Der Kundennutzen ist auch für Angebote von Non-Profits ganz entscheidend. Denn je deutlicher die Zielgruppe erkennt, wie sie von eurem Angebot profitiert, umso eher überzeugt ihr sie auch.
Kundennutzen – braucht man das als kleine Initiative?
Egal ob eine Organisation sich für Menschenrechte,
Entwicklungshilfe, Umweltschutz oder politische Teilhabe engagiert: Anders als
gewinnorientierte Unternehmen haben gemeinnützige Initiativen in der Regel sehr
begrenzte personelle und finanzielle Mittel zur Verfügung, um ihr Vorhaben
voranzutreiben. Im Grunde verfolgen aber beide dasselbe Ziel: Das Projekt soll
sich gut verkaufen und die Menschen bewegen – im einen Fall zum Kauf eines
Produkts, im anderen Fall zum Spenden oder zur ehrenamtlichen Mitarbeit. Denn
je mehr Menschen sich für das Projekt engagieren – durch Spenden,
Mitgliedsbeiträge oder aktive Mitarbeit – , desto erfolgreicher kann es umgesetzt
werden. Non-Profits konkurrieren dabei mit rund 600.000 Vereinen
und über 23.000 Stiftungen in Deutschland.
Genau deshalb solltet ihr unbedingt dafür
sorgen, dass euer Angebot nicht beliebig wirkt.
Kundennutzen: Nur Blabla? Bitte nicht!
Falls ihr jetzt denkt: “Kundenutzen, nie gehört, wir
sind doch eine Non-Profit-Initiative und haben gar keine Kunden …?!”, dann seid ihr nicht allein.
Mit dem Kundennutzen ist nicht etwa Marketing-Blabla wie “Wir
stellen den Kunden in den Mittelpunkt” gemeint. Solche Floskeln haben keinen
Informationsgehalt und entlocken potenziellen Unterstützer*innen höchstens ein
müdes Stirnrunzeln.
Wer als Non-Profit seinen Nutzen für Kunden herausarbeiten will, sollte sich von Floskeln und Werbehülsen erkennbar abgrenzen. Die Mühe lohnt sich: Letztlich führt die Herausarbeitung
des Kundennutzens nämlich dazu, die eigene Tätigkeit zu professionalisieren. Denn wer sich über den Nutzen der eigenen Arbeit klar ist, kann sich deutlicher
positionieren, authentischer auftreten, überzeugender werben und offensiver auf
Unterstützer*innen zugehen.
Um die Sache zu veranschaulichen, kommen hier drei
Beispiele aus der Non-Profit-Welt:
- Haus Aichele: Kinderheim für psychisch kranke Kinder und Jugendliche. Kundennutzen: Therapeutische Hilfe für junge Menschen, die im Haus wohnen und lernen, sowie deren Familien.
- Selbsthilfe Demenz der Deutschen Alzheimer Gesellschaft: Sie unterstützt und berät Menschen mit Demenz und ihre Familien. Kundennutzen: Informationen und Entlastungsangebote für pflegende Angehörige.
- Brückenschlag Sachsen – Tanzania: Verein für Bildungsförderung in Tansania. Kundennutzen: Ausbildung und die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben für Kinder und Jugendliche in Tansania.
Systematisch vorgehen: In 3 Schritten zum transparenten Kundennutzen
Ganz wichtig ist ein Perspektivwechsel: Es
geht nicht darum, was ihr ganz toll macht, sondern was eure “Kund*innen” – eure Zielgruppen – davon
haben. Zu ihnen wollt ihr schließlich eine starke Bindung aufbauen.
Mit der folgenden kurzen Anleitung könnt ihr schnell und einfach den Nutzen eures Angebots herausarbeiten. (Wie ihr euer Alleinstellungsmerkmal definiert, könnt ihr hier nachlesen.)
1. Schritt: Das Ziel
Welches Ziel verfolgt ihr mit eurem Engagement, und
was ist nötig, um es zu erreichen?
Vielleicht möchtet ihr Alleinerziehende
finanziell unterstützen, Obdachlosen jeden Tag eine warme Mahlzeit anbieten,
Flüchtlinge beim Spracherwerb unterstützen oder eine landwirtschaftliche
Kooperative in Afrika auf die Beine stellen. Müsst ihr dafür eine Mindestzahl
an Unterschriften sammeln, einen Minimalbetrag an Spenden einwerben,
Freiwillige zur Mitarbeit gewinnen, die Öffentlichkeit sensibilisieren oder
behördliche Unterstützung gewinnen?
Die Antworten auf diese Fragen können,
abhängig vom jeweiligen Projekt, sehr vielschichtig sein. Um sinnvolle Ziele
festzulegen, hat sich die sogenannte SMART-Methode als hilfreich erwiesen: Ein
Ziel soll spezifisch, messbar, akzeptiert, realistisch
und terminierbar sein. (Wie ihr Wirkungsziele ermittelt, haben wir hier aufgeschrieben: “Was ist eigentlich soziale Wirkung und wie misst man sie?”)
