Ganz klar: Bilder sind wichtig für die Außendarstellung eurer Organisation. Sie dienen zudem der Dokumentation oder einfach zur Erinnerung. Doch Fotos oder Videos zeigen naturgemäß oft Menschen. Sind einzelne Personen erkennbar, solltet ihr die juristischen Vorgaben beachten.
Veröffentlicht ihr manchmal Aufnahmen von den Aktivitäten, Seminaren, Feiern und Terminen eurer Non-Profit – Fotos oder Videos, die eure Mitglieder oder vielleicht sogar ein*e Profi-Fotograf*in anfertigen und die ihr für eure Öffentlichkeitsarbeit einsetzt, auf eurer Website, in den sozialen Medien, in eurem Newsletter oder in Printpublikationen?
Dann habt ihr euch sicher schon gefragt, ob ihr Aufnahmen von Mitgliedern, Besucher*innen und Gästen einfach so veröffentlichen dürft, oder ob ihr eine Freigabe von den Abgebildeten benötigt.
Das Recht am eigenen Bild
Die Rechtslage sieht wie folgt aus: Menschen dürfen grundsätzlich selbst entscheiden, ob Fotos und Videos von ihnen veröffentlicht werden. Dafür gibt es zwei Rechtsgrundlagen: das Kunsturhebergesetz (KUG) und die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Bei besonders eklatanten Verletzungen des Rechts am eigenen Bild kommt sogar das Strafgesetzbuch ins Spiel.
Das Kunsturhebergesetz: „nur mit Einwilligung des Abgebildeten“
Schon im Jahr 1907 trat das „Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie“ in Kraft. Teile davon gelten heute noch, und zwar die Passagen, die das Recht am eigenen Bild festschreiben. Kern der Regelungen sind die Paragrafen 22 und 23.
- „Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden“ ist die zentrale Bestimmung von § 22 KUG. Von einer solchen Einwilligung kann man im Zweifel ausgehen, wenn die abgebildete Person dafür bezahlt wurde. In anderen Fällen muss man die Einwilligung nachweisen können.
- Allerdings gibt es Ausnahmen. Sie werden in § 23 KUG erwähnt. Die Einwilligung ist verzichtbar, wenn es um Personen der Zeitgeschichte geht, wenn die Abgebildeten nur „als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit“ erscheinen oder wenn sie bei der Teilnahme an „Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen“ aufgenommen wurden.
Die DSGVO: Auch Fotos und Videos sind personenbezogene Daten
Die Datenschutzgrundverordnung oder DSGVO, die in der gesamten EU gilt, ist wesentlich jünger. Sie regelt den Schutz personenbezogener Daten. Darunter fallen auch Bilddaten, sobald sie eine Person erkennbar abbilden.
In diesem Fall stellt das Anfertigen, Veröffentlichen oder Verbreiten des Bildes eine „Verarbeitung“ personenbezogener Daten dar. Diese ist bis auf wenige Ausnahmen nur zulässig, wenn die betreffende Person eingewilligt hat (Art. 6 DSGVO).
Anders ist die Rechtslage nur bei Veröffentlichungen zu journalistischen Zwecken. Für die Berichterstattung in journalistischen Medien, Rundfunk oder Presse (Art. 85 DSGVO) gilt die DSGVO nicht. Diese Ausnahme betrifft jedoch nicht die Öffentlichkeitsarbeit, die z.B. eine Non-Profit für sich selbst betreibt.
Was gilt in der Praxis? Tipps für rechtssichere Foto- und Videoaufnahmen von eurer Veranstaltung
Was folgt aus diesen juristischen Vorgaben für die Praxis? Was solltet ihr beachten, wenn ihr Fotos oder Videoaufnahmen von eurem Jahresfest, dem Trainingsbetrieb, einer Fortbildung oder einem anderen Ausschnitt eures Non-Profits präsentieren wollt? Hier sind einige Beispiele, Tipps und Gesichtspunkte dazu:
- Ihr lasst das Vereinsheim oder euer Schulungszentrum fotografieren, und bei der Aufnahme gehen zufällig einige Menschen davor auf dem Gehweg vorbei? In diesem Fall benötigt ihr keine Einwilligung, um die Fotos zu veröffentlichen – die Passant*innen sind „Beiwerk“.
