[00:00:01.300] – Annalena Rehkämper, PHINEO gAG
Gemeinsam Wirken versucht, angemessene Antworten auf komplexe Fragen zu finden. Dabei stößt man oft an Grenzen. Man kann aber auch viel lernen. Welche Kompetenzen du als Person und im Team benötigst und wie du diese Kompetenzen auch während der laufenden Arbeit stärken und weiterentwickeln kannst, das schauen wir uns jetzt einmal genauer an.
[00:00:22.000] – Nina Hirsens, PHINEO gAG
Um gemeinsam mit anderen in komplexen, dynamischen Umfeldern wirklich langfristig Veränderungen zu erreichen, braucht es vor allem vier Kompetenzen: Analyse, Kommunikation, Handeln und Resilienz. Analyse, das ist die Fähigkeit, den Dingen auf den Grund zu gehen, also ein System, dessen Bestandteile und Beziehungen zueinander zu durchblicken. Kommunikation, das ist die Fähigkeit, Partnerinnen empathisch anzusprechen und einbinden zu können. Handeln, das ist die Fähigkeit zu priorisieren und zu lernen, aber die Dinge auch manchmal einfach pragmatisch anzugehen. Und Resilienz dreht sich um die Fragen, wie sorge ich für mich? Wie kann ich motiviert bleiben? Und allgemein: Wie kann ich meine persönlichen Ressourcen gut managen?
[00:01:06.610] – Annalena Rehkämper, PHINEO gAG
Man muss diese Kompetenzen nicht in einer Person vereinen. Die Zeit der einsamen Heldinnen und Helden ist vorbei. Es lohnt sich aber, dass ihr darauf schaut, dass diese Kompetenzen bei euch im Team vertreten sind. Gemeinsam mit euren Projektpartnerinnen und -partnern. Und das ist auch das Schöne am gemeinsamen Wirken. Ihr könnt euch Partnerinnen und Partner dazu holen, die eure Stärken ergänzen. Lasst uns noch einmal gemeinsam genauer auf die vier Kompetenzen schauen.
[00:01:31.810] – Nina Hirsens, PHINEO gAG
Erstens Analyse. Das ist eure Fähigkeit, ein System zu verstehen und zu durchleuchten, aus verschiedenen Perspektiven und mit dem richtigen Zoomlevel.
[00:01:40.630] – Annalena Rehkämper, PHINEO gAG
Zur Analyse gehört, herauszoomen zu können und das große Ganze in den Blick zu nehmen. Der nächste Schritt ist dann, das richtige Level für unsere Gemeinsam-Wirken-Initiative zu erkennen. Welches Level passt zu dem gesellschaftlichen Ziel, das wir verfolgen? Bei einer Verkehrswende-Initiative zum Beispiel könnten wir uns fragen, geht es hier um eine Straße, um ein Quartier, die Stadt oder das ganze Land? Eine weitere Fähigkeit ist es, die Perspektive zu wechseln und sich in andere Akteurinnen und Akteure hineinzudenken. Was sagen die Autobesitzer in unserer Straße dazu, was die Verkehrspolitiker, die Stadtplaner oder was sagt der Fahrradladen um die Ecke?
[00:02:20.230] – Nina Hirsens, PHINEO gAG
Zur Analyse gehört auch die Fähigkeit, dass ihr komplexe Sachverhalte auf grundlegende Strukturen herunterbrechen könnt. Damit ihr eine griffige Beschreibung der Ausgangslage erhaltet, ist hilfreich, wenn ihr das häufig komplexe System für euch verständlich strukturieren und mit euren Werkzeugen visualisieren könnt. Wenn ihr die Ausgangslage durchdrungen habt, stellt sich die Frage, wo könnt ihr anpacken? In Hypothesen zu denken, kann dabei helfen. Das sind entweder Problem-Hypothesen oder Lösungs-Hypothesen.
[00:02:49.960] – Annalena Rehkämper, PHINEO gAG
Schließlich gehört zur Fähigkeit, das System zu verstehen, auch, sich über implizite Annahmen und mentale Modelle bewusst zu werden. Also welche Annahmen, welche Narrative, sind verbreitet und mächtig? Solche Narrative könnten z.B. sein: Die Straßen sind für Autos da, oder: Jeder sollte ein Auto besitzen können, oder: Wir brauchen genug Parkplätze. Zur Analyse gehört auch, sich zu fragen: Wer hat mit wem welche Beziehungen und hängt mit wem zusammen und mit wem noch nicht. Z.B. Die Verkehrswende-Initiative kennt vielleicht noch nicht die Mitglieder des Verkehrsausschusses im Stadtrat.
