In bestimmten Fällen können sich mehrere gemeinnützige Organisationen zu einer Kostenteilungsgemeinschaft zusammenschließen und Umsatzsteuer sparen. Ein solcher Zusammenschluss kann den Mitgliedern gemeinsam benötigte Dienste wie medizinische Labore oder spezielle IT-Services umsatzsteuerfrei zur Verfügung stellen. Allerdings kommt es dabei sehr auf die Details an.
Kooperieren hilft, Kosten zu sparen. Das gilt auch und besonders, wenn Non-Profits sich zu einer Kostenteilungsgemeinschaft zusammenschließen. Damit können sie sich umsatzsteuerfreie Dienstleistungen für bestimmte Formen gemeinnütziger Tätigkeiten organisieren.
Die entsprechende Vorschrift im Umsatzsteuergesetz zielt nicht nur auf gemeinnützige Organisationen. Sie bietet jedoch gerade Non-Profits gute Möglichkeiten, wenn sie auf bestimmten Gebieten wie dem medizinischen Bereich, dem Pflege-Bereich oder in der Kultur aktiv sind.
Am besten zeigt ein Beispiel, worum es bei einer Kostenteilungsgemeinschaft geht.
Beispiel: Kostenteilungsgemeinschaft von Non-Profits für medizinische Dienstleistungen
Angenommen, mehrere eingetragene Vereine, eine gGmbH und eine gemeinnützige Stiftung bieten medizinische Versorgungs- und Beratungsleistungen außerhalb des etablierten Gesundheitssystems an. Die Leistungen können sich zum Beispiel an Menschen ohne Aufenthaltstitel, Suchtkranke, Wohnsitzlose und andere Menschen ohne Krankenversicherung oder Zugang zu regulärer medizinischer Versorgung richten.
Für ihre Arbeit benötigen die Non-Profits bestimmte medizinische Geräte. Diese einzeln einzukaufen oder zu leasen, ist für sie zu teuer. Zudem wären die Geräte im Einzelbesitz mangelhaft ausgelastet. Als Ausweg können sich die beteiligten Organisationen zu einer Apparategemeinschaft zusammenschließen. Der Zusammenschluss schafft das benötigte Gerät an oder least es, um es den einzelnen Mitgliedern der Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen.
Im Regelfall und ohne besondere Steuerbefreiung wäre die Überlassung des Geräts umsatzsteuerpflichtig. Die Zweckbetriebe der Non-Profits müssten für jede Überlassung Umsatzsteuer bezahlen. Das wäre teuer, denn sie können sich die bezahlte Umsatzsteuer nicht vom Finanzamt erstatten lassen. Medizinische Leistungen sind umsatzsteuerbefreit. Damit ist dann allerdings auch der Vorsteuerabzug auf Ausgaben ausgeschlossen, die im Zusammenhang mit der Bereitstellung dieser Leistungen anfallen. Deshalb wäre die Apparategemeinschaft ohne Umsatzsteuerbefreiungen für ihre Mitglieder unwirtschaftlich.
Um das zu verhindern, ermöglicht das Gesetz für bestimmte, „dem Gemeinwohl dienende“ Tätigkeiten umsatzsteuerbegünstigte Kostenteilungsgemeinschaften. Diese Gemeinschaften oder Zusammenschlüsse können Dienstleistungen an ihre Mitglieder erbringen, auf die keine Umsatzsteuer anfällt. Die Überlassung eines Geräts ist eine solche Dienstleistung. Die Non-Profits in unserem Beispiel können dank ihrer steuerbegünstigen Apparategemeinschaft das vom Zusammenschluss beschaffte Gerät nutzen, ohne jedes Mal Umsatzsteuer zu entrichten.
