Zwar verfolgen Non-Profit-Organisationen keine wirtschaftlichen Gewinnziele, doch ohne Einnahmen geht es nicht. SKala-CAMPUS-Expertin Svenja Ossenbrüggen erklärt im Interview, warum Finanzierungsstrategien und Intrapreneurship für nachhaltige Wirkung wichtig sind und welche Stolperfallen es gibt.
Non-Profit-Organisationen dürfen keinen Gewinn erwirtschaften – stimmt das?
Svenja Ossenbrüggen: Nein, im Gegenteil. Das Gemeinnützigkeitsrecht geht sogar davon aus, dass Non-Profits Gewinne erwirtschaften. Das ist aus mehreren Gründen notwendig. Erstens müssen Organisationen Gewinne machen, um Rücklagen zu bilden und sich so zu stabilisieren bzw. zu wachsen. Zweitens benötigen sie Eigenmittel, um bestimmte Förderungen, zum Beispiel durch die öffentliche Hand, empfangen zu können.
Warum sollten sich Non-Profits mit einer Finanzierungsstrategie beschäftigen?
Zunächst zum Begriff Strategie, der sehr weit gefasst ist: Eine Strategie ist ein geplantes Maßnahmenbündel einer Unternehmung zur Erreichung langfristiger Ziele. Sie setzt sich aus vielen kleinen Einzelentscheidungen zusammen. Man überlegt sich, was die eigenen Ziele sind, setzt sie vielleicht in Beziehung zueinander, ordnet sie hierarchisch.
Bei der Finanzierungsstrategie spielen die Ressourcen eine große Rolle: Wie setze ich die vorhandenen Mittel ein, um meine Ziele zu erreichen? Welche Ausgaben tätige ich? Minimiere ich meine Ausgaben oder investiere ich? Was tue ich, um mehr Geld zu bekommen? Wie trete ich an die öffentliche Hand, Organisationen, Unternehmen, Spender*innen heran?
All diese Fragen sind für Non-Profits wichtig, um nachhaltig zu wirken und langfristige Ziele zu erreichen.
Welche Finanzierungsquellen gibt es für Non-Profit-Organisationen?
Es gibt eine Vielzahl von Finanzierungsquellen. Einige davon sind für sehr viele Organisationen relevant. Die meisten kleinen Non-Profits finanzieren sich über Mitgliedsbeiträge und Spenden. Für Spenden gibt es verschiedene Möglichkeiten: Sie können zum Beispiel von wohlhabenden Privatpersonen kommen, durch Erbschaften oder über Crowdfunding generiert werden.
Hinzu kommen Zuwendungen von Stiftungen oder der öffentlichen Hand, ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (WGB) oder ein Zweckbetrieb. Und dann gibt es noch viele weitere Möglichkeiten, die nicht für jeden relevant sind, wie zum Beispiel die Verteilung von Bußgeldern.
Jede Organisation muss sich überlegen, was am besten passt, um einen guten Mix an Finanzierungsquellen zu schaffen. Denn das ist ganz wichtig: Man sollte nicht alle Energie in eine einzige Quelle stecken, sondern verschiedene Finanzierungssäulen aufbauen. So ist die Organisation weniger gefährdet, wenn mal eine Säule wackelt.
Welche Fallstricke sollten Non-Profits in puncto Finanzierung kennen?
Im Englischen sagt man: There is no such thing as free lunch. Es gibt nichts umsonst. Das gilt auch fürs Fundraising. Wer Spenden sammelt, muss Spendenbescheinigungen ausstellen. Beim WGB sind viele steuerrechtliche Vorschriften zu beachten. Zuwendungen der öffentlichen Hand sind häufig mit Berichten über die Verwendung der Mittel verbunden. Auch die inhaltlichen Anforderungen an Förderanträge können recht hoch sein.
Dessen sollte man sich bewusst sein, bevor man sich für eine bestimmte Strategie entscheidet. Man kann Finanzierungsformen strategisch miteinander verbinden, um deren Nachteile abzufedern. Ich kann zum Beispiel Spenden einwerben und eine öffentliche Förderung beantragen. Die Eigenmittel, die Voraussetzung für die Förderung sind, kann ich dann aus dem Spendentopf nehmen.
