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Wer als Satzungszweck einer gemeinnützigen Organisation „gemeinnützige“ Aktivitäten nennt, geht auf Nummer sicher – sollte man meinen. Tatsächlich kann diese Formulierung zur Stolperfalle werden.

Auf den ersten Blick erscheint es schwer verständlich: Ein neu gegründeter Verein aus dem Raum Mannheim legt sich in der Satzung ausdrücklich auf „ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der Abgabenordnung“ fest. Das zuständige Amtsgericht verweigert die Eintragung ins Vereinsregister. Die Verantwortlichen des Vereins legen Beschwerde vor Gericht ein. Ohne Erfolg: Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe bestätigt die Entscheidung.

Wie kann das sein? Um den Beschluss des OLG nachzuvollziehen, muss man einen Blick auf die Grundlagen des Gemeinnützigkeits- und Vereinsrechts werfen.

Eintragung ins Vereinsregister und Anerkennung der Gemeinnützigkeit: zwei getrennte Verfahren

In den meisten Fällen gehören zur Gründung eines gemeinnützigen, eingetragenen Vereins zwei verschiedene Verfahren: eines zur Eintragung des Vereins, ein weiteres für die Anerkennung seiner Gemeinnützigkeit.

  • Zur Eintragung ins Vereinsregister beim zuständigen Amtsgericht ist eine notariell beglaubigte Anmeldung des neuen Vereins durch den Vorstand nötig. Dabei überprüfen die Rechtspfleger*innen zum Beispiel, ob die beschlossene Satzung die gesetzlichen Voraussetzungen für die Eintragung erfüllt, der Verein genügend Gründungsmitglieder hat, ob die Anmeldung notariell beurkundet wurde und ob es nicht bereits einen anderen Verein gleichen Namens vor Ort gibt.

    Grundlage der Prüfung ist das Bürgerliche Gesetzbuch (vor allem §§ 56 – 59 BGB). Mit der Eintragung wird der Verein zur eigenen juristischen Person. Er kann damit als Verein Vermögen besitzen, vertreten durch den Vorstand Verträge abschließen, vor Gericht klagen und ähnliches mehr.
  • Die Anerkennung seiner Gemeinnützigkeit beantragt der neue Verein beim zuständigen Finanzamt. Das prüft die Satzung hinsichtlich des Steuerrechts (§§ 59 – 60a AO). Es empfiehlt sich, den Beamt*innen vorab den Satzungsentwurf vorzulegen, um keine Gemeinnützigkeitshindernisse in einer bereits beschlossenen Satzung korrigieren zu müssen. Satzungsänderungen sind aufwendig.

    In der Regel wird die Freistellung zunächst vorläufig für bis zu anderthalb Jahre gewährt, dann in einem Freistellungsbescheid für mehrere Jahre. Die Gemeinnützigkeit wird von da an regelmäßig überprüft, meist im Dreijahresrhythmus.

    Die Anerkennung führt zu einer ganzen Reihe von Steuererleichterungen. Zum Beispiel können Spender*innen ihre Spende „von der Steuer absetzen“. Der Verein selbst muss unter anderem keine Körperschaftssteuer auf Spenden oder auf Einnahmen aus Zweckbetrieben bezahlen und genießt Vergünstigungen bei der Umsatzsteuer.

Die Eintragung des Vereins ins Vereinsregister, durch den er zum e. V. wird, und die Anerkennung der Gemeinnützigkeit, durch die er Steuererleichterungen erhält, sind also zwei getrennte Dinge. Deshalb sind neben dem Standardfall des gemeinnützigen e. V. auch gemeinnützige, aber nicht eingetragene Vereine möglich, ebenso eingetragene, aber nicht gemeinnützige Vereine.

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Ohne Anerkennung der Gemeinnützigkeit kann der Verein keine gemeinnützigen Zwecke verwirklichen

Nun wird eher verständlich, warum die explizite Festlegung auf „gemeinnützige Zwecke im Sinne der Abgabenordnung“ für den Mannheimer Verein (siehe oben) zum Eigentor wurde. Als der Verein mit dieser Satzung die Registereintragung beantragte, sollte er den Freistellungsbescheid vom Finanzamt vorlegen. Den hatte er aber nicht.

Juristisch betrachtet war das konsequent: Ein Verein ohne Anerkennung der Gemeinnützigkeit durch die Steuerbehörden kann gar nicht gemeinnützig im Sinne des Steuerrechts tätig werden – obwohl das in der Satzung festgelegt war. Diese Sichtweise wurde vom Oberlandesgericht Karlsruhe bestätigt.

Der Leitsatz des Gerichtsbeschlusses lautet: „Die Anmeldung eines Vereins kann zurückgewiesen werden, wenn die Satzung auf die Verfolgung gemeinnütziger Zwecke im Sinne der Abgabenordnung verweist, ein dies anerkennender Bescheid des Finanzamts aber nicht vorliegt.“ Die Formulierung des Satzungszwecks erwecke den Eindruck einer Anerkennung, obwohl diese nicht vorgelegen habe.