Umsatzsteuerbefreite Kostenteilungsgemeinschaften können Non-Profits aus vielen Bereichen nutzen
Die Umsatzsteuerfreiheit solcher Kostenteilungsgemeinschaften gilt nicht speziell für gemeinnützige Organisationen, sondern generell. Sie können beispielsweise auch von regulären Arztpraxen genutzt werden. Die Steuerbefreiungen eignen sich aber auch und gerade für gemeinnützige Organisationen, wenn diese in bestimmten Feldern tätig sind und ihrerseits umsatzsteuerbefreite Leistungen erbringen. Neben dem medizinischen Bereich betrifft das unter anderem die Pflege, den Kulturbereich, private Schulen, die Jugendfürsorge und Wohlfahrtseinrichtungen. Überall dort können Non-Profits die Umsatzsteuerbefreiung für Kostenteilungsgemeinschaften nutzen.
Gesetzesgrundlage: § 4 Nr. 29 Umsatzsteuergesetz
Die entsprechende Regelung beruht auf der europäischen Mehrwertsteuersystemrichtlinie. In ihrer jetzigen Form steht sie seit 2020 im Umsatzsteuergesetz (§ 4 Nr. 29 UStG). Die Formulierung ist ein schönes Beispiel deutscher Steuerrechtsprosa. Von der Umsatzsteuer befreit sind:
Mittlerweile hat die Finanzverwaltung etwas klarer gemacht, welche Anforderungen sie an umsatzsteuerbefreite Kostenteilungsgemeinschaften stellt.
Anforderungen an die Mitglieder einer Kostenteilungsgemeinschaft
- Das Gesetz spricht von Kostenteilungsgemeinschaften als „Zusammenschlüssen von Personen“. Dabei kann es sich neben natürlichen auch um juristische Personen handeln, etwa eine GmbH, eine gGmbH, einen e.V. oder eine rechtsfähige Stiftung. Personenvereinigungen können ebenfalls Mitglieder einer Kostenteilungsgemeinschaft sein.
- Ob sie als Mitglieder, Gesellschafter*innen, Anteilseigner*innen oder Träger*innen bezeichnet werden, ist gleichgültig.
- Sie müssen ihren Sitz in Deutschland haben.
- Erste Möglichkeit: Die Mitglieder können eine „dem Gemeinwohl dienende nichtunternehmerische Tätigkeit ausüben“. Damit sind nicht gemeinnützige Aktivitäten gemeint, sondern beispielsweise nicht unternehmerische Tätigkeiten öffentlich-rechtlicher Einrichtungen oder die Verkündungsarbeit von Kirchen. Beide sind in diesen Rollen keine umsatzsteuerlichen „Unternehmer*innen“ und können ebenfalls Kostenteilungsgemeinschaften gründen.
Leistungen gemeinnütziger Organisationen, die ohne Leistungsaustausch und rein im ideellen Bereich erbracht werden, können ebenfalls unter diese Definition fallen. Dann darf es jedoch keine finanzielle Gegenleistung wie etwa Teilnahmegebühren geben. Auch an konkrete Leistungen oder Angebote geknüpfte („unechte“) Zuschüsse sorgen für einen Leistungsaustausch und machen eine Non-Profit zur Unternehmerin im Sinne des Umsatzsteuerrechts. - Zweite Möglichkeit: die Mitglieder erbringen Tätigkeiten aus einem im Gesetz genau definierten Spektrum umsatzsteuerbefreiter Aktivitäten. Diese Tätigkeiten müssen ebenfalls „dem Gemeinwohl dienen“. Solche Mitglieder können beispielsweise die Zweckbetriebe gemeinnütziger Organisationen sein. Voraussetzung: ihre eigenen Leistungen fallen in den Katalog an umsatzsteuerfreien Leistungen, die § 4 Nr. 29 UStG aufzählt.
Welche umsatzsteuerfreien Tätigkeiten machen eine steuerbegünstige Kostenteilungsgemeinschaft möglich?