- Eure Organisation beteiligt sich an einer Demo zum Klimaschutz oder am Umzug beim Stadtfest? Wenn ihr dort Fotos macht, auf denen Teilnehmer*innen erkennbar sind, benötigt ihr grundsätzlich keine Einwilligung. Wer an einer Veranstaltung im öffentlichen Raum teilnimmt, kann sich nicht darüber beklagen, dass er oder sie dort fotografiert wird.
- Anders ist es, wenn eine Person vor dem Schulungszentrum oder auf dem Umzug nicht einfach zufällig im Bild war, sondern gezielt und groß ins Bild gerückt wurde. Ist auf jeder zweiten Aufnahme der Fotoserie vom Vereinsfest eine bestimmte Person im Fokus? Dann sollten diese Bilder nicht ohne ihre schriftliche Einwilligung auf der Website veröffentlicht werden.
- Hat das Persönlichkeitsrecht Vorrang oder greift die Ausnahme zur Bildveröffentlichung ohne Einwilligung? Das ist stets eine Einzelfallentscheidung. Als Grundsatz gilt: Je mehr Personen auf dem Bild sind, je kleiner sie abgebildet werden und je zufälliger sie dort zu sehen sind, umso eher fallen sie unter die Ausnahmen „Beiwerk“ oder „öffentlicher Aufzug/Versammlung“.
- Ausschlaggebend kann zudem sein, ob die Veranstaltung öffentlich oder im geschlossenen Rahmen stattfand, ob die Bilder allgemein zugänglich veröffentlicht oder in einem geschlossenen Forum verbreitet werden und ob die Publikation für die Abgebildeten negative Folgen haben kann. Wer Teilnehmer*innen einer Info-Veranstaltung zu einem sensiblen Gesundheitsthema wie „Umgang mit sexuell übertragbaren Krankheiten“ veröffentlicht, kann sich kaum auf das Kunsturhebergesetz berufen.
- Fotos, die Menschen in ehrverletzender oder sehr unvorteilhafter Weise zeigen, sind selbst dann tabu, wenn sie ansonsten unter die oben beschriebenen Ausnahmen von der Pflicht zur Einwilligung fallen. Das gebietet nicht nur der Anstand, sondern auch die Rechtslage. Fotos völlig betrunkener Teilnehmender am Stadtfest-Umzug sollten nicht entstehen und erst recht nicht auf eurer Facebook-Seite landen.
- Ihr habt eine prominente, allgemein bekannte Expertin als Vortragende gewonnen? Dann dürft ihr sie grundsätzlich ohne gesonderte Einwilligung fotografieren und die Fotos veröffentlichen. Als Person der Zeitgeschichte fällt sie unter eine weitere Ausnahme. Allerdings gilt das nicht in einem rein privaten Kontext, etwa wenn die bekannte Schauspielerin ihren kleinen Sohn zur Kindergruppe eures Vereins bringt. Außerdem schränken Verträge mit Prominenten manchmal ein, wer wann auf dem Event fotografieren und die Bilder veröffentlichen darf.
- Eure Kulturstiftung veranstaltet eine Jahresgala, und ihr wollt davon Bilder in den sozialen Medien zeigen? In diesem Fall benötigt ihr grundsätzlich eine Einwilligung. Vermutlich sind es zu viele Gäste, um von jeder Person eine eigene Unterschrift einzuholen. Deshalb sollte zumindest am Einlass deutlich mit Aushängen auf die Aufnahmen hingewiesen werden. Falls ihr vorab Eintrittskarten verkauft, sollte ihnen ebenfalls eine entsprechende Info beiliegen. Außerdem gehört der Hinweis auf Ankündigungen der Veranstaltung, etwa im Internet.
- Der Text der Aushänge könnte zum Beispiel lauten: „Bitte lächeln – Sie sind im Bild. Wir machen Fotos und Videos von unserer Gala. Sie werden auf unserer Website und in unserem Jahrbuch veröffentlicht. Wenn Sie nicht abgebildet werden möchten, sprechen Sie bitte XY an. Weitere Info unter www.URL.de.“
- Entscheidend ist, dass auf die Aufnahmen hingewiesen wird, dass die beabsichtigte Verwendung des Bildmaterials erläutert wird und dass die Betroffenen der Veröffentlichung ihrer Abbildung widersprechen können. Zudem sollte ein*e Ansprechpartner*in genannt sein.
- In manchen Fällen haben sich bunte Punkte für die Kleidung oder kleine farbige Bändchen bewährt, die am Eingang an die Leute verteilt wurden, die nicht aufs Bild wollen. Ob das praktikabel ist, hängt vom Kontext ab.
