf Jobsuche, aber z.B. auch deren Eltern oder Lehrkräfte.

[00:01:50.010] – Julia Kaesemann, PHINEO gAG

Es gibt auch Interessensvertreterinnen und -vertreter oder Lobbyisten oder Aktivistinnen und Aktivisten, die für das Thema brennen, und es gibt natürlich Unternehmen von klein bis groß, die als potentielle Arbeitgebende für die Jugendlichen absolut relevant sind. Außerdem haben wir Non-Profits, die im Feld unterwegs sind, von kleinem Verband bis zur großen Wohlfahrtsorganisation. Und wir haben Politikerinnen und Politiker, von Regional- über Bundes- bis zur EU-Ebene. Und am Ende haben wir auch bei den meisten Themenfeldern noch ganz andere spezifische Akteure, die wir mit betrachten sollten.

[00:02:25.520] – Julia Kaesemann, PHINEO gAG

Im Fall der Jugendarbeitslosigkeit wären das z.B. Jobcenter, Bildungseinrichtungen oder Arbeitsämter. Wir sehen also, bei der Akteursanalyse sind wir trisektoral unterwegs, von der Zivilgesellschaft über die Wirtschaft bis zur Politik.

[00:02:41.230] – Annalena Rehkämper, PHINEO gAG

Noch ein kleiner Tipp für eure weitere Arbeit. Es ist völlig okay, wenn euch als Akteure vor allem Organisationen und Institutionen einfallen. Für die weitere Arbeit ist es aber sinnvoll, die Akteure so weit wie möglich zu personifizieren. Das heißt, wenn man sich z.B. das lokale Unternehmen als einen Akteur notiert, auch schon mal die Geschäftsführerin, Betriebsräte oder Ähnliches zu recherchieren. So bekommen die Akteure ein Gesicht und einen Charakter.

[00:03:08.920] – Julia Kaesemann, PHINEO gAG

Schauen wir uns nun die verschiedenen Rollen an, die Akteure einnehmen können. Es gibt einmal diejenigen, für die die Angebote gemacht sind, also die Zielgruppen. Es können z.B. Jugendliche sein, die die Schule abbrechen. Dann gibt es diejenigen, die die Angebote machen, z.B. freie Träger oder auch kleine Non-Profit-Organisationen. Wir finden außerdem diejenigen, die die Rahmenbedingungen setzen oder Regeln machen, z.B. Abgeordnete in Stadtparlamenten. Und wir haben die Rolle der Mittelgebenden, also diejenigen, die Gelder geben und auch mitentscheiden, wohin die Gelder fließen sollen.

[00:03:45.530] – Julia Kaesemann, PHINEO gAG

Klassischerweise können das z.B. Stiftungen, Unternehmen, private Spenderinnen, private Spender oder auch Kommunen sein. Es gibt außerdem Koordinatorinnen und Koordinatoren, das sind diejenigen, die in Netzwerken sitzen oder beispielsweise in Arbeitskreisen. Mit denen relativ eng verknüpft sind oft, wir nennen sie an dieser Stelle mal die Zugangsgeberinnen oder Zugangsgeber. Das sind diejenigen, die einfach gut vernetzt sind und dadurch Türen zu ganz wichtigen Kontakten öffnen können. Und am Ende haben wir die Meinungsführerinnen und Meinungsführer.

[00:04:22.610] – Julia Kaesemann, PHINEO gAG

Wen meinen wir damit? Es sind üblicherweise Aktivistinnen und Aktivisten, Influencer oder Journalistinnen und Journalisten. Wir haben uns jetzt verschiedene Akteursgruppen und verschiedene Rollen angeschaut. Beides sind gute Möglichkeiten, um eine Akteursanalyse durchzuführen. Es fällt aber auf: nicht immer ist alles trennscharf. Es gibt Fälle, in denen entspricht eine Akteursgruppe einer Rolle. Es gibt aber auch Fälle, in denen eine Akteursgruppe mehrere Rollen übernimmt, und gleichzeitig gibt es Fälle, in denen eine Rolle von mehreren Akteursgruppen übernommen wird.

[00:04:56.800] – Julia Kaesemann, PHINEO gAG

Diese beiden Ansätze der Akteursanalyse sind nicht als starre Vorlage zu verstehen. Es geht vielmehr darum, aus verschiedenen Perspektiven auf ein System zu schauen und damit sicherzustellen, dass kein relevanter Akteur entgeht.

[00:05:11.480] – Annalena Rehkämper, PHINEO gAG

Die Akteursanalyse kann als ein lebendiges Tool betrachtet werden. Es kommen ja immer wieder neue Akteurinnen und Akteure hinzu und du lernst neue Personen kennen. Die Akteursanalyse ist also quasi dein privates CRM, Customer Relationship Management, für das du aber keine fancy Technik brauchst. Ähnlich einem Adressbuch, nur mit zusätzlichen inhaltlichen Informationen. Die Akteursanalyse gibt einen Überblick über die relevanten Stakeholder und bietet eine Grundlage für die Suche nach Partnerinnen und Partnern.