Ein weiterer Fallstrick ist die öffentliche Wahrnehmung von Finanzierungsquellen. Das ist insbesondere bei Unternehmenskooperationen relevant: Bevor eine Klimaschutzorganisation zum Beispiel mit BMW kooperiert, sollte sie sich überlegen, wie das nach außen wirkt.
Was sind typische Beispiele für kostenpflichtige Angebote von Non-Profits?
Die entgeltlichen Angebote sind so vielfältig wie die Organisationen und ihre Ziele. Der Verkauf von Kuchen oder Würstchen bei Vereinsfesten ist weit verbreitet, ein anderes Beispiel ist ein von den Eltern bezahltes Ferienlager für Kinder und Jugendliche. Oder ein Gartenbauverein bietet Hilfe beim Bau einer Kräuterschnecke im eigenen Garten an. Große Umweltverbände verkaufen Merchandising-Artikel wie T-Shirts und Kapuzenpullis.
Wenn ihr nebenher ein bisschen was erwirtschaften wollt, eignen sich zum Beispiel Merchandising, die klassischen Kuchenaktionen oder Tombolas. Wollt ihr aber einen neuen Geschäftszweig aufbauen, dann fragt euch selbst: Was können wir als Organisation besonders gut und wer könnte sich dafür interessieren? Wichtig ist, zwischen Einnahmen zu unterscheiden, die dem Vereinszweck dienen und solchen, die nicht explizit dem Vereinszweck dienen, denn je nach Fall gelten unterschiedliche steuerliche Regelungen.
Wie stellt man sich als Non-Profit hinsichtlich der Finanzierungsstrategie professionell auf?
Es ist sinnvoll, eine Person mit Business-Erfahrung einzubeziehen. Ist dies nicht der Fall, sollten sich Non-Profits extern schulen lassen, um sich strategisch gut aufzustellen.
Dann braucht es Zeit und Geld für die Umsetzung. Ich kann eine*n Fördermittelmanager*in einstellen oder Mitarbeitende einen Tag in der Woche freistellen, um sich ausschließlich um Fördermittel zu kümmern. Anders geht es nicht. Entweder man stagniert auf dem Status quo oder man beißt in den sauren Apfel und macht diese Ressourcen frei. Sonst wird sich an der finanziellen Situation der Organisation nichts ändern.
Als Projektleiterin betreue ich unter anderem eine Weiterbildung zum Thema Stiftungsförderung und werde immer wieder gefragt, ob es nicht eine Möglichkeit gibt, die Suche nach geeigneten Stiftungen abzukürzen. Meine Antwort lautet: Nein, es ist einfach so, dass man Zeit investieren muss. Und bei einer einmaligen Bemühung bleibt es nicht. Es ist wichtig, dass sich jemand dauerhaft mit dem Thema beschäftigt.
Geld braucht man auch, um sich rechtlich und steuerlich beraten zu lassen, vor allem, wenn man einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb hat.
Wie kann ich unternehmerisches Denken in meiner Non-Profit-Organisation fördern?
Im For-Profit-Bereich gibt es den Begriff Intrapreneurship. Viele große Unternehmen fördern den Unternehmergeist ihrer Mitarbeiter*innen, um neue Produkte, Angebote oder Geschäftsmodelle zu entwickeln. Vieles davon lässt sich auf den Non-Profit-Bereich übertragen – zum Beispiel, dass auf ein gutes Arbeitsklima und eine gesunde Fehlerkultur geachtet wird. Die Mitarbeitenden dürfen keine Angst haben, mit einer Idee zu scheitern, sonst verlieren sie den Mut, etwas Neues auszuprobieren.
Generell sollten neue Ideen und deren eigenverantwortliche Umsetzung durch die Mitarbeitenden gefördert werden. Dafür kann man auch Zeit zur Verfügung stellen, zum Beispiel einen halben Arbeitstag pro Woche, um neuen Ideen Raum zu geben. Ist eine vielversprechende neue Idee entstanden, sollten Mittel vorhanden sein, um diese auszuprobieren und umzusetzen.