- Bei Aufnahmen von einer kleinen Gruppe ist ein allgemeiner Hinweis kaum ausreichend. Wenn ihr Fotos von den fünf Frauen der Volkstanzgruppe machen und im Vereinsjournal oder online veröffentlichen wollt, dann seid ihr auf der sicheren Seite, wenn ihr euch die Einwilligung von allen fünf per Unterschrift bestätigen lasst. Der Aufwand ist in diesem Fall zumutbar.
- Ganz besonders sensibel solltet ihr bei Kindern und Jugendlichen sein. Die Rechtslage ist zwar grundsätzlich dieselbe wie bei Erwachsenen. Die Gerichte wenden das Persönlichkeitsrecht im Zweifel jedoch besonders strikt an. Bei Minderjährigen sind die Sorgeberechtigten, zum Beispiel die Eltern, für die Einwilligung zuständig. Gleichzeitig solltet ihr zumindest bei Jugendlichen ab etwa 14 Jahren parallel auch die Einwilligung des oder der Abgebildeten selbst einholen.
- Wenn ihr Personen Geld dafür bezahlt, dass sie sich fotografieren lassen, dann gilt die Einwilligung in die Veröffentlichung der Fotos „im Zweifel als erteilt“, wie das Gesetz es formuliert.
- Daraus folgt nicht, dass Beschäftigte eurer Organisation den Aufnahmen nicht widersprechen können, nur weil sie Lohn oder Gehalt bekommen. Im Gegenteil: Der Beschäftigtendatenschutz ist besonders streng. Allerdings gilt auch hier die Verhältnismäßigkeit. Die für Öffentlichkeitsarbeit zuständige Vorständin kann sich der Kamera schwer entziehen. Bei einer Hilfskraft, die beim Sommerfest kellnert, ist das anders.
- Eine nicht endgültig geklärte Frage ist, ob eine bereits erteilte Einwilligung später widerrufen werden kann. Das KUG liefert dafür keine Grundlage, die DSGVO schon. Es kann also sein, dass jemand im Nachhinein verlangt, dass ihr bereits im Web veröffentlichte Bilder wieder löscht. Das wird besonders dann zum Problem, wenn ihr das Bild auf einer Plattform publiziert habt, die sich Bildrechte für alle hochgeladenen Aufnahmen vorbehält. Ohnehin lässt sich ein Bild, das im Internet veröffentlich wurde, kaum wieder „einfangen“.
- Wenn jemand dagegen verlangt, dass ihre die gesamte Auflage des Jahresberichts eurer Stiftung kurz vor dessen Vorstellung wieder einstampft, weil sein dort enthaltenes Porträt ihm nun doch nicht mehr gefällt und er die Einwilligung zurückzieht, spricht der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wohl zu euren Gunsten.
Was sollte in einem Hinweis auf Foto- und Videoaufnahmen stehen?
Um die Anforderungen der DSGVO zu erfüllen, sollten zumindest in der ausführlichen Version, die auch verlinkt sein kann, folgende Informationen enthalten sein:
- wo und wann mit Aufnahmen zu rechnen ist (z.B. „auf unserem Sommerfest“)
- wo die Bilder veröffentlicht bzw. wie sie genutzt werden sollen (z.B. „zur Veröffentlichung in einem Bericht auf unserer Website, für unseren Instagram-Feed, in unserem Stiftungs-Newsletter und im Jahresbericht der Stiftung“)
- wie lange die Bilder gespeichert werden (z.B. „Die Aufnahmen werden nach maximal drei Jahren gelöscht.“)
- dass Besucher*innen den Aufnahmen und der Veröffentlichung widersprechen und an wen sie sich dazu wenden können (z.B. „Wenn Sie nicht fotografiert werden wollen, können Sie das direkt unserer Fotografin sagen. Möchten Sie nicht, dass bereits entstandene Aufnahmen von Ihnen veröffentlicht werden, wenden Sie sich bitte an unser für Presse- und Medienarbeit zuständiges Vorstandsmitglied XY.“
- Wer Ansprechpartner*in für datenschutzrechtliche Lösch- und Auskunftsbegehren ist (z.B. „Für Auskunfts- und Löschbegehren zuständig ist unsere Datenschutzbeauftragte ABC.“).
Die Regelung zur “Wahrung der berechtigten Interessen”
Grundsätzlich gestattet die DSGVO die „Verarbeitung von Daten“ auch ohne Einwilligung, wenn …
- ein Gesetz dies vorschreibt,
- es Folge eines Vertrags mit der oder dem Betroffenen ist oder
- es „zur Wahrung der berechtigten Interessen“ notwendig ist.