[00:05:45.250] – Martin Herrndorf, AGORA Köln e. V., Tag des guten Lebens

Die Rollen sind oft nicht fix, sondern hängen davon ab, wo das Projekt geradesteht. Das verändert sich im Jahresablauf sehr stark. Wenn ich jetzt entscheide, in welches Stadtviertel ich als nächstes gehen möchte, dann habe ich eine viel breitere Beteiligung im Netzwerk zu dieser Frage, weil natürlich Leute in unterschiedlichen Stadtteilen aktiv sind. In so einer Entscheidungskonstellation bringen die ihre Expertise ein, aber auch ihr eigenes Interesse zu sagen, es soll mal auf der anderen Rheinseite sein.

[00:06:11.830] – Martin Herrndorf, AGORA Köln e. V., Tag des guten Lebens

Es soll mal was im Kölner Süden sein. In dem Augenblick, wo ich das Projekt organisiere, habe ich andere Partner, die in den Vordergrund treten, die operativ tätig sind. Und wenn der Tag dann stattfindet, dann komme ich wieder ein bisschen in die Breite, das ganz unterschiedliche Organisationen vor Ort sind und sich präsentieren. Es gibt Stellen, wo wir das Partnernetzwerk auch sehr gezielt erweitert haben. Ein Beispiel sind die Party-Kollektive. Es gibt in Köln eine Reihe von Party-Kollektiven aus dem Elektro-Techno-Bereich, die ein bisschen im Verborgenen agieren, teilweise auch illegale Partys machen, auf irgendwelchen Freiflächen und Autobahnen kreuzen, die aber viel Expertise haben, Dinge gestalterisch umzusetzen, also einfach schöne Dinge zu bauen, die inspirieren und auch Menschen in einer bestimmten Altersschichten anzusprechen, die wir vielleicht als Kernthemen, auch sieben Jahre älter als am Anfang, dann irgendwann nicht mehr so ansprechen.

[00:07:14.680] – Martin Herrndorf, AGORA Köln e. V., Tag des guten Lebens

Und die haben wir sehr gezielt mit eingeholt, haben denen Raum gegeben und gesagt, wir würden uns freuen, wenn ihr aktiv sein, wenn ihr präsent seid. Und haben geschaut, wie wir so eine Zusammenarbeit hinbekommen, dass die am Tag dann Dinge aufbauen und da ihr Wirken, ihre Sicht auf die Welt, zeigen und ihre Kreativität ausleben können. Und das hat dann auch an dem Tag, wo wir das zum Beispiel gezielt betrieben haben, auch sehr gut funktioniert, dass an den Stellen, wo die aktiv waren, auch diese Atmosphäre ein bisschen zusammengekommen ist.

Welche typischen Rollen können Akteur*innen im Handlungsfeld einnehmen?

  • Regelsetzer*innen: z.B. das Stadtparlament
  • Mittelgeber*innen: z.B. Stiftungen, Unternehmen, Spender*innen oder die Kommune
  • Meinungsführer*innen: z: B: sehr engagierte Aktivist*innen, Journalist*innen oder Influencer
  • Koordinator*innen: z.B. Netzwerke oder kommunale Arbeitskreise
  • Leistungserbringer*innen: z. B. freie Träger oder NPOs mit Bildungsangeboten
  • Leistungsempfänger*innen oder Zielgruppen: z.B. Jugendliche, die die Schule abbrechen oder auch kommunale Verkehrspolitiker*innen
  • Zugangsgeber*innen: das sind gut vernetzte Personen, die über ihre Kontakte Zugang zu wichtigen Netzwerken und Entscheidern herstellen können


Ein Akteur*innen-Mapping aufsetzen

Die Akteur*innenanalyse ist keine einmalige Aktion, sondern kann als lebendiges Werkzeug betrachtet werden. Es kommen neue Organisationen und Personen im Handlungsfeld hinzu und man lernt über die Zeit auch immer mehr interessante Ansprechpartner*innen und potentielle Partner*innen kennen. Die Analyse der Akteur*innen im Feld ist also ganz ähnlich einem Adressbuch mit zusätzlichen, inhaltlichen Informationen. Sie gibt einen Überblick über Stakeholder und bietet die Grundlage für die Partner*innensuche. 

Eine solches Akteur*innen-Mapping haben wir für dich als Excel-Vorlage vorbereitet. Du kannst sie nach euren Anforderungen erweitern und verändern und so alle wichtigen Informationen zu Akteuren und potentiellen Partner*innen an einer Stelle sammeln und verwalten.

Du hast dir einen Überblick über die Akteur*innen im Handlungsfeld verschafft.

In der nächsten Lektion erfährst du, wie du unter diesen Akteur*innen potentielle Partner*innen identifizieren und strukturiert priorisieren kannst. Denn gerade in der Anfangsphase von Gemeinsam Wirken kommt es auf eines an: Die richtigen Verbündeten!