Also die wissen vielleicht voneinander, aber stehen noch nicht miteinander im Dialog.
[00:03:31.540] – Nina Hirsens, PHINEO gAG
Zweitens: Kommunikation. Kommunikation ist die Fähigkeit, auf viele Akteure und Akteurinnen zugehen zu können und sich mit ihnen auszutauschen und dabei sie und ihre Gemeinsamkeiten in den Mittelpunkt stellen zu können. Um andere Akteure und Akteurinnen zu gewinnen und langfristig zu motivieren, hilft es, sie dabei zu unterstützen, ihre eigenen Ziele zu erreichen. Beim gemeinsamen Wirken geht es nicht nur um euch, sondern um alle Beteiligten und natürlich um eure gemeinsame Vision. Die Erfolge der Einzelnen sind auch immer die Erfolge der Gemeinschaft. Wenn z.B. die Bezirkspolitikerin sich mit klimafreundlicher Politik Mehrheiten in ihrem Quartier verschaffen kann, haben wir alle gewonnen.
[00:04:09.130] – Annalena Rehkämper, PHINEO gAG
Da ihr vielfältige und unterschiedliche Akteure braucht, wird es auch viele Unterschiede geben. Dabei hilft es, zuerst die Gemeinsamkeiten zu betonen und dann auf die Unterschiede einzugehen – diese aber auch als Stärken wertzuschätzen.
[00:04:24.280] – Nina Hirsens, PHINEO gAG
Wenn es komplex wird, wird es häufig auch schwer verständlich. Deshalb sollte man die Dinge greifbar machen. Wenn Probleme wirklich spürbar werden, ist es das, was Menschen bewegt. Konkrete Lösungen begeistern. Dabei hilft es, wenn man griffig, kurz und knapp erzählen kann und gleichzeitig in Beispielen und Metaphern und visuell ansprechend kommuniziert. Drittens: Handeln. Hiermit ist die Fähigkeit gemeint, immer wirkungsorientiert zu priorisieren und den nächsten Schritt im Blick zu haben. Und das trotz Unsicherheit und viele Optionen.
[00:04:57.010] – Annalena Rehkämper, PHINEO gAG
Ihr werdet euch beim Hinwirken auf gesellschaftliche Ziele, und auch weil es so vielfältige Interessen gibt, immer wieder fragen, wie und wo es jetzt weitergehen kann. Für die konkrete Arbeit gilt: Ich muss noch nicht die gesamte Reise durchgeplant haben. Aber es ist gut, sich zu überlegen, welcher der nächste Schritt sein kann, der mich meiner Vision näherbringt. Dabei hilft es, sich darüber im Klaren zu sein, welche der Handlungsansätze das höchste Wirkpotenzial haben und sich dann auf diese zu fokussieren.
[00:05:26.360] – Nina Hirsens, PHINEO gAG
Beim wirkungsorientierten Handeln könnt ihr ständig dazulernen. Diese Lernerfahrung wiederum hilft euch dabei, noch bessere Entscheidungen zu treffen. Euer Wissen wächst mit allem, was ihr tut. Und für Lernprozesse offen zu sein, immer wieder Raum für Reflexion einzubauen, kann euch bei eurem Vorhaben unterstützen.
[00:05:26.360] Annalena Rehkämper, PHINEO gAG
Weil sich Dinge ständig ändern, macht es wenig Sinn, ewig nur zu planen. Besser ist es, ins Tun zu kommen, und dann während des laufenden Prozesses Anpassungen vorzunehmen. Stichwort Pragmatismus.
[00:05:57.530] – Nina Hirsens, PHINEO gAG
Viertens: Resilienz. Es ist wichtig, dass ihr für euch sorgt, dass ihr wisst, was euch motiviert – und das dann auch einbringt – und dass ihr eure persönlichen Ressourcen gut managt. Das ist das Grundlegende. Wenn ihr bei komplexen Vorhaben über längere Zeit nicht auf euch selbst achtet, kann es nicht klappen. Selbstfürsorge und Resilienz sind also wichtige Fähigkeiten beim gemeinsamen Wirken.
[00:06:19.790] – Annalena Rehkämper, PHINEO gAG
Zur Resilienz gehört es, sich eine bestärkende Umgebung zu schaffen, also einen Raum, indem man immer wieder auftanken kann. Achtet also darauf, für euch und euer Team diesen Raum mit einzuplanen und euch Zeit dafür zu nehmen. Sowas kann unterschiedliche Formen haben, z.B. ein regelmäßiges Teamtreffen, Coachings. Mentorings oder einfach kleine Rituale. Schließlich gehört dazu, immer wieder Motivation aus eurer langfristigen Vision zu ziehen. Tretet nochmal einen Schritt zurück und erinnert euch und andere daran, wofür machen wir das gerade? Was ist die Vision, an der wir arbeiten?