Dabei geht es nicht nur um Haarspalterei. Die Begründung der Jurist*innen lässt sich in etwa so zusammenfassen: Wenn Spender*innen auf die Vereinssatzung schauen und diese gemeinnützige Aktivitäten nennt, obwohl gar keine Steuerbegünstigung vorliegt, dann werden sie getäuscht.

Die Nicht-Eintragung im Vereinsregister wäre durch einen zeitnahen, erfolgreichen Freistellungsantrag beim Finanzamt grundsätzlich reparabel gewesen. Allerdings lehnte dieses den Antrag vor der Verhandlung beim OLG endgültig ab.

Welche Lehren lassen sich für die Praxis ziehen?

  • Natürlich benötigt ein Verein, der gemeinnützig sein möchte, einen vom Finanzamt anerkannten Satzungszweck. Die in der Satzung genannten Zwecke sollten sich beispielsweise unter die „Förderung des Sports“, die „Förderung der Entwicklungszusammenarbeit“, die „Förderung der Hilfe für politisch Verfolgte“ oder die „Förderung der Ortsverschönerung“ einordnen lassen.
  • Es bringt jedoch keinen Vorteil, wenn ihr die Gemeinnützigkeit des Satzungszwecks explizit mit in die Satzung schreibt, etwa als „gemeinnützige Förderung der Ortverschönerung nach Maßgabe der Abgabenordnung“. Das macht weder die Eintragung noch die Anerkennung der Gemeinnützigkeit leichter – ganz im Gegenteil.
  • Wenn es aus irgendeinem Grund beim Finanzamt hakt, kann eine solche Formulierung zusätzlich die Eintragung ins Vereinsregister blockieren.
  • Auch deshalb ist es sehr sinnvoll, den Satzungsentwurf schon vor der Gründungsversammlung dem Finanzamt vorzulegen. Findet heraus, welches Finanzamt für Körperschaften zuständig ist, und reicht die geplante Satzung dort ein. Ein formeller Antrag ist dazu nicht erforderlich. Normalerweise erteilen die Beamt*innen gern Antwort, ob sie Beanstandungsgründe mit Blick auf die Gemeinnützigkeit sehen. Bestehen keine Bedenken, könnt ihr die entsprechende Antwort zusammen mit den anderen Unterlagen dem Amtsgericht zur Eintragung vorlegen. Das sollte im Normalfall genügen.
  • Ihr erspart euch mit der Vorabprüfung möglichen Ärger und Zusatzaufwand. Es ist sehr lästig, wenn die bei der Gründungsversammlung beschlossene Satzung sofort wieder geändert werden muss, weil das Finanzamt daran etwas auszusetzen hat.
  • Als „Anlage“ enthält die Abgabenordnung eine Mustersatzung. Sie beschränkt sich auf die aus steuerlicher Sicht relevanten Regelungen. Wenn ihr diese Formulierungen übernehmt, sollte beim Finanzamt eigentlich nichts schief gehen. Außerdem bieten verschiedene Verbände und andere Quellen Mustersatzungen an. Natürlich sind Formulierungsmuster nur dann sinnvoll, wenn sie individuell passen. Im Zweifel kann ein Anwalt oder eine Anwältin für Vereinsrecht helfen. Natürlich kostet das Geld.
  • Seid ihr bereits ein eingetragener Verein und habt ihr eine Formulierung zu gemeinnützigen Vereinszwecken als Satzungsziel? Dann droht womöglich Ärger, falls das Finanzamt euch bei einer zukünftigen Überprüfung der Gemeinnützigkeit die weitere Anerkennung versagt. Vielleicht verlangt es vorher bestimmte Maßnahmen wie den Abbau zu hoher Rücklagen. Dies wäre dann nicht nur finanziell sehr ärgerlich.

    Im schlimmsten Fall führt die Formulierung der Satzung bei diesem Szenario gleich auch noch zur Streichung des Vereins aus dem Vereinsregister: Ohne Gemeinnützigkeit ist der Satzungszweck ja nicht mehr erfüllbar. Dann muss der e. V. abgewickelt und das Vereinsvermögen an andere gemeinnützige Non-Profits übertragen werden.

Fazit: Bei einem neu zu gründenden Verein sollte man sich den Hinweis auf gemeinnützige Tätigkeiten im Sinne des Steuerrechts sparen. Bei bestehenden Vereinen lohnt ein Blick in die Satzung. Allerdings kann eine Satzungsänderung in diesem Fall besonders aufwendig werden. Mehr dazu steht im Beitrag „Änderung des gemeinnützigen Zwecks: Das sind die Stolpersteine“.

Das Problem gilt auch für andere gemeinnützige Organisationen

Die oben geschilderte Problematik ergibt sich nicht nur für Vereine, sondern entsprechend auch bei Non-Profits einer anderen Rechtsform, wenn sie die Gemeinnützigkeit anstreben oder bereits besitzen. Das kann etwa eine gGmbH oder eine gemeinnützige Stiftung sein.