Die Tätigkeiten, die gemäß § 4 Nr. 29 UStG zu umsatzsteuerfreien Dienstleistungen durch eine Kostenteilungsgemeinschaft berechtigen, ergeben sich aus den Nummern 11b, 14 bis 18, 20 bis 25 sowie 27 von § 4 Umsatzsteuergesetz. Manches davon ist für gemeinnützige Non-Profits ohne Interesse, etwa umsatzsteuerbefreite Postdienste oder Sozialversicherungsleistungen. Anders ist das für folgende Tätigkeitsgebiete:
- ärztliche und andere Heilbehandlungen, Krankenhausbehandlungen, Geburtshilfeleistungen, Reha-Behandlungen, Hospizdienste und Rettungsdienste – dabei müssen die Einrichtungen verschiedene Voraussetzungen erfüllen (§ 4 Nr. 14 UStG)
- Leistungen zur Betreuung und Pflege von körperlich, kognitiv oder psychisch hilfsbedürftigen Personen – auch hier gelten bestimmte Voraussetzungen (§ 4 Nr. 16 UStG)
- Krankentransportdienste (§ 4 Nr. 17 UStG)
- Leistungen, die „eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit“ verbunden sind – gemeint sind Wohlfahrtseinrichtungen wie Obdachlosenunterkünfte, Schuldnerberatungsstellen, Drogenberatungen und ähnliches mehr (§ 4 Nr. 18 UStG, Details liefert der UStAE 4.18.1)
- Theater, Orchester, Chöre, Museen, Büchereien, Denkmäler und bestimmte andere kulturelle Einrichtungen mit Bescheinigung der Landesbehörde (§ 4 Nr. 20 a UStG)
- Leistungen von Privatschulen – dazu können beispielsweise auch Computer- und Heilpraktikerschulen gehören (§ 4 Nr. 21 UStG)
- Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen „wissenschaftlicher oder belehrender Art“, die von gemeinnützigen oder öffentlich-rechtlichen Non-Profits angeboten werden – dabei dürfen die Einnahmen nur auf Kostendeckung ausgerichtet sein (§ 4 Nr. 22 a UStG)
- kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von gemeinnützigen oder öffentlich-rechtlichen Non-Profits durchgeführt werden und deren Einnahmen nur zur Kostendeckung dienen (§ 4 Nr. 22 b UStG)
- Erziehungs-, Betreuungs-, Verpflegungs- und Unterbringungsleistungen für Kinder und Jugendliche durch Organisationen, die nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet sind oder durch öffentlichen Einrichtungen bezahlt werden – dazu gehört beispielsweise die Essensausgabe an Schulen (§ 4 Nr. 23 UStG)
- Leistungen der Jugendhilfe durch anerkannte oder durch öffentlichen Träger bezahlte Einrichtungen – darunter fallen auch Einrichtungen zur Kindertagespflege (§ 4 Nr. 25 UStG)
Wenn eine Non-Profit in einem der aufgezählten Bereiche Leistungen erbringt, sind diese umsatzsteuerfrei, und die Non-Profit kann als Mitglied einer Kostenteilungsgemeinschaft umsatzsteuerfreie Dienstleistungen erhalten. Die Frage, ob die gemeinnützige Organisation in eine dieser Befreiungen fällt, ist jedoch alles andere als trivial. In manchen Fällen kann der Umsatzsteueranwendungserlass für Klarheit sorgen. Normalerweise benötigt man zur Klärung eine*n Steuerberater*in.
Wichtig: Nur Leistungen der Kostengemeinschaft „für unmittelbare Zwecke“ sind umsatzsteuerfrei
Eine weitere, wichtige Einschränkung steckt in der Formulierung „Leistungen für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeiten“. Dienstleistungen des Zusammenschlusses, die den jeweiligen Zwecken nur indirekt dienen, sind nicht umsatzsteuerfrei!
Unter „Leistungen für unmittelbare Zwecke“ fallen beispielsweise Laborbefunde für medizinische Einrichtungen oder das Bereitstellen spezieller IT-Hardware und -Software für Pflegetätigkeiten oder Konzertaufführungen. Nur mittelbar oder allgemein zweckdienliche Leistungen sind nicht umsatzsteuerbefreit. Administrative Dienstleistungen eines Zusammenschlusses wie Buchhaltung, Fahrdienste, allgemeine IT-Administration sowie das Bereitstellen von Räumen oder Personal sind umsatzsteuerpflichtig.