[00:06:57.140] – Alina Sottmann, coach@school e. V., Hamburger Bücherkoffer
Es macht natürlich Sinn, mal darauf zu gucken, welche Rollen wir benötigen, um unser Vorhaben gut voranbringen zu können. Und da ist es natürlich auch spannend, zu gucken, welche Kompetenzen haben denn unsere Partner in unserem Verbund? Welche Rollen mögen unsere Partner im Verbund vielleicht gerne spielen und bei welchen Rollen sind sie vielleicht auch nicht traurig, wenn das ein anderer im Verbund übernimmt. Also lasst uns doch mal hinschauen was ist das, was ich, was meine Organisationen sehr gut kann? Was bringen aber auch die anderen mit, welche Kompetenzen? Und vielleicht auch offen darüber sprechen, was möchte jeder gerne machen? Manchmal sind das auch versteckte Ressourcen.
Wenn man kooperiert, dann hat man immer mit Menschen zu tun. Und Menschen ticken natürlich auch unterschiedlich. Manchmal versteht man sich nicht direkt, weil man nicht das Gleiche hört. Manchmal ist es aber auch eine gemeinsame Vorerfahrung, weil man vielleicht schon mal in einem gemeinsamen Ausschuss gesessen hat und da hat an dem einen oder anderen Punkt gekracht oder man war nicht einverstanden mit Dingen.
Das heißt, wenn wir uns z.B. den Bereich Bildung anschauen, ist es ganz häufig so, dass die Akteure sich untereinander schon kennen. Die haben schon miteinander Erfahrungen gemacht und jetzt sitzen sie wieder zusammen und überlegen sich, wir haben doch eigentlich die gleiche Mission. Wir wollen doch eine gleiche Richtung. Was können wir tun, um unsere Programme möglichst so aufeinander abzustimmen, dass am meisten Nutzen herauskommt und wir Synergien nutzen können?
Für ein erfolgreiches Gemeinsam Wirken sind bestimmte Kompetenzen gefragt. Dabei müssen nicht alle Kompetenzen von Beginn an vorhanden sein und es muss auch nicht jede Person alles gleichzeitig und gleich gut können.
Die folgende Übung soll dir mittels Selbsteinschätzungsfragen helfen, für dich und dein Team zu reflektieren, wo du oder ihr schon gut aufgestellt seid und eure Kompetenzen in die Kooperation einbringen könnt und wo Entwicklungspotentiale bestehen.
Woran erkenne ich, ob meine Organisation gut gerüstet ist für Gemeinsam Wirken?
Gemeinsam Wirken hat viele Gesichter und deshalb kann grundsätzlich jede Organisation ihre individuellen Stärken und Kompetenzen einbringen und mit anderen Organisationen ergänzen.
Es gibt jedoch ein paar Faktoren, die es leichter machen:
- Wirkungsorientierung: Hat eure Organisation eine klare Vision und Mission, sind also die Ziele und Vorhaben klar benannt?
- Lern- & Veränderungsbereitschaft: Seid ihr als Organisation bereit, euch selbst zu hinterfragen, etablierte Strukturen, Prozesse und Glaubenssätze zu verändern und auch kalkulierte Risiken einzugehen? Dazu gehört auch, dass ihr eine lernende Organisation seid und bereit Unsicherheiten auszuhalten und dazu zu lernen.
- Partnerschaftlichkeit: Glaubt ihr, dass es Partner*innen aus anderen Bereichen und mit anderen Perspektiven braucht, um nachhaltige Veränderung zu erreichen? Seid ihr vielleicht sogar bereit, andere Organisationen oder Meinungsführer*innen in den Mittelpunkt zu stellen, beispielsweise indem ihr gemeinsames Fundraising für deren Kernthema betreibt oder über die Erfolge anderer kommuniziert?
- Transparenz: Seid ihr bereit, Erkenntnisse und Daten zu teilen? Vielleicht sogar solche, für die ihr bezahlt habt? Zur Transparenz gehört auch offen, über die eigenen Interessen, aber auch über euer Commitment zu sprechen.
- Neben diesen Eigenschaften einer Organisation ist es auch hilfreich zu schauen, ob die entscheidenden internen Stellen und Personen ein realistisches Verständnis von dem Gemeinsam Wirken Vorhaben besitzen und wirklich mit an Bord sind.