2. Schritt: Die Menschen
Soziale Initiativen haben ganz unterschiedliche
Zielgruppen. Im Mittelpunkt stehen natürlich immer die Menschen, für die ihr euch einsetzt – beispielsweise Alleinerziehende, Obdachlose, Kinder
oder Flüchtlinge.
Da gemeinnützige Arbeit aber meist in ein komplexes
Beziehungsgeflecht eingebunden ist, gehören zur Zielgruppe eures Vereins
vielleicht auch Behörden, private Einrichtungen, Interessengruppen,
Geldgeber*innen, Kooperationspartner*innen, Anwohner*innen und Multiplikator*innen.
Ein Beispiel: Mit eurer Vereinsgründung möchtet ihr alleinerziehende Mütter durch
Finanzberatung und Informationen zu lebenspraktischen Themen unterstützen. Eure Zielgruppe sind nicht nur die Mütter – sondern auch andere gemeinnützige Initiativen für Alleinerziehende, mit denen
ihr euch vernetzen könnten. Außerdem Fachleute
oder berufliche Fachgruppen, die ihr für Workshops oder themenbezogene Informationsabende einladen möchtet. Eine
weitere Zielgruppe könnten ortsansässige Unternehmen
sein, die als Sponsoren in Frage kommen. Außerdem benötigt ihr wahrscheinlich personelle Unterstützung. Menschen,
die sich in eurem Verein ehrenamtlich engagieren, gehören daher ebenfalls zu eurer Zielgruppe. Überlegt euch, wen ihr einbeziehen müsst, um das Projekt erfolgreich umzusetzen.
3. Schritt: Die Botschaft
Die Menschen, die ihr als Zielgruppen in den Blick
genommen habt, wollen in den meisten Fällen unterschiedlich angesprochen
werden. Während ihr Behörden eher über Netzwerkarbeit erreicht, ist für
potenzielle Spender*innen wahrscheinlich die Kommunikation über
Social-Media-Kanäle zielführender.
Setzt euch im Team zusammen, um
Botschaften für die einzelnen Zielgruppen zu erarbeiten: Welche Informationen
brauchen sie, um auf eure Arbeit aufmerksam zu werden, euer Angebot zu nutzen
oder den Verein zu unterstützen? Überlegt gemeinsam, welchen Nutzen die Zielgruppen von euch erwarten.
Es geht darum, auf die Bedürfnisse der verschiedenen
Zielgruppen einzugehen und Kernthemen für sie zu identifizieren. Auf dieser
Grundlage bereitet ihr Informationen zu Werten, Zielen und Auswirkungen
eurer Vereinsarbeit glaubwürdig auf.
Am Beispiel der Initiative für
Alleinerziehende, deren unterschiedliche Zielgruppen wir bereits kennen, könnte
dies etwa so aussehen:
- Alleinerziehende: Euer Verein bietet
niedrigschwellige, praktische Informationen und Veranstaltungen zu
Finanzierung, Altersvorsorge, Versicherung, Arbeitsrecht und
Unternehmensgründung. Zu diesen Themen gibt es regelmäßige Veranstaltungformate
vom Vortrag bis zum Wochenend-Workshop. Um die Teilnahme zu erleichtern,
organisiert ihr außerdem während der Veranstaltungen eine flexible
Kinderbetreuung.
Der Kundennutzen könnte also sinngemäß lauten: “Bei uns bekommst du fachlich einwandfreie Informationen zu Finanzfragen, ohne dass du dir Sorgen um die Kinderbetreuung machen musst.” - Fachleute: Sprecht gezielt
qualifizierte Fachleute an, die ihr gegen Bezahlung als Vortragende gewinnen
möchtet. Schlagt außerdem Kooperationsmöglichkeiten vor: Zum Beispiel
könnte eine Steuerberaterin, die Vorträge bei euch hält, ihre
Beratungsleistung zu einem vergünstigten Stundensatz für diejenigen Frauen
bieten, die sich individuelle Unterstützung bei ihr
holen.
Sinngemäß könnte der Kundennutzen lauten: “Akquiriere Kundinnen – und tue Gutes, indem du dein Know-how teilst.” - Spender*innen: Werbt um Unterstützung für konkrete Projekte, mit denen potenzielle
Spender sich identifizieren können. Schafft durch eine authentische
Geschichte eine starke Identifikation, sodass sogar eine langfristige Bindung
an den Verein möglich ist, zum Beispiel über regelmäßige monatliche
Förderbeiträge oder Patenschaften.
In Kundennutzen ausgedrückt: “Wenn du uns unterstützt, verzehnfachst du unsere Hilfe für Alleinerziehende!” - Andere Non-Profits: Kontaktiert andere Initiativen, die sich in eurem Handlungsfeld bewegen, und schlagt diesen Kooperationen vor, mit denen sowohl
sie selbst als auch ihr eure Angebote für alleinerziehende Mütter
sinnvoll ergänzen könnt.