Gesetze, die Non-Profits die Veröffentlichung von Fotos vorschreiben, dürfte es kaum geben. Die Ausnahme für Verträge greift etwa, wenn Fotomodelle oder Schauspieler*innen eingesetzt werden, oder wenn die Einwilligung in die Aufnahmen Teil der Vereinbarung mit Dozent*innen ist.
Die Frage nach den „berechtigten Interessen“ ist schwerer zu fassen. Das Problem: Hier befindet man sich auf schwankendem Boden, und letztlich läuft es auf eine Abwägung der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall hinaus. Wenn beispielsweise in einer Ausstellung wertvolle Gegenstände zu sehen sind, könnte der Diebstahlschutz ein berechtigtes Interesse sein, das Fotoaufnahmen ohne Einwilligung erlaubt. Aber wie wertvoll müssen die Ausstellungsstücke sein?
Wenn sich eine Non-Profit gern lebendig und aktiv auf Instagram zeigen möchte, ist das hingegen vermutlich kein Interesse, welches den Anspruch der Mitglieder auf Privatsphäre überwiegt. Wie ein*e Richter*in letztendlich entscheidet, ist trotzdem nicht mit Sicherheit zu sagen.
Strafrecht: Vorsicht bei Audio-Aufnahmen
In bestimmten Fällen kann sogar das Strafrecht tangiert werden. Das gilt bei Bildaufnahmen nur in extremen Fällen, die im Non-Profit-Alltag nicht vorkommen sollten. § 201a StGB stellt die „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen“ unter Strafe. Das bezieht sich zum Beispiel auf heimlich in Duschräumen angebrachte Kameras sowie auf Bilder von Unfallopfern oder Betrunkenen. Es geht um Tatbestände, zu denen es kaum nur aus Versehen kommt.
Dagegen kann man sehr wohl aus Ahnungslosigkeit gegen § 201 StGB verstoßen. Diese Regelung verbietet die „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“. Es ist verboten, Tonaufnahmen eines Gesprächs zu veröffentlichen oder zu verbreiten, wenn der oder die Betreffende von einer privaten Unterhaltung ausgehen durfte. Bei Videoaufnahmen vom einer Vereinsveranstaltung sollte also darauf geachtet werden, nicht unbedacht Privatkonversationen mitzuschneiden.
Erst recht darf ein Gespräch nicht heimlich aufgezeichnet und hinterher als Interview veröffentlicht werden. Allerdings ist die Sache nur dann strafbar, wenn die Publikation „geeignet ist, berechtigte Interessen eines anderen zu beeinträchtigen“.
Nicht vergessen: Die Rechtslage gilt auch für externes Material
Datenschutz und Persönlichkeitsrecht schränken die Möglichkeit zur Veröffentlichung und Verbreitung von Bildern nicht nur dann ein, wenn die Aufnahmen von eurer Organisation selbst veranlasst wurden. Die juristischen Vorbehalte gelten auch für Material, das beispielsweise von Seminar- oder Gruppenleiter*innen mitgebracht wird. Schon deshalb solltet ihr klare Anweisungen und Vereinbarungen zur Einhaltung von Datenschutz- und Persönlichkeitsrechten treffen.
Wann droht Schadenersatz?
Bei Verletzung von Persönlichkeitsrechten, von Datenschutzvorschriften und erst recht im Fall von Straftatbeständen drohen eurer Organisation Schadenersatzforderungen. Es geht also um mehr als euren guten Ruf und euer Selbstverständnis – obwohl die im Zweifel unbezahlbar sind.
„Es wird schon okay sein“ genügt nicht
Das Interesse daran, lebendige Foto- oder Videoaufnahmen aus Arbeitsalltag oder zu besonderen Höhepunkten zu teilen, ist absolut nachvollziehbar. Bilder haben schließlich eine besondere Wirkmacht. Es gibt keinen Grund, warum ihr euch das nicht zunutze machen solltet.
Allerdings führt das unüberlegte Anfertigen und ungeprüfte Veröffentlichen solcher Aufnahmen schnell zu handfesten Rechtsverstößen. Das wird im Social-Media-Zeitalter häufig vergessen. Das Einholen der notwendigen Einwilligungen ist nicht nur juristisch geboten. Es ist auch eine Frage des Respekts.