Besonders trennscharf erscheint diese Unterscheidung nicht. Deshalb lauert an diesem Punkt Konfliktpotenzial mit den Finanzämtern. Daran ändert auch das oben erwähnte Schreiben der Finanzverwaltung nichts.
Anmerkung: Die Beschaffung oder Lagerung von Waren über eine Kostengemeinschaft fällt nie unter die Umsatzsteuerbefreiung. Diese ist auf Dienstleistungen begrenzt.
Welche Form muss der Zusammenschluss haben?
Die Mitglieder haben weitgehend freie Hand darin, wie sie den „Zusammenschluss“ zur Kostenteilung gestalten. Allerdings muss er wirtschaftlich selbstständig sein: ein „Aufwandspool“ ohne Rechtspersönlichkeit, der nur in der Buchführung der Beteiligten auftaucht, genügt nicht.
Als Rechtsform für die Eigentumsgemeinschaft erlaubt die Finanzverwaltung beispielsweise einen Verein, eine GbR, eine GmbH oder eine Genossenschaft. Auch Eigentümergemeinschaften, Bruchteilsgemeinschaften (zur Verwaltung gemeinsamen Eigentums) sowie Zweck- und Berufsverbände kommen in Frage. Ausgeschlossen als Rechtsform sind Stiftungen sowie eine GmbH mit nur einem Gesellschafter, da der Zusammenschluss mindestens zwei Mitglieder haben muss.
Übrigens darf der Zusammenschluss sowohl gemeinnützige als auch andere Mitglieder umfassen, solange sie den Vorgaben entsprechen. Zur Kostengemeinschaft kann ein gemeinnütziger Verein zur medizinischen Versorgung von Menschen ohne Krankenversicherung ebenso gehören wie normale Arztpraxen.
Kostenteilung ohne Gewinnorientierung oder Zuschläge
Damit die Leistungen der Kostengemeinschaft an die Mitglieder umsatzsteuerfrei sind, darf deren Bezahlung nur die reinen Kosten decken. Gewinnorientierte Zusammenschlüsse sind nicht umsatzsteuerbegünstigt.
Das schließt pauschale Zuschläge und ähnliches aus. Die Umlage der Kosten kann nach Nutzungsintensität erfolgen, oder pro Mitglied zu gleichen Teilen. Ein gravierendes Missverhältnis zwischen Kostenanteil und der Inanspruchnahme der Dienste darf sich allerdings nicht ergeben.
Voraussetzung: keine Wettbewerbsverzerrung
Eine weitere Voraussetzung: die Umsatzsteuerfreiheit der Kostenteilungsgemeinschaft darf nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Das ist beispielsweise dann sichergestellt, wenn die Mitglieder den Zusammenschluss selbst ohne die Steuerbegünstigung nutzen würden.
Eher gegen die Steuerbefreiung spricht, wenn der Zusammenschluss seine Leistung vor allem an Nichtmitglieder erbringt, die Dienstleistung allgemeiner Natur und nicht speziell auf die Mitglieder zugeschnitten ist oder wenn die Gründung rein durch die Umsatzsteuer-Ersparnis motiviert scheint.
Dabei ist es durchaus erlaubt, dass der Zusammenschluss seine Leistung auch Nicht-Mitgliedern anbietet, solange in diesem Fall Umsatzsteuer berechnet wird. Umgekehrt müssen die Mitglieder keineswegs auf umsatzsteuerfreie Leistungen aus dem oben erwähnten Katalog beschränkt sein. Nutzen sie den Zusammenschluss auch für andere Aktivitäten, fällt jedoch ebenfalls Umsatzsteuer an.
Kostenteilungsgemeinschaft – eine beratungsintensive Chance zur Kosteneinsparung
Non-Profits in bestimmten Bereichen können durch die Kooperation in Form von Kostenteilungsgemeinschaften viel Geld sparen. Die Umsatzsteuerfreiheit der Dienstleistungen des Zusammenschlusses trägt viel dazu bei. Allerdings ist die steuerrechtliche Beurteilung komplex. Ohne den Rat von Steuerexpert*innen sollte man so ein Projekt nicht in Angriff nehmen.