Denkbarer Kundennutzen: “Wir machen da weiter, wo euer Angebot endet.” Oder: “Lasst uns gemeinsam Synergien heben und auf diese Weise unsere Wirkung vervielfachen!” - Unternehmen: Informiert (ortsansässige) Unternehmen, die
aufgrund ihrer Unternehmenswerte zu eurer Arbeit passen könnten, wie diese sich
mit euch gemeinsam für alleinerziehende Mütter einsetzen und dieses Engagement für ihre
eigene Profilierung und Außendarstellung nutzen können.
Der Kundennutzen könnte lauten: “Wir bieten euch einen direkten Draht zur Zielgruppe!” - Ehrenamtliche: Geht gezielt auf Menschen zu,
die in ihrer Freizeit etwas Sinnvolles tun wollen, zum Beispiel über Ehrenamtsbörsen oder Soziale Netzwerke.
Überlegt, was ihr zu bieten habt, um Ehrenamtliche für
eine einmalige oder regelmäßige Unterstützung zu gewinnen. Viele
Menschen sind bereit, sich zu engagieren, wenn die Aufgabe zu ihnen passt und
ihnen Spaß macht.
Kundennutzen: “Suchen: Helfende Hände. Bieten: sinnstiftende Arbeit für dankbare Mütter.”
Warum man in den Kundennutzen Zeit stecken sollte
Beim Kundennutzen geht darum, unterschiedliche Zielgruppen von der
eigenen gemeinnützigen Arbeit zu überzeugen.
Wer sich diese Mühe macht,
erreicht mindestens passive Anteilnahme und schafft es im besten Fall sogar,
aktive Unterstützung zu mobilisieren – finanzielle und personelle. Diese neue
Eindeutigkeit wirkt nach innen und außen.
- Wirkung nach innen: Die interne Kommunikation im Team funktioniert besser,
wenn alle wissen, wofür sie arbeiten. Auch manche Fragen sind dann einfacher zu
beantworten, zum Beispiel: Präsentieren wir uns auf dem Stadtteilfest mit einem
eigenen Stand? Starten wir ein Projekt für Drogenabhängige? Schlagen wir der
Organisation XY eine Kooperation vor?
Der Kundennutzen kann allen Beteiligten als eine Art Leitstern dienen, der insbesondere bei strategischen Überlegungen zur Vereinsarbeit eine gute Orientierung und Diskussionsgrundlage bildet, um das eigene Handlungsfeld zu gestalten. Außerdem fällt es mit einem fest umrissenen Kundennutzen leichter, Ziel und Wirkung von abgeschlossenen und künftigen Projekten zu erfassen. - Wirkung nach außen: Unterstützung zu mobilisieren ist einfacher, wenn man
deutlich kommunizieren kann, wofür man steht.
Nicht nur die Auswahl künftiger Projekte oder Kooperationspartner gewinnt dadurch an Klarheit und Struktur, sondern auch die Fördermittelakquise: Wer weiß, was er tut, kann gezielt auf Förder*innen zugehen oder verschiedene Wege beschreiten, um die notwendigen Mittel zu beschaffen. Das reicht von der direkten Ansprache von Privatpersonen oder örtlichen Behörden bis zum Schreiben professioneller Projektanträge, um bei Stiftungen Gelder einzuwerben.
Wischi-waschi-Botschaften, weil nicht einmal die Initiatoren genau wissen (wollen), worum es geht, gibt es dann nicht mehr. Stattdessen lassen sich auf Basis des Kundennutzens sinnvolle Werbemaßnahmen ausarbeiten und das ohnehin meist knappe Marketingbudget effizient nutzen. Neue Teammitglieder oder Ehrenamtliche zu gewinnen, fällt ebenfalls leichter: Fast niemand möchte sich für irgendetwas engagieren. Aber viele würden mitmachen, wenn sie wüssten: Wir sorgen dafür, dass benachteiligte Kinder jeden Tag eine vollwertige Mahlzeit bekommen.
Fazit: Eindeutige Positionierung erhöht Erfolgschancen
Den Kundennutzen des eigenen Angebots herauszuarbeiten
bedeutet, klar vertreten zu können, wofür man steht, und dabei die Bedürfnisse
unterschiedlicher Zielgruppen zu berücksichtigen.
Das wirkt sich auf mehreren
Ebenen aus:
- das eigene Handlungsfeld
- die Organisationsentwicklung
- die interne Kommunikation
- Werbung und Öffentlichkeitsarbeit
- Gewinnung von Mitarbeitenden und Ehrenamtlichen
- Fundraising und Fördermittelakquise
Wer sich mit einem scharf abgegrenzten Profil von anderen Initiativen abhebt, profitiert im Wettbewerb um Unterstützung – denn um engagierte Köpfe und knappe Mittel konkurrieren nicht nur gewinnorientierte Unternehmen, sondern auch Non-Profit-Organisationen. Das Ziel ist, da wie dort, eine Nasenlänge Vorsprung zu haben.
Dieser Beitrag wurde ermöglicht mit Mitteln der Deutschen Postcode Lotterie. Danke!
Autorin: Ann Yacobi